Tomke hatte Losglück. Trotzdem ging sie schlussendlich leer aus. Derweil bekamen vier Jungen einen Platz angeboten – obwohl die Schule voll ist.
Fehler mit bizarren FolgenMädchen muss Schulplatz in Köln zurückgeben, weil es doch kein Junge ist
Das Anmeldeverfahren an den Kölner weiterführenden Schulen treibt bisweilen bizarre Blüten: Das zeigt der Fall von Tomke. Die Neunjährige wurde für das neue Schuljahr am Schiller-Gymnasium in Sülz angemeldet. Das sehr beliebte Gymnasium hat regelmäßig mehr Anmeldungen als Plätze. Auch in diesem Jahr gehörte die Schule zu den beiden Spitzenreitern bei den Ablehnungen: Auf die 120 Plätze hatten sich 177 Kinder angemeldet. 57 Familien erhielten also eine Absage.
Tomke hatte Glück – dachte sie zumindest. Als die Zusage für das Mädchen in der Post lag, freute sich die Familie riesig. Natürlich nahm man den Platz an. Da in der schriftlichen Zusage allerdings von einem Sohn die Rede war, meldeten sie dann noch der Ordnung halber zurück, dass es sich bei Tomke um ein Mädchen handele. Der friesische Vorname Tomke kann nämlich gleichermaßen für Mädchen wie für Jungen vergeben werden.
Tomke landete irrtümlich im Lostopf der Jungen und hat das Nachsehen
Damit nahm allerdings das Unheil seinen Lauf: Der Schule sei bei der Anmeldung ein bedauerlicher Fehler unterlaufen, da der Name als männlich abgespeichert wurde. Damit sei Tomke irrtümlich im Lostopf der Jungen gelandet, gibt Schulleiter Georg Scheferhoff offen zu. Die Bezirksregierung wies die Schule an, das Mädchen aus dem Verfahren rauszunehmen. Der Familie wurde also mitgeteilt, dass dem Mädchen der Platz bedauerlicherweise wieder entzogen werden müsse.
Zu groß war wohl die Sorge vor rechtlicher Anfechtbarkeit des Verfahrens angesichts einer stetig wachsenden Zahl von Widersprüchen und Klagen. Denn: Die Schule hatte sich als Aufnahmekriterien neben „Geschwisterkind“ und „Losverfahren“ auch „ein ausgewogenes Verhältnis von Mädchen und Jungen“ gegeben. Statt je 60 Jungen und 60 Mädchen wären aber mit Tomke nun versehentlich 59 Jungen und 61 Mädchen aufgenommen worden.
Nachträgliche Platzangebote für vier Jungen
Aber damit nicht genug: Während Tomke leer ausging, wurde gleichzeitig allen Jungen, die keinen Platz bekommen hatten und die fristgerecht Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt hatten, doch noch ein Platz angeboten. Die Begründung der Bezirksregierung: Durch die falsche Zuordnung von Tomke hätten diese Jungen geminderte Chancen im Losverfahren gehabt. So bekamen vier Jungen noch nachträglich ein Platzangebot – zu schwer wog auch hier das Risiko einer erfolgreichen Klage. Alle überzähligen Jungen, die keinen Widerspruch gegen die Absage eingelegt hatten, gingen dagegen leer aus.
Im Ergebnis führt dies nun dazu, dass das Verfahren nun zwar rechtssicher ist. Der Versuch, geschlechtergleich Plätze zu verteilen, hat im Ergebnis aber genau zum Gegenteil geführt: nämlich zu einem Jungenüberhang. Und das Mädchen Tomke ging leer aus, obwohl sie für den Fehler nicht verantwortlich war.
„Der Fall zeigt wie in einer Nussschale den ganzen Irrsinn des Verfahrens“, kommentiert Olaf Wittrock, Sprecher der Elterninitiative „Die Abgelehnten“. Er wolle beim Land darauf drängen, die Geschlechterauswahl aus der Ausbildungsordnung des Landes NRW zu streichen.
Schulleiter Scheferhoff betont, wie sehr den Schulen die Hände gebunden seien. Angesichts der Widersprüche und von den Eltern eingeschalteter Anwälte, die alle Verfahren akribisch auf Fehler abklopfen, könne eben kein Schulleiter mehr Fünfe gerade sein lassen oder ein Auge zudrücken.
Grundsätzlich sei man aber aus pädagogischen Gründen von dem Kriterium Geschlechterparität – das im Übrigen ein Großteil aller Kölner Schulen ebenfalls als Kriterium anlegt – absolut überzeugt. Aus langjähriger Überzeugung mache das Sinn. Als die Geschlechterparität noch nicht Maßstab war, habe es einmal in einem Jahrgang durch das Zufallsprinzip einen sehr starken Jungenüberhang gegeben. Das habe das Lernen innerhalb des Jahrgangs sehr stark verändert.