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Dienstpläne umgestaltetMehr als hundert Kölner Polizisten in Quarantäne

Lesezeit 4 Minuten
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Auf den Wachen trennen zum Schutz neuerdings Plexiglasscheiben die Polizisten von den Besuchern.

  1. Die Coronakrise fordert auch die Kölner Polizei. Behördenleiter Uwe Jacob arbeitet derzeit im Homeoffice.
  2. Die Behörde hat den Streifendienst umorganisiert, um einsatzfähig zu bleiben. Eine kleine zweistellige Zahl an Beamten ist infiziert, mehr als hundert stehen unter häuslicher Quarantäne.
  3. Polizeipräsident Jacob lobt die Kölner für ihre „tolle Disziplin“. Beamte stellen kaum Verstöße gegen das Kontaktverbot fest.

Köln – Die Kriminalität in der Stadt sinkt derzeit stetig, die Polizisten haben aber neue Aufgaben hinzu bekommen – sie zeigen Präsenz in der Stadt, kontrollieren, ob die Menschen die Infektionsvorschriften einhalten und fahren verstärkt Streife in menschenleeren Geschäftsstraßen, in denen oft nur noch eine einzelne Apotheke geöffnet hat. Wie arbeitet die Polizei in Zeiten der Coronakrise? Was ist die größte Herausforderung für die Beamten? Wie schützen sie sich? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Halten sich die Kölner an die Kontaktverbote?

Das öffentliche Leben in der Stadt ist eingeschränkt, Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen sind untersagt. Mussten Polizei und Ordnungsamt noch vor etwas mehr als einer Woche so genannte Coronapartys auflösen und zahlreiche uneinsichtige Menschen belehren, hat sich die Situation inzwischen deutlich gebessert. Polizeipräsident Uwe Jacob spricht „ein ganz großes Lob“ an die Kölner aus. „Auf den Straßen herrscht eine tolle Disziplin. Es ist offenbar auch bei den letzten angekommen, wie ernst die Situation ist.“

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Nur vereinzelt stellten seine Beamten noch Verstöße gegen die Bestimmungen fest. „Das sind dann zum Beispiel Gruppen von vier, fünf Jugendlichen, die zusammen Kölsch trinken, aber auch sofort und friedlich auseinander gehen, wenn die Kollegen sie ansprechen. Grundsätzlich sind dann Ordnungswidrigkeitenanzeigen die Folge.“

Köln: Weniger Gewalt, weniger Einbrüche, weniger Diebstähle

Wie entwickelt sich die Kriminalität in der Stadt?

Erst Anfang März hatte die Polizei ihre Kriminalstatistik für 2019 vorgestellt – schon seinerzeit waren die Zahlen auf fast allen Gebieten im Sinkflug. Seit knapp zwei Wochen stürzen sie in manchen Bereichen regelrecht ab. „Die Einbruchszahlen gehen in der Tendenz drastisch zurück“, berichtet Uwe Jacob – auch wenn es für valide Zahlen noch etwas zu früh sei. Es geschehen weniger Unfälle, auch Taschendiebstähle werden immer seltener. „Wen soll man auf der Domplatte auch beklauen? Die Stadt ist leer“, sagt Jacob. Dasselbe gelte für Körperverletzungen, deren Zahl spürbar sinkt. „Auf den Ringen ist abends und an den Wochenenden nichts los.“

Entgegen der Befürchtungen sei die Zahl von Fällen häuslicher Gewalt bislang nicht gestiegen, betont der Polizeipräsident. „Das kann aber in weiteren 14 Tagen oder in vier Wochen natürlich auch ganz anders aussehen.“ Auch die anfangs gestiegene Zahl illegaler Rennen auf den nahezu leeren Straßen in der Innenstadt sei inzwischen durch das Eingreifen der Polizei wieder zurückgegangen. Unverändert hoch dagegen bleibt laut Jacob die Zahl der Telefon-Trickbetrügereien gegen ältere Menschen.

Köln: Nur wenige Polizisten bislang infiziert

Was ist die größte Herausforderung für die Polizei im Augenblick?

Klare Antwort des Polizeipräsidenten: „Dass wir gesund und einsatzfähig bleiben.“ Eine geringe zweistellige Zahl an Polizeibeamten sei bislang mit dem Coronavirus infiziert, berichtet Jacob. Eine mittlere zweistellige Zahl gelte als Verdachtsfall, und weitere etwa einhundert Polizisten habe die Behörde für zwei Wochen unter „häusliche Quarantäne“ gestellt, unter anderem weil sie sich kürzlich in Risikogebieten aufgehalten hätten, zum Beispiel zum Skifahren in Österreich. Jacob betont, die Polizei Köln sei „voll handlungsfähig“. Wer die 110 anrufe, bekomme Hilfe. „Das ist gewährleistet, da können sich die Bürger drauf verlassen.“

Köln: Polizeipräsident arbeitet im Homeoffice

Wie arbeitet der Streifendienst während der Coronakrise?

Auch die Polizei befindet sich im Krisenmodus, zweimal täglich tagt der Krisenstab der Behörde und passt sich neuen Situationen an. „Wir lernen ständig dazu, jeden Tag sind neue Fragen zu klären“, sagt Jacob. Die Hälfte der Streifenbeamten ist derzeit zu Hause und in Bereitschaft. Die andere Hälfte arbeitet in Zwölf-Stunden-Schichten. Die Regel ist, dass die Beamten in den 14 Tagen pro Woche vier Schichten planen und drei Tage frei haben. Dann übernehmen für weitere zwei Wochen die Kollegen, die derzeit zu Hause sind.

So soll gewährleistet sein, dass die Beamten untereinander möglichst wenig Kontakt haben und nicht ganze Dienstgruppen und Polizeiwachen reihenweise ausfallen, wenn ein Beamter infiziert ist. Jacob selbst arbeitet zurzeit von zuhause aus und hält mit Telefon- und Videokonferenzen Kontakt zu seinen Führungskräften, dem Ministerium und seinen Kollegen in anderen Polizeibehörden. Im 14-Tages-Rhythmus wechselt er sich mit seiner Stellvertreterin Miriam Brauns ab, die zurzeit im Präsidium die Stellung hält.

Köln: Masken und Schutzanzüge für die Polizei

Wie schützen sich die Beamten im Streifendienst und bei der Tatortarbeit?

Auf jedem Streifenwagen liegen Atemschutzmasken, Handschuhe, Schutzbrillen und Desinfektionsmittel bereit. Am Mittwoch wurden mehr als 100.000 Masken und mehr als 400.000 Einweghandschuhe an Nachschub geliefert, sagt Jacob. Schutzanzüge, die im Einzelfall im Streifendienst erforderlich sein könnten, stammten im Augenblick zum überwiegenden Teil noch von den Kripokollegen, die damit üblicherweise an Tatorten arbeiten.

„Mittlerweile haben wir auf fast jedem Streifenwagen eine Erstausstattung, aber wir erwarten Anfang nächster Woche neue Anzüge.“, sagt Jacob. Atemmasken und Handschuhe trügen die Beamten vor allem dann, wenn sie Einsätze in Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeeinrichtungen wahrnehmen müssten – dann aber eher nicht zum Selbstschutz, sondern um die Bewohner zu schützen.