Modedesignerin aus LeidenschaftIlse Stammberger feiert 30-jähriges Geschäftsjubiläum
Köln – Es gibt einen Ausspruch der berühmten Modedesignerin Jil Sander, den eine Kölner Kollegin dreifach unterstreichen würde: „Die reinste Form von Luxus ist die Reduktion. Ein Kleidungsstück ist perfekt, wenn man nichts mehr weglassen kann.“ Weglassen sei auch ihr Credo, sagt Ilse Stammberger. „Aber leider klotzen sich viele Frauen zu viel drauf, anstatt die schönen Dinge – auch die schönen Stoffe – für sich sprechen zu lassen.“
In diesem Monat feiert die Designerin, die seinerzeit zu den zwölf Mitgliedern der Kölner Modeunion zählte und als einzige davon übriggeblieben ist, das 30-jährige Bestehen ihres Ladens. Selbstständig ist Stammberger seit 41 Jahren.
Fragt man die 67-Jährige, was sie tun würde, wenn Sie noch einmal auf die Welt käme, lautet ihre Antwort: „Ich würde das gleiche tun, weil ich meine Arbeit so liebe. Ich liebe es, Stoffe zu berühren und die Bilder in meinem Kopf, was ich daraus mache.“ Dass sie aufgrund ihres glücklichen Händchens für Materialien von ihren Kundinnen den Spitznamen „Stoff-Trüffelschwein“ verliehen bekommen habe, mache sie sehr stolz.
Stammberger hat internationale Kundschaft
Weniger ist mehr, dieser Satz könnte auch über ihrer Tür stehen, meint Stammberger, zu deren Markenzeichen die Frisur mit dem kurzen Pony, die langen Hosen und die flachen Schuhe zählen. Tag ein, Tag aus beschäftige sie der Gedanke: „Was kann ich noch weglassen, um das Teil perfekt zu machen?“ Gerade darin stecke viel Arbeit.
Obwohl immer mehr Fachleute – darunter die New Yorker Modejournalistin Suzy Menke und Trendforscherin Lidewij Edelkoort – überzeugt seien, dass es in wenigen Jahren keine inhabergeführten Modegeschäfte mehr geben werde, gibt sich Ilse Stammberger kämpferisch-gelassen. „Es begann mit der Immobilienblase, dann kam die Bankenblase, und jetzt ist die Modeblase geplatzt!“ Für die Leute in ihrem Beruf sei das ganz bitter, für ihr Geschäft hingegen positiv. Bei ihr komme keiner rein, probiere etwas an und sage dann: „Könnten Sie bitte mal ein Foto machen!“
Denn alles, was man in ihrem Laden sehe, gebe es nirgendwo anders, betont Stammberger und erzählt von einer Kundin aus Indien und einer anderen aus Abu Dhabi, die sich ihre Kreationen aus Köln schicken lasse oder mitbringen lasse.
„Wir sind ja nicht billig“, räumt die Inhaberin ein. „Wir können es nicht sein, weil ich nur gute Stoffe kaufe.“ Stoffe mit einem Stoffpass, aus dem hervorgehe, wo er gefertigt und mit welchen Materialien er eingefärbt worden sei. Interessanterweise höre sie seit vier oder fünf Jahren kaum noch den Satz: „Oh, das ist aber teuer!“ Vielmehr liebe es die Kundin inzwischen, Qualität zu kaufen. „Natürlich keine 20-jährige.“
Viele Jahre hatt sie quais eine Siebentagewoche
Stammberger betrachtet sich als Dienstleisterin. „Ich tue ganz viel, um meine Kundinnen zufriedenzustellen.“ Was sie ärgert, ist der in ihren Augen oft falsche Gebrauch des Begriffs Individualität. Jeder müsse sich entscheiden: „Denke ich darüber nach, wie ich mich kleide, oder fühle ich mich ohne nachzudenken sicher in dem, was alle tragen und was gerade in ist?“
Ihr Laden sei eine Nische, und sie selbst werde für den Rest ihres Lebens nicht reich werden, bekennt Stammberger. Gleichwohl lautet ihre Antwort auf die Frage, was sie mit auf eine einsame Insel nehmen würde: „Meinen Beruf.“ Dass die 67-jährige neuerdings montags einen Ruhetag hat, ist ein Luxus, den sie sich erst seit kurzem gönnt. Viele Jahre zuvor hatte sie quasi eine Siebentagewoche, da sie regelmäßig sonntags in ihrem Atelier arbeitet.
Was ihr die Kraft dafür gebe, seien ihre Kundinnen. „Ich bin so stolz, dass so tolle Frauen hier kaufen“, freut sich sich. Natürlich gehe so ein Geschäft nicht ohne gute Mitarbeiter. „Menschen, die das, was sie tun, ebenfalls mit Leidenschaft tun. Diese Menschen muss man anständig behandeln und anständig bezahlen.“
Designer-Mode
Ilse Stammberger, Benesistraße/Große Brinkgasse.
☎ 0221/4207577.
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 11-19 Uhr, samstags 11-18 Uhr, nach Vereinbarung länger.
www.ilse-stammberger.de