Besondere Probleme bereitet die Rekordzahl an Wiederholern der ersten Klasse.
Schulplatznot an GrundschulenNur durch 19 Mehrklassen kamen alle Kölner Erstklässler unter
Die Situation an den Kölner Grundschulen ist auch im diesem Schuljahr stark angespannt. Um überhaupt allen Erstklässlern einen Platz anbieten zu können, mussten an 19 Schulen Mehrklassen gebildet werden. Das entspricht mehr als zehn Prozent aller Kölner Grundschulen. Das geht aus der von der Stadt nun vorgelegten Bilanz des Anmeldeverfahrens für die Grundschulen hervor.
Demnach hatte die Stadt angesichts der Schulplatznot schon zu Beginn des Anmeldeverfahrens sieben Mehrklassen fest eingeplant und musste die Zahl dann im laufenden Verfahren nochmal um zwölf weitere Klassen aufstocken. Das bedeutet einen neuen Höchststand: Im Vorjahr waren es am Ende 15 Mehrklassen geworden.
Allein im Bezirk Kalk sieben Mehrklassen
Dabei gibt es erneut ein großes Gefälle: Während Stadtbezirke wie Lindenthal ganz ohne Mehrklassen auskamen, mussten allein im Stadtbezirk Kalk sieben Mehrklassen gebildet werden, gefolgt von Chorweiler mit fünf Mehrklassen. Dabei gab es an drei Grundschulen Erweiterungen durch Modulbauten. An weiteren sechs Grundschulen wurden sogenannte Nachverdichtungen durch temporäre Modulbauten vorgenommen. Sie können wieder abgebaut werden, wenn sich die Schulplatzlage verändert.
Das bedeutet, dass zehn Schulen ohne räumliche Erweiterung Mehrklassen aufnehmen mussten. Für die dort in die Schule gehenden Kinder hat das Konsequenzen: Es bedeutet mehr Enge in den ohnehin eher kleinen Grundschulen und auch Einschränkungen in der pädagogischen Arbeit. Denn es müssen dann eben Mehrzweck- oder Ganztagsräume als Klassenräume genutzt werden.
Neben den steigenden Schülerzahlen und der Tatsache, dass das Tempo des Schulbaus der Entwicklung hinterherhinkt, gibt es einen weiteren wichtigen Verstärker der Engpässe: Die stetig wachsende Zahl von Kindern, die das erste Schuljahr wiederholen. In diesem Jahr waren es mit 785 Kindern nochmal deutlich mehr als im Vorjahr. Zum Vergleich: Im Schuljahr 2023/24 waren es noch 640 Kinder und im Schuljahr 2022/23 blieben 484 Kinder ein zweites Jahr in der Schuleingangsphase, wie die korrekte Bezeichnung heißt. Das bedeutet ein Anstieg von etwa 60 Prozent innerhalb von zwei Jahren.
Hinter dieser deutlich steigenden Zahl steht die Entwicklung, dass immer mehr Kölner Kinder eingeschult werden, die keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben oder denen die so genannten Vorläuferfähigkeiten fehlen. Das heißt, sie können etwa noch keinen Stift halten, motorisch keine Schere führen oder sich die Jacke anziehen. Der ein Jahr längere Verbleib im ersten Schuljahr ist für Schulleitungen die einzige Option, diesen Kindern überhaupt noch eine Möglichkeit zu geben, diese Defizite aufzuholen. Beim Übertritt ins zweite Schuljahr würden sie vollends den Anschluss verlieren. Die Stadt stellt diese Entwicklung angesichts der Knappheit an Schulplätzen vor große Probleme.
95 Prozent bekamen Platz an der Wunschschule
Durch die Mehrklassen bekamen in Summe 95 Prozent der Kinder an ihrer Wunschschule einen Platz, weitere 1,6 Prozent an ihrer Zweitwunschschule. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass von den 9719 angemeldeten 307 Kinder keinen Platz an ihrer Erst- und Zweitwunschschule bekamen. Unter ihnen waren 141 Kinder, die von ihren Eltern nicht rechtzeitig angemeldet worden waren.
Nach Angaben der Stadt konnte für 31 von ihnen kein Platz gefunden werden, der einen Schulplatz unter zwei Kilometern sicherstellen würde. Dies betraf vor allem Kinder, die in Porz oder Mülheim wohnen. Die Porzer Kinder mussten dabei einen Schulweg von bis zu sechs Kilometern in Kauf nehmen, bei den betroffenen Mülheimer Kindern waren es bis zu acht Kilometer. Es sei sehr problematisch, dass Bildungsbenachteiligung dadurch für diese Kinder von Anfang an festgeschrieben werde, stellt die schulpolitische Sprecherin der Grünen, Bärbel Hölzing, fest. Kinder, deren Eltern die Anmeldung versäumen, müssten einen weiten Schulweg in Kauf nehmen und seien dadurch von vorneherein hoch belastet.
Kritik von den Sozialdemokraten
Der schulpolitische Sprecher der SPD, Oliver Seeck, nannte die Zahlen alarmierend. Gerade in den eher kleinen Schulgebäuden der Grundschulen führten die Mehrklassen im Bestand zu erheblichen Einschränkungen für die Kinder. „Immer weiter auf Mehrklassen zu setzen, kann keine Lösung sein. Grüne, CDU und Volt haben hier ihre Hausaufgaben nicht gemacht.“ Wer seit fast zehn Jahren die Verantwortung trage, müsse sich fragen, wie ernst er und sie das mit dem Prinzip „Kurze Beine, kurze Wege“ überhaupt nimmt. Derart lange Wege seien für Kinder in dem Alter „unzumutbar“.