AboAbonnieren

Knöllchen nach niederländischem VorbildKölner Ordnungsamt würde Falschparker gerne mit Scan-Autos überführen

Lesezeit 4 Minuten
Scan-Autos liefern in der Innenstadt von Amsterdam Bilder von Fahrzeugen und deren Nummernschilder an Rechenzentren.Mit einer Software werden die Kennzeichen in Datenbanken und auch in den Datenbanken der städtischen Behörden überprüft. Digitale Parküberwachung in Amsterdam *** Scan cars provide images of vehicles and their license plates to data centers in downtown Amsterdam Software is used to check license plates in databases and also in the databases of municipal authorities Digital parking surveillance in Amsterdam F7107155.jpg

Digitale Parkraumüberwachung: Scan-Autos liefern in der Innenstadt von Amsterdam Bilder von Fahrzeugen und deren Nummernschildern an Rechenzentren.

Die 47.000 gebührenpflichtigen Parkplätze werden bislang von 220 Mitarbeitenden kontrolliert. Bonn und Düsseldorf sind auch interessiert.

In Köln gibt es 47.000 gebührenpflichtige Parkplätze. Die Zahl der Parkverstöße ist bedeutend höher: 2022 zählte das städtische Ordnungsamt 619.000 Verwarnungen, Bußgeld- und Kostenbescheidfälle im ruhenden Verkehr. Dieses Jahr waren es von Januar bis September 397.000 Knöllchen – gut 44.000 monatlich. 220 Mitarbeitende im Außendienst hat der Verkehrsdienst für die Überwachung der Parkplätze im Einsatz.

Auch die Stadt Bonn betreibt einen großen Aufwand, um Parksünder zu entdecken. 2022 habe es knapp 130.000 Parkverstöße gegeben, teilt die Verwaltung auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Bis zu 35 Überwachungskräfte seien im Einsatz, eine von ihnen könne etwa 350 Fahrzeuge pro Tag überprüfen.

360-Grad-Kameras nehmen Kennzeichen auf

Mehrere niederländische Großstädte sind da schon bedeutend weiter: In Amsterdam überwachen 13 Autos und zwei Mopeds die 169.800 gebührenpflichtigen Parkplätze der Stadt. In Utrecht schafft ein Auto deutlich mehr als 1000 Parkplatzkontrollen jede Stunde. Auch Rotterdam setzt auf motorisierte Parkwächter.

Dahinter steckt ein Scansystem: 360-Grad-Kameras, die auf dem Dach installiert sind, erfassen jeden Blickwinkel im Umfeld der Fahrzeuge und nehmen die Kennzeichen der geparkten Autos auf. Eine Software identifiziert das Kennzeichen, lädt die Daten in das nationale Parkregister und überprüft dort automatisch, ob für dieses Kennzeichen Parkgebühren bezahlt wurden. Ist das der Fall, wird das Foto des Kennzeichens innerhalb von 48 Stunden gelöscht. Falls allerdings ein Parkverstoß registriert wird, schaut ein Mitarbeiter am Computer die Bilder an, um festzustellen, ob eine entlastende Situation vorliegt, zum Beispiel, weil Waren entladen wurden. Ist das nicht der Fall, wird ein Knöllchen geschrieben.

Die Scan-Fahrzeuge sind für die Städte eine Goldgrube

Die System sollen hocheffektiv arbeiten. Auch wenn die Autos eng beieinander stehen, schafft es die Technik, das Nummernschild zu lesen. Und wenn es nicht von vorne gelingt, dann eben von der anderen Seite. Die knapp 370.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Stadt Utrecht schafft die Kontrolle aller städtischen Parkplätze mit nur vier Autos. Ein einzelnes würden den Job auch erledigen, sagt ein Stadtsprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, aber weil vier Fahrzeuge zur Verfügung stehen, sind häufigere Kontrollen ermöglicht. „Wir besuchen regelmäßig Hotspots. Das sind Orte, an denen die Bereitschaft zu zahlen gering ist, was eine extra Überwachung notwendig macht“, sagt der Sprecher.

Aus Amsterdam heißt es, die Wahrscheinlichkeit, beim Falschparken erwischt zu werden, habe die Fairness gegenüber denen, die einen gültigen Parkausweis haben, erhöht. Und die Scan-Fahrzeuge sind für die Städte eine Goldgrube, stellte die Amsterdamer Zeitung „Het Parool“ fest. Die niederländische Hauptstadt kontrolliert seit 2013 digital. Im letzten Jahr vor der Einführung nahm die Stadt 18,5 Millionen Euro an Bußgeldern ein. Im Jahr 2022 waren es 32,8 Millionen Euro.

Menschen sollen weiter komplexe Situationen lösen

Für Köln ist das ein Vorbild. Die Ordnungsamtsleiterin Athene Hammerich bekundet mit Blick auf die automatische Kennzeichenerfassung in den Niederlanden: „Mein Wunsch ist, die Parkraumüberwachung zu digitalisieren.“ Die heute für Kontrollen eingesetzten Menschen könnten dann Einsätze wahrnehmen, „bei denen sie durch nichts zu ersetzen sind“, sagt Hammerich, „wenn es komplexe Situationen zu lösen gibt, wenn zum Beispiel Behindertenparkplätze blockiert sind“. Aber für ein System wie in Amsterdam, Utrecht oder Rotterdam gebe es in Deutschland „derzeit nicht den erforderlichen Rechtsrahmen“, sagt die Leiterin des Kölner Ordnungsamts: „Das ist der Schlüssel für die Zukunft.“

Tatsächlich hat der Bundesrat die Bundesregierung Ende September dazu angehalten, die gesetzlichen Vorgaben für ein digitales Parkraummanagement zu schaffen. Er erhofft sich davon einen Rückgang von Verkehrsverstößen und eine höhere Sicherheit. „Dabei steigt die Parkgerechtigkeit, wenn infolge eines digitalen Parkraummanagements weniger Verkehrsteilnehmende die Verhaltensregeln missachten“, heißt es in der Stellungnahme des Bundesrats. „Bestehendem Parkdruck wird dadurch effektiver begegnet.“

50 Fahrzeuge soll ein Mensch schaffen, 1000 die Videokontrolle

Im europäischen Ausland würden digitale Systeme bereits „wirksam, technisch zuverlässig und rechtssicher eingesetzt“, heißt es weiter. Dabei vergleicht der Bundesrat: Eine menschliche Vollzugskraft könne nur etwa 50 Fahrzeuge pro Stunde kontrollieren, Videokontrollen hingegen bis zu 1000 Kennzeichen pro Stunde erfassen.

Köln ist derweil nicht alleine mit seinem Wunsch, Kennzeichen scannende Autos in der Kontrolle einzusetzen. „Grundsätzlich besteht seitens der Landeshauptstadt Düsseldorf immer Interesse an technischen Weiterentwicklungen im Bereich der Verkehrsüberwachung“, teilt die Stadt Düsseldorf auf Anfrage mit. Die Stadt Bonn schreibt ebenfalls: „Die Stadtverwaltung begrüßt die aktuellen Überlegungen, gegebenenfalls den gesetzlichen Rahmen zu schaffen.“

In den Niederlanden gab es vor der Einführung keine große öffentliche Debatte über digitale Parkkontrollen. Eine von der Stiftung Privacy First eingereichte Klage, in der es heißt, dass das Scannen zu stark in die Privatsphäre eingreife, wurde von einem Gericht abgewiesen.

Doch die automatische Kennzeichenerfassung verursachte derweil auch mehr Arbeit für die Verkehrsgerichte. Eine Untersuchung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders „NOS“ zeigte 2021, dass das System wiederholt unrechtmäßig Bußgelder verhängte. Vor allem in Utrecht und Rotterdam zahlte sich der Einspruch der Parkenden aus: drei Viertel der angefochtenen Bußgelder wurden für ungültig erklärt.