Kölner Rapper„Sich in Deutschland selbstständig zu machen, ist eine Mammutaufgabe“
Köln – Mit Freunden am Rhein abhängen, in den Gefilden des Kölner Südens, an der „Côte da Sürth“ die Hängematte aufspannen, in der Hand das Kölsch: Das ist Heimatgefühl für die Kölner Rapper Lugatti und 9ine sowie Produzent Traya. Oder wie sie in ihren Songs sagen: „La kölsche Vita“. Das Trio, das seit 2017 unter dem selbst gegründeten Label „Kinder der Küste“, Lieder veröffentlicht, hat mittlerweile seinen festen Platz in der deutschen Hip-Hop-Undergroundszene eingenommen. Auf den Streamingdiensten erzielen sie auch schon mal Klicks in Millionenhöhe. Wir treffen die drei am Barbarossaplatz.
Ganz so entspannt ist das Leben als Musiker derzeit jedoch nicht, wird schnell deutlich. Als es 2020 so richtig rund lief und man kurz vor seiner ersten großen Konzerttournee stand, ist die Pandemie ausgebrochen. Die Tour wurde mittlerweile fünfmal verschoben. „Deswegen bin ich gerade noch skeptisch, ob das wirklich klappt im August, weil ich keine Lust habe, mir wieder umsonst Hoffnungen zu machen“, sagt Tobi U. alias 9ine.
Konzert am 12. Mai im Bootshaus
Auch wenn kürzlich ein Auftritt bei einer Clubshow in Heilbronn die Lage kurz vergessen gemacht hat – ein weiteres Konzert ist am 12. Mai im Club Bootshaus geplant –, merkt man den dreien die Mühen der vergangenen zwei Jahre an: „Man wird nicht so toll gefördert vom Staat. Sich in unserem Alter in Deutschland selbstständig zu machen ist eine Mammutaufgabe. Die kleine Förderung für Selbstständige war ein Tropfen auf den heißen Stein und das, womit man am meisten verdient – nämlich die Live-Shows – fand kaum statt“, sagt Felix T. alias Traya.
Immerhin hat der Stillstand keinen kreativen Stopp nach sich gezogen, denn musikalisch bleibt das Trio am Ball und veröffentlicht sehr regelmäßig neue Songs. „Mit der Musik arbeiten wir ja gegen die schlechte Stimmung an, das hat sich bei mir schon immer bewährt“, so der 24-Jährige. Traya ist für den musikalischen Part, die Beats, zuständig. Ihren Sound haben die Rapper in einem ihrer Songs mal als „808 Bass und paar leckere Samples“ definiert: vor allem fühlen sie sich vom Memphis-Südstaaten-Rap der 90er-Jahre beeinflusst.
Ihre eigene Geschichte sollte aber erst ein bis zwei Jahrzehnte später im heimischen Kinderzimmer beginnen, wo sie sich selbst geschriebene Texte zeigten und mit geringer technischer Ausstattung die ersten Songs aufnahmen. „Einmal hat mich mein Lehrer in der AG Kreatives Schreiben animiert, einen Diss-Text gegen ihn zu verfassen. Meine Texte habe ich dann mit 14, 15 Luca gezeigt“, sagt 9ine.
„Nicht so toxisch wie Berlin oder Hamburg“
„2016 war dann eine ausschlaggebende Zeit, als Leute wie der österreichische Rapper Yung Hurn so gehypt wurden, dass wir dachten: Es ist gar nicht so peinlich, wenn wir uns auch mal versuchen. Und es kam nicht schlecht an“, sagt Luca J. alias Lugatti. Das erste Album trägt als Titel die Postleitzahl 50999: Das Leben im Veedel, die Clique, das sind bis heute ihre Themen.
Die Stadt Köln dient oft als Kulisse in den Stücken und Videos der Rapper. „Köln ist unseren Herzen, wir haben auch den Dom tätowiert“, so Lugatti. Die Stadt soll auch in Zukunft die Basis des Rap-Trios bleiben. „Es ist nicht so eine toxische Stadt wie Berlin oder Hamburg. Da sind zu viele Leute auf zu engem Raum, die das gleiche Ziel verfolgen, man ist ständig in einem Wettbewerb.“
Man kenne sich hier in der Szene zwar, aber man könne sich auch gut aus dem Weg gehen. Am besten an den Sandstränden von Sürth. „Man nennt es auch das Andalusien von Deutschland. Wenn ich spätabends hierher wiederkomme und die Sonne untergeht, dann ist es einfach echt schön“, sagt Traya.