Eklat im LandgerichtRichter schasst wichtigsten Gutachter – Drach wittert Spitzel
Köln – Das Verfahren um Reemtsma-Entführer Thomas Drach ist jetzt offiziell seinen wichtigsten Gutachter los. Der Vorsitzende Richter Jörg Michal Bern entließ den Video-Analysten George Rauscher, nachdem dieser sich selbst als befangen erklärt und Hass auf die Verteidigung als Grund angegeben hatte. Das Fass zum Überlaufen brachte eine Begegnung mit einem Journalisten.
Kölner Staatsanwältin forderte die Absetzung
Der freie Journalist hatte der Staatsanwältin im Verfahren berichtet, der Gutachter habe ihm 100 Euro für eine positive Berichterstattung über ihn angeboten. Rauscher habe ihn mit einem Schuhputzer verglichen, als er auf das Angebot nicht eingegangen sei. Die Staatsanwältin forderte daraufhin die Absetzung des Gutachters, sie hält die Schilderungen des Journalisten für glaubhaft.
Zudem sei es dem Video-Analysten ohnehin nicht mehr zuzumuten, am Verfahren teilzunehmen, so die Staatsanwältin. Er fahre acht Stunden aus Bayern zum Prozess nach Köln, nur um von den Verteidigern ausgebuht und beleidigt zu werden, hatte Rauscher angegeben. Das mache ihn psychisch fertig, er leide unter enormen Schlafstörungen und sei nun wohl nicht mehr neutral.
Landgericht: Richter kümmert sich um Ersatz-Gutachter
Der Richter folgte den Ausführungen. „Die Sache mit den 100 Euro ist nicht unstreitig, um das mal zu betonen“, sagte Bern. Rauscher hatte den Vorwurf der angebotenen Geldzuwendung bestritten. Richter Bern sprach allerdings von einem hohen Verdachtsgrad gegenüber Rauscher, denn der Journalist habe gegenüber der Staatsanwaltschaft „wohl kein erdachtes Erlebnis“ geschildert.
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Laut Drachs Verteidigung soll auch ein Anwalt das Geschehen vor der Cafeteria des Landgerichts beobachtet haben. Eine Stellungnahme gab dieser dazu aber nicht ab. Die Verteidigung regte an, Rauscher müsse entstandene Kosten ersetzen und erhaltenen Lohn zurückzahlen. Richter Bern bekundete, sich bereits um Ersatz zu kümmern. Der Prozess wird sich daher verzögern.
Drach sei „sehr wahrscheinlich“ der Täter
Die Ergebnisse des Video-Analysten galten als zentrales Indiz dafür, dass Thomas Drach die ihm vorgeworfenen Raubüberfälle auf Geldtransporter begangen hat. In zumindest zwei von vier Fällen benannte Rauscher Drach nach Sichtung von Überwachungsvideos als „sehr wahrscheinlichen“ Täter. Die Verteidiger hatten die Methoden des Gutachters scharf kritisiert und ihn nicht ausreden lassen.
Am Freitag sprach Drach auch davon, dass die Behörden im Gefängnis Spitzel auf ihn angesetzt hätten. Verteidiger Andreas Kerkhof mutmaßte sogar, dass dem offenbar im selben Hafthaus wie Drach sitzenden Beschuldigten im Thallium-Mordfall, bei dem zwei Frauen vergiftet wurden, Vergünstigungen angeboten worden seien, um gegen Drach auszusagen. Das verwies der zuständige Staatsanwalt René Gilles jedoch ins Reich der Märchen.