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Schleuser mit Reisebüro in KölnBande organisierte Asylbetrug in Deutschland

Lesezeit 3 Minuten

Einer der Angeklagten im Gerichtssaal

Köln – Vier mutmaßlichen Mitgliedern eine Schleuserbande wird vor dem Kölner Landgericht der Prozess gemacht. In unterschiedlicher Tatbeteiligung sollen sie daran mitgewirkt haben, Iranern die illegale Einreise in die Europäische Union zu ermöglichen, damit sie in Deutschland einen Asylantrag stellen konnten. Die Staatsanwältin geht davon aus, dass zur Bande gesondert verfolgte Mittäter gehörten. „Führende Organisatorin“ sei die Leiterin eines Reisebüros mit dem Spitznamen Sharon gewesen, die früher in Köln-Zollstock gearbeitet und später von Teheran aus die Fäden gezogen habe. Alle Angeklagten sind Iraner. Zwei von ihnen, 29 und 39 Jahre alt, werden jeweils sieben Taten vorgeworfen, viermal soll ein 31-Jähriger beteiligt gewesen. Dem mit 28 Jahren jüngsten Beschuldigten wird nur eine Tat zur Last gelegt.

Die Anklage: Spätestens im Sommer 2016 bildete sich die Bande, um Landsleute nach Europa zu schleusen. Die „Kunden“, gelockt im Internet, zahlten zwischen 7000 und 20.000 Euro. In einem ersten Schritt waren in Botschaften europäischer Länder Kurzzeitvisa zu besorgen. Wiederholt wurden gefälschte Papiere vorgelegt; außerdem schummelten die Antragsteller bei der Angabe des Reisegrunds, gaben mal einen touristischen, mal einen geschäftliche Zweck an, etwa den Besuch einer Messe in Düsseldorf.

Einmal nach Deutschland gelangt, mussten die Iraner die nächste Hürde nehmen: die Beantragung von Asyl. Für die Anhörung im Verfahren wurden sie von den Helfern gut vorbereitet. Entscheidend war, einen plausiblen Asylgrund geltend zu machen. Manchmal gaben die Iraner an, erst in der Bundesrepublik erfahren zu haben, dass sie in der Heimat verfolgt würden, zum Beispiel weil sie sich an „christlich-missionarischen“ Aktivitäten beteiligt oder sich für Menschenrechte eingesetzt hätten. Die Helfer organisierten zudem Transport und Unterbringung in Deutschland. Soweit die Anklage. Die Staatsanwältin resümierte, Absicht von Sharon sei nicht die „Hilfestellung für verfolgte und bedrohte Menschen“ gewesen, sondern die „massive Bereicherung“. Die Angeklagten sollen unterschiedlich entlohnt worden sein.

Zwei Angeklagte schweigen

Im November 2018, nach Telefonüberwachungen, durchsuchte die Polizei wegen des Verdachts der Schleuserkriminalität fünf Objekte in Nordrhein-Westfalen und Hessen, sicherte umfangreiches Beweismaterial und vollstreckte Haftbefehle in Köln, Düsseldorf und Wiesbaden. In einem Rechtsgespräch im Juli hat die Staatsanwältin in Aussicht gestellt, bei Geständnissen könnten die Angeklagten zu Strafen zwischen ungefähr einem Jahr Haft auf Bewährung für den 28-Jährigen und viereinhalb Jahren für den 29-Jährigen verurteilt werden. Der Jüngere erklärte, er streite alle Vorwürfe ab, der Ältere und ein weiterer Beschuldigter schwiegen. Der vierte Angeklagte (31) wies über seinen Verteidiger die Vorwürfe zwar im Wesentlichen zurück, gab jedoch eine Mitwisserschaft zu: Im „zunehmenden Kontakt“ mit Sharon sei ihm klar geworden, dass sie neben ihrer legalen Reisebüro-Arbeit als Schleuserin tätig war. „Dass ich zum Teil geholfen habe, war dumm von mir“ -– zumal er kein Geld dafür bekommen habe.

Für den Prozess sind 25 Verhandlungstage angesetzt.