„Müssen jeden Handgriff manuell planen“So erleben Kölner Schulleiter die Corona-Krise
Köln – Sommerferien – für die Schüler sind sie in diesem Jahr weniger verheißungsvoll als sonst. Schließlich ist schon so lange schulfrei, zumindest mehr oder weniger. Und wie es danach weiter geht? Im August, am ersten Schultag nach den großen Ferien? Das wissen noch nicht einmal die Schulleiter.
„Da bräuchte ich eine Glaskugel“, sagt Klaus Kombrinck. Der Leiter des Leonardo-da-Vinci-Gymnasiums in Nippes ist froh, dass er und seine Kollegen jetzt immerhin eine verlässliche Planung bis zu den Ferien auf die Beine gestellt haben. Wenigstens für ein paar Tage können die Kinder und Jugendlichen jetzt wieder in ihre Schule kommen. Rein theoretisch, sagt er, könnte es danach einfach so weiter gehen. „Ob das schön wäre, ist eine ganz andere Frage. Ich bin natürlich zufrieden, wenn es nach dem Sommer noch weitere Lockerungen gibt.“ Eine Schule lebe vom sozialen Kontakt – „das ist die Grundlage unserer Arbeit und das ist das, was wir alle vermissen“.
Yvonne Gebauer plant nicht über Monate
Im Mai noch nicht zu wissen, wie es im August sein wird – das ist für viele schwer zu ertragen. Doch auch Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) scheut den Blick in die Glaskugel, beziehungsweise eine konkrete Planung. Der Schulleiter der Willy-Brandt-Gesamtschule in Höhenhaus kann das verstehen. „Was wir gelernt haben in den letzten Wochen ist: Es macht wirklich Sinn, auf Sicht zu fahren, und dann abzuwarten, was tatsächlich kommt. Selbstverständlich wünschen wir uns die Informationen so früh, wie es geht. Aber könne Sie immer abschätzen, was tatsächlich geht und wie früh? Im Nachhinein ist man immer schlauer“, sagt Dieter Fabisch-Kordt.
„Wer jetzt schon sagt, nach den Ferien muss das so und so laufen – der vertut sich. Wir müssen etwa Mitte der Sommerferien schauen, wie die Pandemie-Situation ist. Und wie wir dann wieder starten können.“ Er ist überzeugt: Das Wichtigste ist schließlich immer noch der Infektionsschutz. „Ich finde, bei den ganzen Diskussionen über die Lockerungen, geht das gerade ein bisschen unter, so Fabisch-Kordt.
Kölner Schulen müssen flexibel sein
Diese Unsicherheit verlangt den Schulen (und natürlich auch Eltern und Schülern) viel Flexibilität ab. Und für die Schulleiter bedeutet das spontane Reagieren jede Menge Arbeit. Zum Beispiel, wenn es um dem Stundenplan geht. „Wir müssen ja jeden Handgriff manuell planen und dokumentieren und eintragen und kommunizieren. Das sind tausende von Einträgen, die ansonsten das System für den Stundenplan automatisch auswerfen würde. Das ist extrem viel Orga-Aufwand“, sagt der Schulleiter.
Planungssicherheit nur für die nächsten Wochen – das ist nicht viel, aber Till Butz hat sich inzwischen mit der unsicheren Situation „etwas angefreundet“, wie er sagt. Doch eines liegt dem Schulleiter der Freien Schule im Agnesviertel für die Zeit nach den Sommerferien am Herzen: „Wir sind eine Ganztagsschule und wir würden die Kinder auch gerne wieder nachmittags unterrichten.“ Das sei von der Landesregierung in Düsseldorf jedoch gerade leider nicht erwünscht.
Ein Drittel der Lehrer unterrichtet nur digital
Das kleine Kollegium der Freien Schule ist im Moment vollständig am Start. Eine Ausnahme, denn an den meisten Schulen unterrichten im Moment etwa ein Drittel der Lehrer ausschließlich digital – weil sie sich zu der Risikogruppe rechnen, die durch die Corona-Pandemie besonders bedroht fühlen. Zwar hatte Yvonne Gebauer unlängst angekündigt, diese Lehrer bald wieder im Präsenzunterricht einzusetzen zu wollen. Doch klare Regelungen gibt es auch hierfür noch nicht.
„Ohne diese Lehrer können wir hier keinen normalen Schulbetrieb organisieren“, sagt Andreas Niessen, Leiter der Heliosschule in Sülz. Abstandsregeln und Personalausstattung – beides entscheide darüber, wie der Unterricht nach den Sommerferien aussieht. Und in Bezug auf beide Themen wisse man bislang noch nicht, was im August sein wird.„Wir planen erstmal so, dass wir mit Normalbetrieb wieder starten könnten. Und je früher wir wissen, dass es keinen Normalbetrieb gibt, und die Rahmenbedingungen dafür haben, desto besser“, sagt Niessen.
Unter den jetzigen Regelungen leiden am meisten die Kinder in benachteiligten Situationen, sagt Andreas Niessen: „Jeder Tag, an dem sie nicht normal zur Schule gehen können, ist für viele von denen ein verlorener Tag.“