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Neuer türkischer Generalkonsul„Köln ist die Hauptstadt der Türken in Westeuropa“

Lesezeit 4 Minuten
Turhan Kaya

Neuer türkischer Generalkonsul, Turhan Kaya.

Köln – Um Politik soll es nicht gehen beim ersten Gespräch. Lieber um Fußball, zum Warmwerden. Turhan Kaya, der neue türkische Generalkonsul für Köln, ist Fan vom VfB Stuttgart und von Galatasaray Istanbul – „und jetzt natürlich auch vom 1. FC Köln“. Vereine, sagt Turhan Kaya, seien ein wichtiger Integrationsfaktor. „Regionaler Patriotismus ist ein guter Hebel. Viele Menschen, die neu nach Deutschland kommen, identifizieren sich schnell mit ihrer Stadt, ihrem Dorf, den großen Sportvereinen. Das lässt sich nutzen.“

Kaya, der mit seinen Eltern in Stuttgart gelebt hat, bis er 15 war, spricht Deutsch mit leichtem schwäbischem Akzent. Er hat in Istanbul Abitur gemacht und danach Wirtschaft sowie internationale Beziehungen studiert. Vier Jahre war er in der türkischen Botschaft in Peking und vier Jahre in der türkischen Botschaft in Berlin tätig.

„Köln ist die Hauptstadt der Türken in Westeuropa“

Jetzt in Köln zu sein, freue ihn besonders, sagt er: „Köln ist sozusagen die Hauptstadt der Türkinnen und Türken in Westeuropa – nicht umsonst haben viele der wichtigsten türkischen und muslimischen Organisationen in Köln ihren Sitz.“ Seine Frau, mit der Kaya zwei Kinder hat, ist Generalkonsulin in Hannover. Die beiden führen eine Fernbeziehung.

Wenn Kaya von der Wichtigkeit der Vereine für die Integration spricht, meint er nicht nur Sportvereine, sondern auch Moscheevereine wie die Ditib, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, die der türkischen Religionsbehörde Diyanet untersteht. Die Ditib bekommt aus Ankara Geld, Weisungen und Imame geschickt. In einigen Bundesländern hat der Verein den Islamunterricht an Schulen organisiert, lange galt die Ditib als wichtige Kooperationspartnerin des deutschen Staates – inzwischen wird die Organisation von vielen eher als Erfüllungsgehilfin des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan verstanden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüft schon länger, die Ditib zu beobachten.

Versierter Diplomat

Kaya möchte lieber die „Stärken der Vereine für die türkische Community“ betonen: „Die Ditib ist wie viele andere Moschee- und Kulturvereine wichtig für die Türkinnen und Türken in Deutschland, um eine Verbindung zu ihrem Heimatland zu behalten und sich hier wohlzufühlen“, sagt er.

Der 1979 geborene Kaya ist ein versierter Diplomat. „Mein Ziel ist es, Gemeinsamkeiten, nicht Gegensätze zu betonen, und Gespräche zu führen. Es geht immer um Dialog – und es kann bei den vielen Verbindungen, Gemeinsamkeiten und ähnlichen Interessen von Deutschland und der Türkei nur das Ziel sein, dass wir unsere Beziehungen pflegen und fördern.“ Ziel seiner Arbeit als Generalkonsul sei es, „den sozialen und wirtschaftlichen Status von Menschen mit türkischen Wurzeln in der Region zu stärken. Da geht es um erlebte soziale oder berufliche Benachteiligung, aber ganz entscheidend auch um Bildung.“

Plädoyer für mehr bilingualen Unterricht

In der Gruppe der 20- bis 34-Jährigen seien 37 Prozent der türkischstämmigen Menschen ohne Ausbildung. „Hier müssen wir ansetzen.“ Ein wichtiges Anliegen ist Kaya auch die Stärkung des bilingualen Unterrichts. „Die Zweisprachigkeit wird oft als Mangel verstanden. Ich denke, dass es wichtig ist, Zweisprachigkeit an Schulen zu fördern – das hilft den Heranwachsenden wie im Ergebnis auch der Gesellschaft, die von den Sprachfähigkeiten noch stärker profitieren kann.“

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Wie es um die Menschenrechte in der Türkei bestellt ist; ob regierungskritische Menschen noch ohne Angst, verhaftet zu werden, aus Deutschland in die Türkei reisen können; warum immer wieder auch deutsche Staatsbürger in der Türkei wegen vermeintlicher Terrorpropaganda verhaftet werden, dazu möchte Turhan Kaya sich bei seinem Austausch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ aufgrund laufender Gerichtsverfahren nicht äußern.

Auf dem Weg der Normalisierung?

Menschen, die Sorge hätten, in der Türkei verhaftet zu werden, könnten sich selbstverständlich auch an das Konsulat wenden und um Rat fragen, sagt er. Und: „Ich denke, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei auf dem Weg der Normalisierung sind, auch wenn es langsam geht. Das gilt außenpolitisch, aber auch für den Dialog zum Beispiel mit der Ditib. Ich wünsche mir, dass es weiter in diese Richtung geht – und wir im guten Gespräch bleiben.“

Wann das Konsulat von Hürth auf das bereits im Jahr 2013 vom türkischen Staat gekaufte Areal an der Stolberger Straße umzieht, sei noch nicht klar. Doch auch dort, so Kaya, gehe es voran, „langsam, aber stetig“.