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Köln-UmfrageVerwaltung könnte an vielen Stellen effizienter arbeiten

Lesezeit 7 Minuten

Das Stadthaus in Köln-Deutz

  1. Bei der Köln-Umfrage ist das Thema „Ineffiziente Verwaltung“ hinter dem Wohnungsbau und dem „politischen Klüngel“ auf dem dritten Platz gelandet.
  2. Ursachen dafür sind unter anderem überkomplexe Prozesse und Personal-Mangel.
  3. Vor allem die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern macht der Stadt zu schaffen.
  4. Ein Experte sieht in Köln aber auch noch eine besondere Problematik.

Köln – Die Kölner Verwaltung ist ineffizient, finden Tausende Leser des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auf einer Skala von 1 bis 10 wurde das Thema bei der Köln-Umfrage im Durchschnitt mit fast 8 Punkten als äußerst problematisch eingestuft – weit vor den in früheren Umfragen vorne liegenden Verkehrsthemen, Sauberkeit oder Kriminalität.

Ineffizienz bedeutet mangelnde Leistungsfähigkeit und Wirkungslosigkeit. Es ist nicht anzunehmen, dass die über 1000 Feuerwehrleute oder die rund 3500 Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen gemeint sind. Auch diese gehören zum Großunternehmen Stadtverwaltung. Das Image wird an anderer Stelle geprägt.

Ineffiziente Verwaltung

Bei der Köln-Umfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist das Thema „Ineffiziente Verwaltung“ hinter dem Wohnungsbau und dem „politischen Klüngel“ auf dem dritten Platz gelandet. Mehr als 20.000 Leser hatten sich an der Online-Umfrage beteiligt und die drängendsten Probleme der Stadt priorisiert.

Alles zum Thema Henriette Reker

Persönliche Erfahrungen dürften genauso imageprägend sein wie die grundsätzlichen Zweifel, ob eine in Schubladen denkende Bürokratie überhaupt noch mit dem Tempo einer wachsenden Stadt mithalten kann. Wohnungen und Schulen müssen gebaut werden, neue Bahntrassen und Straßen. Es fehlen Pflegeplätze für Alte und Kita-Plätze für Junge. Die Liste ließe sich leicht fortsetzen – erst recht, wenn man noch die vielen wachsenden Aufgaben im sozialen Bereich hinzunimmt.

Stadt sucht händeringend qualifiziertes Personal

Vor allem beim Dauerthema „Bauen“ lässt sich einiges über die Probleme der öffentlichen Verwaltung einer wachsenden Großstadt lernen: Sie sucht händeringend qualifiziertes Personal. Die Stadt konkurriert auf einem leer gefegten Fachkräftemarkt mit der Bauwirtschaft, die nicht selten besser bezahlt. Mit dem Druck, die anstehenden Aufgaben zur Zufriedenheit möglichst vieler zu erledigen, wächst die Arbeitsbelastung in den zuständigen Abteilungen, aus der schnell auch die Überlastung Einzelner werden kann. Die Personalprobleme sind trotz vieler Neueinstellungen immer noch gravierend. Gleichzeitig gelingt es nicht schnell genug, Prozesse zu vereinfachen. Bei einem komplizierteren Bauprojekt sind bis zu 35 verschiedene Dienststellen der Stadtverwaltung zu beteiligen.

Allerdings: Was hier uneffizient erscheint, ist auch die Folge vielfältiger Interessenabwägungen, der Sorge um Rechtssicherheit und eines immer umfänglicheren demokratischen Beteiligungsprozesses. Das, was in die komplexen Prozesse einfließt, ist auch von Bürgern gewollt: So werden Umweltbelange und Verkehrsbelastungen geprüft, verschiedene Interessen von Anwohnern, Wirtschaft und gesellschaftlichen Gruppen unter einen Hut gebracht, die Beteiligung von Bürgern und Verbänden gesichert – und am Ende soll ein Ergebnis rauskommen, das vor Gericht besteht, falls jemand dagegen klagt.

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Mehr Transparenz würde helfen, solche Abwägungsprozesse verständlich zu machen. Klar ist aber auch: Alle Bestrebungen zur Beschleunigung haben Grenzen. „Mir sind berechenbare Verfahren lieber als schnelle, die das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip in Frage stellen“, sagt Bernhard Frevel, Professor für Sozialwissenschaften an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung. Dass so viele ihre Verwaltung ineffizient finden, habe auch mit einem allgemeinen Trend zu tun. „Der Staat, der einerseits stark gefordert wird, wird andererseits von einigen politischen Kräften in Frage gestellt.“

Besondere Problematik in Köln

Der Experte bestreitet nicht, dass es auch „faktische Probleme“ gibt. Bei komplexeren Fragen müsse besser gesteuert werden. Was Frevel für alle Kommunen sagt, scheint in Köln eine besondere Problematik. Eine gute Steuerung ist nicht nur eine Frage der Organisation. Sie setzt auch voraus, dass jeder weiß, welchem Ziel sich alle an einem Prozess Beteiligten unterzuordnen haben. Was will die Kölner Verwaltung befördern, was behindern? In vielen Bereichen herrscht Unklarheit. Was ist wichtiger: Eine neue Schule oder eine Brachfläche, die dafür geopfert wird? Was soll im öffentlichen Raum das Image der Stadt prägen? Was macht man mit integrierten Flüchtlingen ohne langfristiges Aufenthaltsrecht: Abschieben oder Spielräume nutzen, damit sie bleiben können?

Ein weiteres Problem: In Verwaltungen herrscht eine mangelhafte „Fehlerkultur“, so Experte Frevel. „Bei manchen Problemen fragen wir zu wenig, was wir warum falsch gemacht haben. Es sollte weniger nach Schuldigen gesucht werden als nach Problemursachen.“ Solange das nicht geschehe, gehe keiner mehr ein Risiko ein – „und das wirkt dann wieder ineffizient“.

Ideen für die Zukunft

Andere Fehlerkultur, klare Verantwortlichkeiten

Man braucht nicht unbedingt eine große Verwaltungsreform, um wichtige Projekte zu beschleunigen. Dazu genügt ein Blick in die Vergangenheit, als die Stadtspitze noch eine Doppelspitze war. Damals hat ein Oberstadtdirektor mit klaren Regeln und regelmäßiger Berichterstattung von Mitarbeitern, die vorher als Verantwortliche benannt worden waren, für Tempo gesorgt. Die Vergangenheit lässt sich nicht zurückholen. Die Organisation wichtiger Projekte ließe sich aber anders organisieren als zurzeit. Doch wenn man Erfolg und dann auch Misserfolg mit klar benannten Mitarbeitern verbinden will, muss man eine Unternehmenskultur etablieren, die Mut zum Risiko ermöglicht, das Lernen aus Fehlern propagiert und niemanden im Regen stehen lässt, wenn etwas mal schief läuft.

Die Entmachtung der Verhinderer

Natürlich ist die Beteiligung vieler Dienststellen die Folge von komplexer werdenden Verfahren. Doch dass so vieles gebremst oder verhindert wird, was die Stadt weiter bringen würde, hat auch damit zu tun, dass vielen das Bewusstsein fehlt, Dienstleister und „Möglichmacher“ sein zu müssen – anstatt Verwalter und Bedenkenträger. Wenn die Ziele klar sind, muss alles dem Erreichen untergeordnet werden. Wenn in verwaltungsinternen Abstimmungsrunden Prozesse enden, weil einer sein Veto einlegt, stimmt etwas nicht. Nicht jedes Interesse kann gleichermaßen berücksichtigt werden. Sonst werden Wohnungen und Schulplätze nicht in erforderlichem Maße entstehen. Sonst ersticken gute Ideen für die Kultur der Stadt im Keim. Die Verhinderer müssen entmachtet werden.

Mehr Transparenz, mehr Bürgernähe

Wer etwas über den Stand von wichtigen Entwicklungsprozessen in der Stadt wissen will, muss lange suchen. Die Internetseite der Stadt ist ein Sammelsurium von Reklame und bunten Bildchen, aber nur selten ein bürgerfreundlicher Helfer, der Beteiligung fördert. Online-Dienstleistungen gibt es bereits einige, es könnten deutlich mehr sein.

Wenn es darum geht, über Politik und Verwaltungshandeln zu informieren, ist die städtische Internetpräsenz noch ganz weit unter ihren Möglichkeiten. Kaum ein Bürger durchschaut das Zuständigkeitswirrwarr; die Stadt muss es erklären. Sich zu informieren, muss Spaß machen und einfach sein.

Bürgernähe heißt auch, in einer verständlichen Sprache – zum Beispiel in Bescheiden und Formularen – zu kommunizieren. Die Beteiligung von Bürgern an Entscheidungsprozessen ist wichtig. Wenn sie aber nicht nur den Vernetzten und gut Informierten vorbehalten sein soll, müssen neue Verfahren entwickelt werden. Menschen, die sich zur Zeit noch nicht beteiligen, müssen teilhaben. Bürgerbeteiligung ersetzt aber natürlich keine Beschlüsse demokratisch legitimierter Stadträte. Zur Transparenz gehört darum auch, die Spielregeln klar zu kommunizieren.

Gute Leute besser bezahlen

Das Tarifsystem im Öffentlichen Dienst erschwert es, mit der Wirtschaft um Spitzenpersonal zu konkurrieren. Die Forderung nach einer besseren Bezahlung der guten Leute ist ein heißes Eisen. Doch die Aufgaben in einer Großstadtverwaltung sind so komplex und anspruchsvoll, dass man für ihre Bewältigung viele gute Leute braucht.

Das läuft bereits

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat die Verwaltungsreform zu ihrem wichtigsten Projekt für die Amtszeit erklärt. Einiges gelingt, anderes nicht. Und: Alles braucht Zeit. So ist im Umfeld der OB zu hören, dass es bislang nicht gelang, eine Stimmung zu erzeugen, die alle Verwaltungsangestellten und Beamten für Veränderungen begeistert. Vorbildliche Projekte sollen motivieren und die Richtung vorgeben: 150 konkrete „Reformvorhaben“ für eine bessere Steuerung und Koordinierungen des Verwaltungshandels in ausgewählten „Pilotämtern“ wurden ausgewählt.

Unter Ex-OB Jürgen Roters wurde ein Maßnahmenkatalog zur Beschleunigung der Baugenehmigungsprozesse erarbeitet. In Rekers OB-Büro wird dezernatsübergreifend die Umsetzung gesteuert. Die Stadt setzt hier vor allem auf die Digitalisierung. Es wird eine elektronische Bauakte geben, sodass die zuständigen Dienststellen parallel arbeiten können. Die Digitalisierung führt zu mehr Standardisierungen und im besten Fall auch zu mehr Transparenz. Die Digitalisierung verlangt nicht nur die Anschaffung einer neuen Software, sie erfordert auch die vollkommene Umgestaltung der Arbeitsplätze. Das Tempo bei der Bearbeitung von Bauanträgen ist in den vergangenen Monaten bereits erhöht worden. Für eine einfache Baugenehmigung sind im Durchschnitt sechs bis sieben Monate nötig, für komplexere Verfahren sieben bis acht, so Baudezernent Markus Greitemann.

Zu weiteren Musterprojekten der Verwaltungsreform gehört eine schnellere Stellenbesetzung im Zuständigkeitsbereich des Amtes für Kinder, Jugend und Familie. In den Bereichen Straßenbau wird an besseren Vergabeverfahren gearbeitet. Bei der Auftragsvergabe für die Straßenreinigung soll eine zentrale Stelle im Amt für Straßen und Verkehrstechnik zuständig sein – statt bislang sieben verschiedenen Dienststellen.

Bei der Besetzung der freien Stellen im Baubereich hat die Stadt Fortschritte erzielt. Mit vielen Initiativen wird um qualifiziertes Personal geworben. Für den Schulbau wird nach neuen und ergänzenden Organisationsformen gesucht.