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Kölner Mieter sollen ausziehenVermieter lässt mehr als 20 Parteien im Kalten sitzen – Bewohner verzweifelt

Lesezeit 4 Minuten
Häuserfassade in der Keupstraße

Eine Häuserfassade in der Keupstraße. Hier wurde den Mieterinnen und Mietern die Heizung abgestellt.

Eine mittelfristige Lösung sei nicht möglich: Ein Kölner Vermieter hat über 20 Parteien seines Mietshauses die Heizung abgestellt und empfohlen, auszuziehen.

Noch meint die Sonne es gut mit Mehmet Karatas und seinen Nachbarn. Die Temperaturen erfordern aktuell keine Heizung. Das wird sich jedoch bald ändern. Und dann wird es kalt in der Keupstraße. Denn der Vermieter hat Karatas und seinen Nachbarn, insgesamt über 20 Mietparteien, kurzfristig die Heizung abgestellt. Und ihnen empfohlen, auszuziehen.

„Seit knapp zwei Wochen hängt der Zettel da“, sagt Karatas und deutet die Treppe im Hausflur hinunter. Ein Brief der Hausverwaltung, der ankündigt, dass die Heizung stillgelegt worden sei, deswegen im Winter nicht zur Verfügung stehe. Die Mieter müssten sich darauf einrichten, dass ihre Wohnung im Winter „unbewohnbar“ sei.

Heizung stillgelegt, Alternative wegen Brandgefahr verboten

Der Vermieter, die Cologne Business Center GmbH, teilt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit: „Zu unserer großen Überraschung stellte der städtisch beauftragte Schornsteinfeger jüngst erhebliche Sicherheitsmängel an der Heizung fest und legte diese in der Folge still.“ Man habe Fachfirmen angefragt, doch diese hätten abgewunken: ein Großauftrag, der die Statik des Hauses beträfe und dazu den Denkmalschutz. Eine mittelfristige Lösung ist laut Vermieter mit Verweis auf die externe Einschätzung nicht möglich. Das teilte der auch den Mietern auf dem Zettel im Hausflur mit.

Man habe sich um eine kurzfristige Alternative bemüht, beteuert die Cologne Business Center GmbH. Allerdings hätten die beauftragten Firmen davon abgeraten, Elektroheizkörper zu verwenden. Die Elektrik des Hauses sei veraltet, elektronische Heizkörper würden sie überlasten und eine Brandgefahr darstellen. In seinem Schreiben im Hausflur untersagt der Vermieter sogar ausdrücklich die Nutzung solcher Heizkörper.

Vermieter muss dafür sorgen, dass die Wohnung warm ist

Als es in der vergangenen Woche zum ersten Mal nach dem Sommer etwas kälter wurde, hat Mehmet Karatas den Ofen angemacht. „Wir haben hier ein zweijähriges Kind zuhause. Ich muss die Wohnung warm bekommen.“ Aus rechtlicher Sicht ist der Vermieter derjenige, der die Wohnung warm bekommen muss. In der Heizperiode seien Vermieter und Hausverwalter verpflichtet, die Betriebsfähigkeit der Heizungsanlage sicherzustellen, wie der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) mitteilt. Gesetzliche Regelungen, wann diese Heizperiode beginnt, gibt es zwar nicht. Aus der Rechtsprechung habe sich aber der 1. Oktober ergeben, so WiE.

Der Kölner Anwalt Jakob Heering vertritt einen der betroffenen Mieter. Den Vermieter habe er aufgefordert, das Problem zu beheben. Bis zum Montagmittag hat der sich nicht gerührt – sollte dies so bleiben, werde er den Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Gericht beantragen. Gäbe das Gericht dem statt, „würde das den Vermieter dazu verpflichten, die Beheizbarkeit der Wohnung wiederherzustellen. Und sie wäre dann grundsätzlich mit Zwangsmitteln, zum Beispiel durch Zwangsgelder, vollstreckbar.“

Vermieter empfiehlt Mietern, auszuziehen

Allzu viel Hoffnung macht Karatas sich dennoch nicht. „Dann zahlen sie halt die Strafe.“ In der Keupstraße macht sich die Vermutung breit, der Vermieter wolle die Mieter aus den Wohnungen haben. Dazu passt ein Satz aus dem Brief der Hausverwaltung: Die Situation rund um die Heizung sei „nicht tragbar, weshalb wir Ihnen dringend empfehlen, eine neue Wohnung zu beziehen.“

Nicht nur aufgrund dieses Satzes scheint die Skepsis der Mieter gegenüber dem Vermieter groß zu sein. „Egal, was kaputtgeht: Es wird nicht repariert.“ Ob Waschbecken oder Fenster: Was kaputt sei, müsse man selbst reparieren. Bei der Heizung geht das nicht. Und so steuern einige Mieter in der Keupstraße auf einen ungewissen Winter zu.

„Was bringt uns die Mietminderung, wenn wir frieren?“

Eine kaputte Heizung, das ist in Köln kein Einzelfall. Dass eine Wohnung nicht mehr beheizt werden kann, käme durchaus mal vor, sagt der Kölner Anwalt Jakob Heering. Solche Fälle hätte er schon gehabt. „In dieser Dimension ist das allerdings etwas Neues.“

Aus rechtlicher Sicht ist eine kalte Wohnung ein Mietmangel. Und berechtigt damit zur Mietminderung. In der Vergangenheit hatten Gerichte in Hamburg und Berlin entschieden, dass der komplette Ausfall in den Wintermonaten sogar eine Mietminderung von 100 Prozent, allein im Januar immerhin von 50 Prozent rechtfertige. Karatas kennt sein Recht, lächelt etwas gequält. „Was bringt uns die Mietminderung, wenn wir frieren?“