Erinnerung an die FlutkatastropheWagenbauer Jacques Tilly gestaltet Flutwagen
Köln/Düsseldorf – Als Joachim Josef Johänning (68) am 14. Juli 2021 Bad Münstereifel in Richtung Schuld verlässt, um zu seinem Zweitwohnsitz Aremberg zu fahren, ahnt er nicht, wie knapp er der bevorstehenden Flutkatastrophe entkommt. Im Rückblick fällt ihm ein, dass die auf dem Fluss schwimmenden Enten fast die Brückenbögen mit ihren Köpfen berührten, aber warum er das Erfttal und damit den sonst üblichen Weg in Schönau Richtung Nettersheim verlässt, umschreibt er heute mit „Intuition“. Ein Gefühl, das ihm vielleicht das Leben gerettet hat.
Ein Jahr später will er aus Dankbarkeit den Opfern dieser verheerenden Flut helfen. Deshalb hat der Mann, der im richtigen Leben Eigentümer und Betreiber des Kulturhofs „Quartier ’8“ im Düsseldorfer Stadtteil Flingern ist, eine Privatinitiative mit seinem Bruder Johannes Johänning (66) gestartet, und beim renommierten Wagenbauer Jacques Tilly einen Wagen in Auftrag gegeben.
Jacques Tillys Flutwagen soll Aufmerksamkeit schaffen
„Politik, Bürokratie und Versicherungen sind nach wie vor gefordert und dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Bisher sind keine zehn Prozent der öffentlichen Hilfen bei den Opfern angekommen“, sagen die „JoJo“-Brüder. „Und die Zeit des Wartes ist lang, ein quälender Dauerzustand, trotz der sensationellen Hilfsbereitschaft der freiwilligen Helfer.“ Der Wagen soll Öffentlichkeit schaffen, der Bevölkerung ins Gedächtnis rufen, dass auch weiterhin Hilfe dringend benötigt wird in den Katastrophengebieten an Erft und Ahr.
Ein Ansinnen, dem sich auch Wagenbauer Tilly, den der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Urlaub in Südfrankreich erreicht, unbedingt anschließt. „Das ist doch absurd, dass Versicherungen für ein kaputtes Haus, das längst planiert wurde, nicht bezahlen, weil sie noch ein Gutachten wollen.“ Den Wagen habe man für ein längeres Leben zusätzlich mit Stoff kaschiert, „der ist wetterfest und könnte auch einen Sturmregen aushalten“.
Einen Wagen zur Flutkatastrophe hatte auch Holger Kirsch, Leiter des Kölner Rosenmontagszuges, geplant. „Im Team der Kritzelköpp stand die Flutkatastrophe an Ahr und Erft natürlich ganz oben auf der Liste der relevanten Themen für den Rosenmontagszug 2022.“ Man hatte sogar schon ein sogenanntes Vormodell in Miniatur gebaut. „Allerdings konnten wir dann aufgrund der Corona-Situation nicht alle der eigentlich geplanten 24 Wagen zu Ende bauen.“ Bei dem letztendlich als Friedensdemonstration umgesetzten Zug waren 15 fertige Wagen im Stadtgebiet aufgestellt worden.
Den Wagen außerhalb der Session zu finalisieren, komme für das Festkomitee allerdings nicht in Frage, auch wenn Kirsch die Not der Opfer sieht. „Gerade jetzt zum Jahrestag der Katastrophe sehen wir, wie nötig es leider immer noch ist, auf die quälend langsamen Wiederaufbauarbeiten hinzuweisen.“