Die Zahl der Sexualdelikte in Köln steigt seit 2021 deutlich. Was sind die Gründe? Ein Einblick in die Statistik der Polizei.
Das Beste aus 2023Das ist über Täter von Sexualdelikten in Köln bekannt
Wie ist der Stand der Ermittlungen nach dem mutmaßlichen sexuellen Missbrauch eines 13-jährigen Mädchens im Agrippabad am 17. September durch drei Jugendliche und fünf junge Männer?
Bislang hat die Polizei die 13-Jährige zu dem Geschehen befragt und erste Zeugen angehört, weitere Zeugenvernehmungen stehen noch aus. Im Anschluss sollen die acht Beschuldigten (3x16, 3x21, 22, 26 Jahre) vorgeladen werden, um ihre Sicht der Dinge zu erfahren. Bislang haben sie sich nicht zu den Vorwürfen geäußert. Nach Angaben der Polizei sollen sie die 13-Jährige im Außenbereich des Bades bedrängt und belästigt haben, ein 16-Jähriger soll ihr in die Bikinihose gegriffen haben. Das Mädchen hatte sich an die Bademeister gewandt.
Dieser Text gehört zu unseren beliebtesten Inhalten des Jahres 2023 und wurde zuerst am 3. Oktober veröffentlicht. Mehr der meistgelesenen Artikel des Jahres finden Sie hier.
Wie viele Sexualdelikte in Köln wurden dieses Jahr schon bei der Polizei angezeigt – und was sind das für Taten?
In den ersten acht Monaten des Jahres wurden laut Polizei rund 1500 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung angezeigt, also im Schnitt etwas mehr als sechs pro Tag. In den meisten Fällen geht es um den Straftatbestand des „Ausnutzens sexueller Neigungen“. Darunter fällt vor allem die Verbreitung von pornografischen Bildern oder Videos, häufig auch kinderpornografisches Material. Etwa ein Viertel aller Anzeigen bezieht sich auf sexuellen Missbrauch, oft geht es hierbei um exhibitionistische Handlungen. Fast ebenso häufig wie Missbrauch wurde laut Polizeistatistik eine sexuelle Belästigung angezeigt – also sexualisierende Bemerkungen oder auch körperliche Berührungen. Hinzu kommen Fälle von Vergewaltigung, Nötigung und sexuellen Übergriffen.
Wie haben sich die Zahlen in den vergangenen drei Jahren entwickelt?
Für das laufende Jahr nennt die Polizei nur Tendenzen, die absoluten Zahlen werden erst im Frühjahr 2024 mit der Kriminalstatistik vorgestellt. Doch seit 2021 steigen die Zahlen in nahezu allen Bereichen sexueller Gewalt. Besonders deutlich ist der Anstieg bei Fällen von sexueller Belästigung und dem Ausnutzen sexueller Neigungen. Aber auch körperliche Übergriffe und schwere Fälle von Nötigung sowie Vergewaltigungen werden seit 2021 immer häufiger angezeigt.
Was sind die Gründe für den Anstieg?
Folgt man den Erklärungen der Polizei, gab es Fälle sexueller Gewalt immer schon, aber öfter als noch vor einigen Jahren wenden sich die Opfer zunehmend auch an die Polizei. „Sexualdelikte, darunter auch Nötigungen und Beleidigungen auf sexueller Basis, werden offensichtlich häufiger, frühzeitiger und niedrigschwelliger zur Anzeige gebracht“, sagt Polizeisprecher Carsten Rust. Vor allem seit der Kölner Silvesternacht 2015 mit massenhaften Übergriffen auf Frauen vor dem Hauptbahnhof sind die Anzeigenzahlen in dem Bereich deutlich gestiegen – und steigen bis heute. „Ergänzend ist hier zu berücksichtigen, dass die Restriktionen während der Corona-Pandemie zwangsläufig zu deutlich weniger Tatgelegenheiten und damit auch deutlich geringeren Fallzahlen geführt haben“, sagt Rust. Nach dem Abklingen der Pandemie seien die Fallzahlen dann „erwartungsgemäß“ wieder deutlich angestiegen.
Wo finden die meisten Taten statt?
Vor allem im häuslichen Umfeld – laut Polizeistatistik wurden 2021 in Köln 33 Prozent aller Taten in einem Wohnhaus begangen, im Vorjahr 28 Prozent. In Bussen, Zügen und Bahnen geschahen 2021 fünf Prozent aller Taten, im Vorjahr acht Prozent. Geografisch werden in Köln die meisten Fälle sexueller Gewalt aus dem Bereich der Polizeiinspektion 1 (Innenstadt) gemeldet. Dahinter folgt die Inspektion 6, zuständig für den Südosten der Stadt mit unter anderem Kalk, Ostheim, Poll und Porz. Die wenigsten Taten wurden aus der Polizeiinspektion 2 im Südwesten gemeldet, also etwa in Meschenich, Lindenthal, Sülz, Hahnwald oder Rodenkirchen.
Was teilt die Polizei über die Opfer mit?
Grundsätzlich gibt es in der Statistik etwas weniger Opfer als angezeigte Taten, weil manche Menschen mehrfach betroffen waren. Im Jahr 2021 stammten 46 Prozent der Opfer und Täter aus derselben Familie oder kannten sich aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. Im Vorjahr hatten 36 Prozent der Täter und Opfer eine solche sogenannte Vorbeziehung.
Was ist über die Täter bekannt? Woher stammen sie?
Neun von zehn Tatverdächtigen sind laut Statistik männlich. 65 Prozent hatten 2021 die deutsche Staatsangehörigkeit – im Vorjahr waren es 61 Prozent. Weiter schlüsselt die Polizei auf: Unter den insgesamt 1456 Tatverdächtigen im Vorjahr bildeten türkische Staatsangehörige mit 63 Personen (vier Prozent) die größte Gruppe unter den Nichtdeutschen. 61 Tatverdächtige waren Iraker (vier Prozent), weiterhin stammten 39 Verdächtige aus Afghanistan, 38 aus Syrien (jeweils drei Prozent), 30 aus Rumänien und 27 aus Italien (jeweils zwei Prozent). Bei den tatverdächtigen Jugendlichen und jungen Männern aus dem Agrippabad handelt es sich laut Polizei um vier Syrer, drei Türken und einen Iraker.