Ubierring in KölnStreit um Zukunft des ehemaligen Völkerkundemuseums
Köln – Im ehemaligen Kammerspiel-Saal werden die letzten Exponate für den Umzug vorbereitet. „Die Indianer sind schon weg, von den Khmer sind noch ein paar Kisten da“, sagt Gertrud Borsch, die durch die Räume des ehemaligen Völkerkundemuseums am Ubierring führt. In dem Saal, der mal als Cafeteria fürs Theater genutzt wurde, warten Instrumente des Gamelan-Orchesters auf den Abtransport. Dort, wo mal Bühnenbilder gebaut wurden, wird an der Digitalisierung der großen Fotosammlung des Museums gearbeitet, während im Untergeschoss Speditionsmitarbeiter an einer Kiste basteln, in der später ein Paar überdimensional große Holz-Ski eingepackt werden.
Es herrscht eine eigentümliche Stimmung in diesem schmucken Haus am Ubierring mit seinem prachtvollen Treppenhaus. Über 110 Jahre war es Kunst, Kultur und Theater vorbehalten. 1906 wurde es als Aushängeschild der neuen Südstadt eröffnet, um der Sammlung des Völkerkundlers Wilhelm Joest ein Zuhause zu geben. Seine Schwester Adele und ihr Mann Eugen Rautenstrauch hatten die Sammlung der Stadt geschenkt und beim Bau des imposanten Hauses geholfen.
Im Rathaus wurde lange darüber diskutiert, was aus dem Haus werden soll, wenn der Umzug des Rautenstrauch-Joest-Museums (RJM) ins Kulturquartier am Neumarkt abgeschlossen sein wird. Faszinierende Pläne wie das Projekt „Luxet“ mit Programmkinos und Räumen für die freie Kulturszene scheiterten, weil zu wenig Zuschüsse für Sanierung und Umbau bereit standen. Jetzt haben es CDU und FDP als Interimsquartier für das Römisch-Germanische Museum (RGM) ins Gespräch gebracht. Doch das RGM will nicht.
Stadtrat soll zehn Millionen Euro für den Kauf eines Modehauses bewilligen
Die Kulturverwaltung will, dass der Stadtrat am Donnerstag dem Kauf des ehemaligen Modehauses Sauer in der Minoritenstraße zustimmt. Sie geht davon aus, dass man dafür rund zehn Millionen Euro auf den Tisch legen muss. Was eine Herrichtung für die vorrübergehende Nutzung des Römisch-Germanischen Museums kosten würde, hat sie bislang nicht gesagt.
Marcus Trier, Chef des Römisch-Germanischen-Museums, hält das alte Kaufhaus für eine ideale Lösung. Hier fänden nicht nur die Büros des Museums und der ihm zugeordneten Denkmalpflege Platz. Es gäbe einen Keller mit Schwerlastregalen, aber vor allem auch die Möglichkeit, auf 1400 Quadratmetern barrierefrei einige Stücke aus der Sammlung des Museums zu zeigen. Die großen und schweren Ausstellungsstücke des Museums würden allerdings während der Sanierung im alten Haus bleiben und dort entsprechend gesichert. Die unmittelbare Nachbarschaft des Modehauses ermögliche eine unkomplizierte und ständige Begleitung der Sanierungsarbeiten.
Mehrere Alternativen seien geprüft worden, sagen Trier wie Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Sie kämen nicht in Frage oder seien nicht so gut geeignet wie das ehemalige Modehaus. Die Verwaltung drängt auf einen schnellen Entschluss, weil die Zeit knapp werde. Viele Ratspolitiker fühlen sich von diesem Vorgehen überrannt. (fra)
„Im September ist das Haus besenrein“
Noch gilt die Verabredung, die Politik und Verwaltung in der letzten Ratsperiode getroffen haben: Wenn die letzten Museumsmitarbeiter und Spediteure das Haus verlassen haben, soll es verkauft werden – am liebsten an jemanden, der weiterhin eine kulturelle Nutzung anbieten kann. Doch ob sich so jemand finden lässt, ist fraglich. Wenn es beim Verkaufsplan bleibt, ist das Ende absehbar. Im Juli soll der Umzug des Rautenstrauch-Joest-Museums abgeschlossen sein, verspricht Museumschef Klaus Schneider. „Im September ist das Haus besenrein.“Beim Gang durch das Gebäude mit prächtiger Fassade, hinter der sich zweckmäßige Museumsarchitektur mit einer repräsentativen Innengestaltung eines Gründerzeitbaus verbindet, kann man sich nur schwer vorstellen, dass man dieses Gemäuer für andere Zwecke als kulturelle nutzen kann: Musik, Theater, Konzerte, Ausstellungen, Tanz, Filmkunst und Partys – all das ist hier machbar. Es fehlt an Brandschutzmaßnahmen und ausreichenden, funktionsfähigen Sanitäranlagen. Für Ausstellungen wertvoller Exponate müsste man noch etwas an der Klimatechnik tun. Doch das ließe sich wohl mit überschaubarem Aufwand bewerkstelligen.
Zieht das Römisch-Germanische Museum übergangsweise ein?
Reicht das für eine Nutzung als Übergangslösung für das Römisch-Germanische Museum aus, wenn dessen Stammhaus am Dom ab Januar saniert wird? CDU und FDP bejahen die Frage. SPD, Grüne und Linke stützen dagegen die Meinung der Kulturverwaltung, die für das Museumsinterim lieber das ehemalige Modehaus Sauer in der Minoritenstraße kaufen will. Ob am Donnerstag im Stadtrat entschieden werden kann, ist noch offen. Die Partner im schwarz-grünen Ratsbündnis suchen noch nach Möglichkeiten, möglichst nicht gegeneinander abstimmen zu müssen.Befürworter und Gegner der Idee, das Römisch-Germanische Museum vorrübergehend an den Ubierring zu schicken, werfen sich gegenseitig vor, mit falschen Informationen über den Zustand der Bausubstanz zu täuschen. Das ehemalige Museumsgebäude müsste aufwendig, teuer und lange saniert werden, sagen die Gegner. Das Haus sei „feucht“. „Museal nicht verwertbar“, lautet das harte Urteil des Chefs des Römisch-Germanischen Museums Marcus Trier. Er wirft den Befürwortern eine „irreführende Diskussion“ vor. Sein Kollege vom Rautenstrauch-Joest-Museum unterstützt die Position. Das Gebäude sei „völlig ungeeignet“ und „von oben bis unten sanierungsbedürftig“, so Schneider. Kulturdezernentin und Oberbürgermeisterin stehen zu ihren Museumsleitern. Jörg Frank, Fraktionsvize und Geschäftsführer der Grünen, verweist auf die Untersuchungen zur Sanierung aus dem Jahr 2009, die dem Haus umfangreiche Mängel attestierten.
Kosten bislang reine Spekulation
Ralph Elster, Fraktionsvize der CDU und deren kulturpolitischer Sprecher, hält dagegen: Es gehe nicht darum, das alte Haus teuer zu sanieren, sondern darum, ein Interim zu organisieren. Vom Modehaus Sauer sei „man nach wie vor nicht überzeugt“, das ehemalige Museum am Ubierring bleibe eine gute und wahrscheinlich sogar kostengünstigere Idee.
Was welche Maßnahme kostet, ist bislang allerdings nicht mehr als Spekulation. Weder für das Modehaus Sauer noch für eine ausreichende Ertüchtigung des ehemalige RJM gibt es eine nachvollziehbare Kalkulation der Umbau- und Folgekosten. Die Sanierungskalkulation für das Haus am Ubierring aus dem Jahr 2009 spricht von 17 Millionen Euro für eine Generalinstandsetzung. Heute dürften es 20 Millionen Euro sein. Eine provisorische Zwischennutzung, wie sie nun diskutiert wird, war damals allerdings kein Thema.
Stadtrat soll zehn Millionen Euro für Kauf eines Modehauses bewilligen
Die Kulturverwaltung will, dass der Stadtrat am Donnerstag dem Kauf des ehemaligen Modehauses Sauer in der Minoritenstraße zustimmt. Sie geht davon aus, dass man dafür rund zehn Millionen Euro auf den Tisch legen muss. Was eine Herrichtung für die vorrübergehende Nutzung des Römisch-Germanischen Museums kosten würde, hat sie bislang nicht gesagt.
Marcus Trier, Chef des Römisch-Germanischen-Museums, hält das alte Kaufhaus für eine ideale Lösung. Hier fänden nicht nur die Büros des Museums und der ihm zugeordneten Denkmalpflege Platz. Es gäbe einen Keller mit Schwerlastregalen, aber vor allem auch die Möglichkeit, auf 1400 Quadratmetern barrierefrei einige Stücke aus der Sammlung des Museums zu zeigen. Die großen und schweren Ausstellungsstücke des Museums würden allerdings während der Sanierung im alten Haus bleiben und dort entsprechend gesichert. Die unmittelbare Nachbarschaft des Modehauses ermögliche eine unkomplizierte und ständige Begleitung der Sanierungsarbeiten.
Mehrere Alternativen seien geprüft worden, sagen Trier wie Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Sie kämen nicht in Frage oder seien nicht so gut geeignet wie das ehemalige Modehaus. Die Verwaltung drängt auf einen schnellen Entschluss, weil die Zeit knapp werde. Viele Ratspolitiker fühlen sich von diesem Vorgehen überrannt. (fra)