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AntisemitismusKölner Gesellschaft beobachtet mehr Judenfeindlichkeit schon vor dem 7. Oktober

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Pressegespräch der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V. zum Thema ‚Bildungsarbeit gegen Antisemitismus‘. Im Bild v.r. Dr. Marcus Meier, Prof. Dr. Jürgen Wilhelm und Klaus Roth.

Pressegespräch der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V. zum Thema Bildungsarbeit gegen Antisemitismus. Im Bild v.r. Marcus Meier, Jürgen Wilhelm und Klaus Roth.

Eine latent antisemitische Einstellung sei gerade unter den jüngeren Menschen bemerkbar, heißt es in einer Studie.

Nicht erst seit dem 7. Oktober 2023, aber auch anlässlich des ersten Jahrestages des Massakers der terroristischen Organisation Hamas an Hunderten Juden in Israel, fordert die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (KGCJZ) mehr Engagement von Politik und Bildungseinrichtungen gegen den zunehmenden Antisemitismus in Köln und ganz Deutschland. „Eine systematisierte Einführung von Lerninhalten an Schulen der Sekundarstufe II ist flächendeckend in ganz NRW zur Eindämmung von Antisemitismus und Rassismus dringend notwendig“, sagt der Vereinsvorsitzende Jürgen Wilhelm bei der Vorstellung des Herbstprogramms der Gesellschaft im Haus der Evangelischen Kirche an der Kartäusergasse.

„Latent antisemitische“ Einstellung beobachtbar

Doch nicht allein der traurige Jahrestag des Terrors und die dadurch auch medial im Fokus stehenden Eindrücke von Fassungslosigkeit böten Anlass für diesen Appell, betonen Wilhelm sowie Marcus Maier, Geschäftsführer der Gesellschaft, am Mittwoch. Belege für eine wachsende Juden- und Israel-Feindlichkeit liefert die Dunkelfeldstudie mit dem Titel „Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft von Nordrhein-Westfalen im Jahr 2024“. Vorgestellt wurde sie von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und der Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Demnach sei je nach Erscheinungsform bei acht bis 25 Prozent der Menschen im Land eine „latent antisemitische Einstellung“ vorzufinden; insbesondere in Bildungseinrichtungen und unter Schülerinnen und Schülern im Alter von 16 bis 18 Jahren. Etwa 38 Prozent der befragten Personen setzten den Staat Israel tendenziell mit der nationalsozialistischen Politik gleich.

„Hier muss dringend gegengesteuert werden, das vornehmlich jüngere Publikum, das seine Informationen vielfach vor allem aus sogenannten sozialen Medien bezieht, darf nicht nicht den Fake News und Verschwörungstheorien erliegen, die dort oftmals kursieren und als Grundlage zur Meinungsbildung dienen“, sagt Maier. Die seit drei Jahren existierende Aufklärungs-Kampagne der KGCJZ unter dem Namen „Refl:act – Kein Ort für Antisemitismus und Rassismus“ setzt hier an und hat Maier zufolge mit mehr als 30 Workshops, Projekttagen und Kursangeboten bisher circa 550 Schülerinnen und Schüler im Alter von elf bis 25 Jahren an zahlreichen Gesamtschulen, Gymnasien und Berufskollegs zwischen Ruhrgebiet, Köln und Aachen erreicht.

Wilhelm: Zunahme antisemitischer Äußerungen in Klassenzimmern

Dass die Fördermittelgeber auf Landes- und Bundesebene eine Finanzierung dieser Initiative des Vereins über das Ende des Jahres 2024 hinaus bislang nicht sicher zugesichert hätten, stimme ihn angesichts der „massiven Zunahme antisemitischer Äußerungen und Übergriffe in deutschen Klassenzimmern mehr als nachdenklich“, so Wilhelm am Mittwoch weiter.

Auch im vergangenen Jahr war das Projekt „Refl:act“ maßgeblich durch eine im vergangenen Winter durchgeführte Spenden-Verdopplungsaktion mit der Bethe-Stiftung und einer so eingeworbenen Summe in Höhe von 45.000 Euro finanziert worden, berichtet der Vorsitzende. Wilhelm und Maier hoffen nun neben dem politischen Willen zur Unterstützung auch auf Zusagen aus der Düsseldorfer Staatskanzlei von Minister Nathanael Liminski (CDU) und „eine Kurskorrektur in Bezug auf die politische Fort- und Ausbildung junger Menschen im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands“, wie Wilhelm formuliert.

Einen Beitrag dazu könne neben strukturell umgestalteten Bildungsplänen an Schulen auch neues Lernmaterial liefern, das die Mitglieder der Kölnischen Gesellschaft bereits entwickelt und angeboten haben. Auch das kürzlich in zweiter Auflage neu erschienene Buch „Bildungsarbeit gegen Antisemitismus“ von Marcus Maier und zwei Mitautoren und Autorinnen stößt ebenfalls in diese Lücke.

Darüber hinaus soll im Herbst das umfangreiche Programm der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit weiter für das Problem des Antisemitismus sensibilisieren und dessen Eindämmung fördern. Zu den Veranstaltungen zwischen Oktober und Dezember gehören unter anderem die drei jährlich durchgeführten Formate „Erinnerung an das Novemberpogrom 1938“ sowie „Da Pacem“ und das „Forum 321“.

Weitere Informationen auf den Seiten des Vereins im Internet: www.koelnische-gesellschaft.de