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Kölner AutohändlerGeschäftsführer kündigt Betriebsferien an und kommt nicht zurück

Lesezeit 4 Minuten

Die Autohaus-Mitarbeiter Jörg Wendeler (v.l.), Iris Eckenbach, Christina Schulte und Walter Root stehen vor verschlossener Tür.

Köln – Am Samstag, 16. Juli, lief der Betrieb im Autohaus „Carcom 24“ in Gremberghoven noch wie üblich. Am Montag danach war für die Mitarbeiter nichts mehr wie zuvor. „Wir machen Betriebsferien vom 18. Juli bis zum 1. August 2016“ hieß es auf Aushängen. Allerdings wusste die Belegschaft nichts davon.

Fünf Wochen später stehen Jörg Wendeler, Christina Schulte, Iris Eckenbach und Walter Root vor dem gläsernen Gebäude an der Von-der-Wettern-Straße und schauen in den Verkaufsraum, zu dem sie keinen Zugang mehr haben. Die „Betriebsferien“ dauern noch immer an, die vier Mitarbeiter von Carcom 24 sowie drei weitere Kollegen haben seit dem 18. Juli weder Job noch Einkommen.

„Wir vermuten, dass er in der Türkei ist“, sagt Jörg Wendeler, früher Verkäufer des auf Premiummarken spezialisierten Autohauses. Gemeint ist Geschäftsführer Vedat C., der sich offenbar aus dem Staub gemacht hat – zusammen mit etwa 20 Autos, die zum Teil schon verkauft waren. Ihr Wert: geschätzte 400000 Euro. Über seine Handynummer ist Vedat C. nicht erreichbar, sein Anwalt wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Mittlerweile interessieren sich auch die Ermittlungsbehörden für den Fall. Die Kölner Staatsanwaltschaft bestätigt bislang drei Anzeigen gegen den Geschäftsführer, sie stammten allesamt von Banken. Der Vorwurf laute auf Unterschlagung, so Staatsanwalt Daniel Vollmert. Denn die verschwundenen Autos waren offenbar mit Krediten bezahlt worden. Auf einige der noch übrig gebliebenen Fahrzeuge auf dem Hof des Autohauses hat mittlerweile eine Bank Anspruch angemeldet. „Sicherungseigentum“ steht auf Aufklebern an den Fahrzeugen. Bei der Polizei gingen bereits vor dem Verschwinden von Vedat C. Strafanzeigen wegen Unterschlagung ein. Der Mann sei polizeibekannt, so ein Sprecher. Es werde ermittelt.

Metin Günerhan kaufte am 15. Juli bei Carcom 24 einen Audi Q7, für den er vorab 32000 Euro an das Autohaus überwies. Das wollte damit einen bestehenden Leasingvertrag bei einer Bank ablösen. Ein paar Tage später kam Günerhan nach Gremberghoven, um den Wagen abzuholen, stand aber ebenfalls vor verschlossenen Türen. Seinen Audi hat er bis heute nicht. Die Mitarbeiter vermuten, dass Vedat C. den Q7 zusammen mit anderen Fahrzeugen in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli fortgeschafft hat.

Max Nepke fühlt sich aus ganz anderem Grund betrogen. Seinen im März bei Carcom 24 gekauften Mercedes Kombi gab er Mitte Juli für Reparaturarbeiten ab. „Am 20. Juli bin ich dorthin gefahren, weil ich keine Rückmeldung bekommen habe.“ An diesem Tag fand er sein Auto geparkt bei den übrigen Gebrauchtwagen – ohne Kennzeichen, aber mit einem Carcom-24-Schild an der Windschutzscheibe. „Es wurde zum Verkauf angeboten“, sagt Nepke, der nun per Gerichtsentscheid erreichen will, dass er den Wagen vom Gelände des Autohauses abschleppen darf. Weil er keinen Zugang zu seinen Autoschlüsseln hat, hat sich Nepke mittlerweile einen Ersatzschlüssel anfertigen lassen.

„Ich hatte schon lange den Eindruck, dass da was nicht stimmt“, sagt Iris Eckenbach. Das Autohaus sei hoch verschuldet gewesen, so die Ex-Buchhalterin. Trotzdem habe der Geschäftsführer weitere Kredite erhalten. Banken habe Vedat C. unter anderem unkorrekte Auto-Bestandslisten als Sicherheit überlassen. Nachdem sie ihm korrekte Listen übergeben habe, habe er wohl Autos vermerkt, die er gar nicht hatte. Bemerkt habe sie die mutmaßliche Manipulation aber erst später, sagt Eckenbach. Der Prokurist, den sie auf die Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht habe, habe sich nicht dafür interessiert.

In letzter Zeit sei es dann immer wieder zu merkwürdigen Anweisungen gekommen. Im Juni habe sie ihrem Chef die Schlüssel für den Showroom aushändigen müssen, so Eckenbach. Die Schlüssel für die Werkstatt und den Tresor sowie die Kundenkarte für das Geschäftskonto habe er von anderen Mitarbeitern kurz vor seinem Verschwinden verlangt. Die Mitarbeiter sind sich sicher, dass Vedat C. sein Verschwinden generalstabsmäßig geplant hat. Die Schlösser des Autohauses hat mittlerweile der Vermieter ausgetauscht.

Arbeitslosengeld bekommen die Mitarbeiter derzeit nicht. „Wir haben keinen Anspruch darauf, weil uns nicht gekündigt wurde“, so Eckenbach. Auch Insolvenzgeld gebe es keines, weil bisher kein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Auch das finden die Mitarbeiter ziemlich merkwürdig.