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„Man will mich nicht mehr“Bürgermeister Hupke rechnet mit den Grünen ab

Lesezeit 4 Minuten
11.04.2025, Köln: PK mit Bezirksbürgermeister Andreas Hupke.

Andreas Hupke (75), seit 20 Jahren Bezirksbürgermeister für die Kölner Innenstadt und Deutz, wirft seiner Partei, den Grünen, Altersdiskriminierung vor. Bei der Kommunalwahl will er als Einzelbewerber antreten. Foto: Dirk Borm

Der 75-Jährige lässt seine Parteimitgliedschaft ruhen und wird als Einzelbewerber bei den Kölner Kommunalwahlen antreten.

Für seinen politischen Paukenschlag hat sich Andreas Hupke (75) eine der kleinsten Bühnen der Stadt ausgesucht. Im Café des Atelier-Theaters an der Roonstraße sitzt der Grünen-Politiker, seit 20 Jahren Bezirksbürgermeister für die Innenstadt und Deutz am Freitag auf einer Mini-Bühne und liest eine sorgfältig vorbereitete Erklärung vor.

„Ich möchte auch in der nächsten Wahlperiode ein Stellvertreter und eine Stimme der Menschen sein, die in der Innenstadt-Deutz leben“, sagt Hupke. „Meine Partei, die Grünen, möchten das nicht. Man hat mir, für mich überraschend, mitgeteilt, dass ich schlicht zu alt sei. Das hat mich tief getroffen, auch deshalb, weil die Grünen immer eine Partei waren, die den Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung in ihrer DNA hatte.“

Deshalb habe er sich entschlossen, mit sofortiger Wirkung seine Mitgliedschaft bei den Grünen ruhen zu lassen und als Einzelkandidat anzutreten.

2020 holten die Grünen mit Hupke in der Innenstadt 45 Prozent

Die Frage, ob Hupke bei der Wahl im September den Wiedereinzug in die Bezirksvertretung schafft, dürfte sich nicht stellen. Vor fünf Jahren haben die Grünen dank seiner Popularität dort so richtig abgeräumt, mit fast 45 Prozent in der Innenstadt mit ihren rund 130.000 Einwohnern ein Rekordergebnis erzielt und wurde – zum zweiten Mal hintereinander – mit den Stimmen aller Vertreter, also auch von SPD, CDU, den Linken, den Klimafreunden und „Die Partei“ zum Bezirksbürgermeister gewählt. Die AfD ist im Innenstadt-Parlament nicht vertreten.

Warum die Grünen ihn loswerden wollen, sei Hupke erst nach und nach klargeworden. „Man muss schon seismografische Fähigkeiten haben, um zu spüren, was da abgeht. Man wird in öffentlichen Versammlungen nicht mehr erwähnt oder angesprochen. Hör mal, Andreas, Du bist zu alt, für ein Mandat in der Partei brauchst Du gar nicht mehr anzutreten. Wie können wir den Abschied versüßen?“

Vor eineinhalb Jahren habe es die ersten subtilen Andeutungen gegeben. Immer wieder sei in seiner Gegenwart der Begriff von den „alten weißen Männern“ gefallen. „Was mich stabil gehalten hat, waren die Menschen, die mir nahestehen. Ich bin Langstreckenläufer und habe auch einige Seminare über Mobbing mitgemacht.“

Kölner Bezirksbürgermeister Hupke: „Habe meinen eigenen Kopf“

Zunächst habe er sich darüber gewundert, doch das habe sich dann immer mehr verdichtet. Hupke spricht von „Machtstrippenziehern“ in Partei und Fraktion. „Und plötzlich sitzt man da und wird von Leuten angesprochen. Ach! Sie machen nicht mehr weiter?“

Ich habe meinen eigenen Kopf und immer für die Sache gestritten
Andreas Hupke (Grüne), Bezirksbürgermeister für die Innenstadt und Deutz

Hupke vermutet, dass er mit seiner unbequemen Art den Grünen immer mehr auf die Nerven gefallen ist. „Ich habe meinen eigenen Kopf, immer für die Sache gestritten, bewusst mein Herz auf der Zunge getragen und den Finger in die Wunden gelegt.“ Für ihn sei immer klar gewesen, „dass wir in der Bezirksvertretung Innenstadt keine Bündnisse schmieden. Das ist zwar schwieriger, aber auch demokratischer. So holt man am meisten raus. Und ich habe immer klargestellt, dass wir nicht der Blinddarm des Stadtrates, sondern ein eigenes Organ sind.“

Sollte er erneut in die Bezirksvertretung gewählt werden, wofür nach seiner Rechnung höchstens 1200 Stimmen nötig sein werden, werde „ich dann den Schäuble machen“. Die Herausforderungen für die Menschen, „die hier leben, sind enorm.“

Was folgt, ist die Aufzählung einer langen Liste von Problemen, angefangen mit dem Klimawandel. „In der Innenstadt ist es im Schnitt sechs Grad wärmer als in Lindenthal“, sagt Hupke. Und neben dem Klimawandel gebe es auch noch die Themen Wohnungslosigkeit, Partytourismus, Drogen, die Folgen der Starktrinkerszene, Verwahrlosung und Kriminalität.

Die Parteivorsitzenden der Grünen reagieren

„Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger gesagt, als Innenstädter müsse man hart gesotten sein. Das kann und darf nicht sein“, sagt Hupke. „Die Menschen, die hier leben, haben so gut wie keine Lobby mehr. Sie werden von Interessengruppen als nervige Querulanten, als alte weiße Frauen und Männer mit seniler Bettflucht und dem Wunsch nach ländlichen Verhältnissen diskreditiert.“

Die Parteivorsitzenden der Grünen, Kirsten Jahn und Cyrill Ibn Salem, reagierten auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit einem Satz auf die Vorwürfe: „Andreas Hupke ist ein langjähriges Mitglied unserer Partei und hochverdienter Bezirksbürgermeister. Wir bedauern seinen Schritt sehr und danken ihm für sein unermüdliches Engagement. Es gab zahlreiche Gesprächsangebote, über seine Zukunft in der Kommunalpolitik zu sprechen, die von ihm bedauerlicherweise nicht wahrgenommen wurden.“