AboAbonnieren

TerrorgruppeWas aus den Planern eines Anschlags auf den Kölner Dom geworden ist

Lesezeit 3 Minuten
01.01.2024, Köln: Wegen eines befürchteten Anschlags bewacht die Polizei den Dom. Die Silvesternacht blieb ruhig.
 Foto: Uwe Weiser

Wegen eines befürchteten Anschlags bewachte die Polizei rund um den Jahreswechsel den Dom.

Für Verhaftungen reichte die Beweislage bislang nicht aus. Die Staatsschützer griffen also zu anderen Mitteln.

Am 20. März hob der Flieger in Richtung der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe ab. An Bord befand sich Tohir M., ein 25-jähriger tadschikischer Flüchtling, der in Nörvenich im Kreis Düren gelebt hatte – und nun abgeschoben wurde. Der Mann soll nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu dem Kreis gehören, der im Auftrag der Terror-Miliz „Islamischer Stadt in der Provinz Khorasan“ (ISPK) Anschläge auf den Kölner Dom und den Wiener Stephansdom zum Jahreswechsel geplant hatte.

Nach Terrorwarnungen durch Nachrichtendienste wurden die Zugänge zum Dom damals wochenlang durch die Polizei überwacht. Im Hintergrund liefen Nachforschungen durch das Bundeskriminalamt (BKA) gegen etliche Verdächtige aus Zentralasien. Bisher reichte die Beweislage nicht aus, um die Mitglieder der Gruppe wegen dringenden Tatverdachts zu verhaften. Folglich griffen die hiesigen Staatsschützer zu anderen Mitteln, um die Bedrohungslage zu entschärfen.

Terror-Verdächtiger nach Österreich ausgeliefert

So wurde der mutmaßliche Hauptakteur Mukhammadrajab B. auf Gesuch an die österreichische Justiz ausgeliefert. Die Wiener Strafverfolger führen ein Verfahren gegen den 30-jährigen Tadschiken und zwei Komplizen aus der Alpenrepublik. Mit einem von ihnen soll B. am 8. Dezember 2023 die Sicherheitsvorkehrungen am Stephansdom ausgespäht haben. Zuvor soll er die Schutzmaßnahmen am Kölner Dom per Handy gefilmt haben.

Alles zum Thema Polizei Köln

Weitere mutmaßliche Mitstreiter haben sich den Recherchen dieser Zeitung zufolge mittlerweile ins europäische Ausland abgesetzt: So etwa Said K. (Name geändert), der sich nun in Dänemark aufhalten soll.

Fakt ist, dass die Dom-Gruppe zu den Kontaktpersonen einer tadschikischen ISPK-Terrorzelle zählte, die im Juli 2023 durch das BKA und die Bundesanwaltschaft ausgehoben wurde. In Chats prahlte einer der verhafteten Fanatiker, dass es bald ein Blutbad geben werde.

Auffällige Reisebewegungen

Mahmud S. (Name geändert) soll zum engeren Kreis der ISPK-Terrorzelle und auch später zur Dom-Gruppe gehört haben. Die Ermittler registrierten bei dem 30-jährigen Usbeken auffällige Reisebewegungen in die Ukraine, nach Ungarn, Bulgarien oder auch nach Österreich. Bei der Rückkehr brachte der Usbeke stets zentralasiatische Flüchtlinge mit. Mahmud S. soll vor allem gefälschte Dokumente in der Ukraine und Bulgarien beschafft haben. Außerdem hatte er in seiner Wohnung in Münster im Frühjahr 2023 ein Treffen mit dem tadschikischen ISPK-Kommando organisiert. Ferner stellte das BKA fest, dass die Zelle bei ihm auch Pakete abholte, deren Inhalt bisher nicht geklärt wurde.

Bei seiner Einreise ein Jahr zuvor von der Ukraine über Polen nach Deutschland behauptete der 26-jährige Islamist, dass er in der ukrainischen Stadt Charkiw Pharmazie studiert habe und mit seiner Familie vor der russischen Invasion geflüchtet sei. Die Behörden hegen inzwischen erhebliche Zweifel an dieser Darstellung. Im Herbst 2022 geriet S. in eine Polizeikontrolle. Dabei stellten die Polizeibeamten ein Klappmesser sicher und leiteten ein Verfahren wegen Fahrens ohne Führerschein und verbotenen Waffenbesitzes ein, das gegen eine Geldauflage eingestellt wurde.

Nach Dom-Alarm festgesetzt und wieder freigelassen

Nach dem Terror-Alarm um den Dom, wurde S. ebenfalls im Zuge der Gefahrenabwehr festgesetzt. Dem Richter reichten allerdings die Beweise nicht aus. Er ließ den Usbeken wieder frei. Inzwischen hat Mahmud S. sich in die Niederlande abgesetzt, angeblich will er nach Dublin ausreisen.

Der Verdächtige hielt auch Kontakt zu einem deutsch-türkischen Hassprediger aus Herne, der im Zuge der Ermittlungen zum Dom-Anschlagsplan erneut ins Blickfeld der Ermittler rückte. Bereits zuvor war der Imam im Umfeld tadschikischer Terror-Kreise aufgetaucht. Laut BKA gilt seine Hinterhofmoschee „als Anlaufstelle von Personen aus dem dschihadistischen Spektrum“.

Der Deutsch-Türke war im Februar 2021 wegen der Unterstützung der Terror-Vereinigung „Islamische Bewegung Usbekistan“ zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Die Splittergruppe hat sich inzwischen ebenfalls dem afghanischen IS-Ableger in der Provinz Khorasan angeschlossen. Da der Prediger die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, erfolgten keine weiteren Maßnahmen.

Der letzte Dom-Verdächtige befindet sich ebenfalls auf freiem Fuß. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren in Bochum. Weitere Kontaktpersonen tadschikischer Terrorzellen halten sich weiter in NRW auf.