Die Travestiekünstlerin Catherrine Leclery war bis vor kurzem Teil der TV-Show „Queen of Drags“. In Köln arbeitet sie im Restaurant Oscar als Empfangsdame.
Die 49-Jährige wünscht sich, dass die Show eine größere Akzeptanz gegenüber alternativen Lebensentwürfen schaffe.
Denn: „Ich bin ein Künstler und kein Transsexueller.“ Wie ihr Leben als Mann und ihre Rolle als Frau aussieht und was die Dragqueen in Köln vermisst, lesen Sie hier.
Köln – Nach Köln kam Travestiekünstlerin Catherrine Leclery eigentlich nur, um hier ihren Urlaub zu verbringen. „Ich wollte gar nicht bleiben“, sagt die Brasilianerin. Dann traf sie Comedian Tom Gerhardt, der sie gleich für sein Stück „Voll Pervers“ engagieren wollte. „Ich bin 1995 acht Monate auf Tour mit ihm gegangen und dann geblieben. Von jetzt auf gleich“, sagt die 49-Jährige im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In Südbrasilien leitete die aus Porto Alegre stammende Dragqueen eine Modelagentur.
Mittlerweile lebt sie im Belgischen Viertel. Wir treffen sie im Restaurant Oscar auf der Mittelstraße, wo sie als Empfangsdame arbeitet. Mit ihren zehn Zentimeter hohen High-Heels, auf denen sie perfekt läuft, und ihrer Lockenmähne ist Leclery eine schillernde Persönlichkeit. Sie trägt Kreolen-Ohrringe, eine dunkle Pelzweste und auffälliges Make-Up.
Public Viewing der TV-Show „Queen of Drags“ in Köln
An ihrem Arbeitsplatz organisiert die Travestiekünstlerin, die im bürgerlichen Leben André de Oliveira e Silva heißt und ein Mann ist, wöchentlich ein Public Viewing der TV-Show „Queen of Drags“, die von Heidi Klum, Bill Kaulitz und Conchita Wurst moderiert wird. Bis letzte Woche stand die Kölnerin dort selbst noch auf der Bühne: in glamourösen Kostümen performte sie Hits wie „I’m Every Woman“ von Whitney Houston.
Doch im Halbfinale der Show schied sie aus. „Ich bin nicht traurig. Obwohl ich doppelt so alt bin wie die anderen, bin ich vierte geworden“, sagt sie nicht ohne Stolz. Zum Verhängnis war ihr das Motto „Horror“ geworden: Während die Jury eher einen gruseligen und blutigen Auftritt erwartete, trug die Brasilianerin eine soulige Ballade vor, in der sie den Verlust einer Liebe besang. Thema verfehlt? Keineswegs, findet Leclery : „Es gibt viele Facetten von Horror. Auch eine Liebe zu verlieren gehört dazu“.
Kölner Travestie-Star: Show soll größere Akzeptanz schaffen
Das Vorbild für die erste deutsche Dragqueen-Show ist das US-amerikanische Format „Ru Paul’s Drag Race“, das es bereits seit 2008 gibt. Dass Deutschland erst so spät auf den Zug aufgesprungen ist, bedauert die Travestiekünstlerin. „Hier braucht es Zeit, weil die Leute dem nicht trauen. Ich finde das schade“. Sie wünscht sich, dass die Show eine größere Akzeptanz gegenüber alternativen Lebensentwürfen schaffe. „Man sollte die Leute leben lassen und Respekt vor ihrem Leben haben“.
Die Kritik im Vorfeld der Show, Moderatorin Heidi Klum sei heterosexuell und daher keine angemessene Repräsentantin der Queer-Szene, winkt Leclery ab: „Ich finde das unberechtigt. Heidi ist eine weltweit erfolgreiche Frau und außerdem war sie nicht allein“. Mit Conchita Wurst und den wechselnden Gast-Jurorinnen wie die Dragqueen-Ikonen Amanda Lepore oder Olivia Jones sei die Szene doch perfekt verkörpert gewesen.
Kölner Travestie-Star: „Ich will keine Frau sein“
André oder Catherine, wer hat nun das Sagen? „Für mich sind beide gleichwertig. Ich will keine Frau sein, ich liebe es aber, eine zu spielen.“ Die Travestiekünstlerin hatte nie das Gefühl, im falschen Körper zu sein. „Ich bin ein Künstler und kein Transsexueller. Ich liebe es auch, wenn ich zuhause bin und meine Perücke abnehmen kann. Der Mensch ist derselbe. Catherine aber existiert, weil André das will.“ Eins hat Catherrine André aber voraus: „Sie bringt das meiste Geld nach Hause.“ Schiefe Blicke erntet André, wenn er in Frauengeschäften shoppen geht. „Denn ich kann besser auf hohen Schuhen laufen als Frauen“.
Aus ihrer Wahlheimat Köln kann sich Leclery gar nicht mehr wegdenken. Was sie jedoch alljährlich in die alte Heimat treibt: ausgerechnet der Karneval. „Hier müssen die Leute erst trinken, um gut gelaunt zu sein. In Brasilien, wo es warm ist, brauchen sie das nicht.“