Von Köln aus wird der Rover Idefix während seiner Mission auf dem Mars-Mond Phobos gesteuert werden
Kölner Erkundung des Mars-MondesWas Idefix bald im All zu suchen hat
Äußerlich hat Idefix, der Rover, nicht viel gemein mit Idefix, dem kleinen Hund an der Seite von Obelix. Aber die Aufgabe des Rovers ähnelt der des französischen Comic-Tierchens dann schon: ein unverzichtbarer Begleiter sein auf dem Weg ins Abenteuer. Und mit einer ausgezeichneten Spürnase wichtige Entdeckungen beisteuern. Arbeitsplatz des Rovers ist dabei nicht eine von Römern beherrschte Erde – sondern Phobos, einer der beiden Monde des Mars. Schnell wie ein kleiner Hund wird Idefix, der Rover, auch nicht sein. Er soll sich im Tempo einer Weinbergschnecke fortbewegen. Für die 100 Tage, die seine Mission dauern soll, ist eine Wegstrecke von maximal 100 Metern geplant.
Am Dienstag ist der 25 Kilogramm leichte Rover von der Größe einer Getränkekiste auf die erste Etappe seiner Reise gegangen. Die führt das von acht Instituten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mitentwickelte Technikwunder allerdings erstmal nur vom französischen Toulouse ins japanische Kamakura. Dort wird Idefix in das Mutterschiff der so genannten MMX-Mission integriert – der japanischen Erkundungsmission „Martian Moons eXploration“, an der das DLR und die französische Raumfahrtagentur Cnes mit dem gemeinsam gebauten Rover beteiligt sind. Im Kölner DLR-Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (Musc) wird aktuell ein Kontrollraum eingerichtet, von dem aus der Rover während der Mission in Zusammenarbeit mit den Kollegen in Toulouse gesteuert wird.
Vorfreude auf die Landung in vier Jahren
Der Start der Trägerrakete ist für 2026 vorgesehen, die Landung auf Phobos für 2028. Am DLR ist man dennoch bereits jetzt voller Vorfreude: „Das ist Technologie, die ganz neu und weltweit führend ist, da können unsere Institute zeigen, was sie können“, sagte die DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Oberpfaffenhofen, dem Sitz des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik.
Ziel der Mission ist es, Erkenntnisse über Phobos und seinen Kollegen Deimos zu sammeln. Die beiden geheimnisvollen Monde des Mars wurden 1877 entdeckt und sind seither Gegenstand vielfältiger Spekulationen von Astrowissenschaftlern. Sind sie vom Mars eingefangene Asteroiden? Enthalten sie möglicherweise die Bausteine des Lebens, die einst wie auch immer auf die Erde gelangten und hier die Evolution in Gang setzten? Oder sind die beiden kleinen Monde Überbleibsel eines massiven Impacts, dem der Mars vor Millionen von Jahren ausgesetzt war? Können sie also vielleicht etwas darüber erzählen, ob es auf dem Mars mal Leben gab? Und es stellt sich auch eine Frage rein praktischer Natur: kann Phobos als Zwischenstation einer bemannten Mission zum Mars dienen? Diese ist schließlich aktuell das große, übergeordnete Ziel aller menschlichen Bemühungen im Weltall.
Idefix soll aus 40 bis 100 Metern Höhe abgeworfen werden
Der Plan für die MMX-Mission lautet: Etwa ein Jahr nach dem Start auf der Erde, also 2027, soll die MMX-Sonde, bestehend aus Erkundungsmodul, Rückkehrmodul und Probenrückholkapsel, den Mars erreichen und in seine Umlaufbahn einschwenken. Dann werden zunächst eine Kartierung und Charakterisierung der Oberflächen von Phobos und Deimos vorgenommen. Idefix soll im Laufe der Mission aus 40 bis 100 Metern Höhe abgeworfen werden und auf Phobos landen. Seine Entdeckungen sollen den Weg bereiten, damit anschließend die Muttersonde sicher landen, Proben von Phobos nehmen und zur Erde zurückbringen kann. Gelingt das, wären das die ersten Materialproben aus dem Mars-System, die vom Menschen untersucht werden können.
Das Problem: Phobos verfügt nur über weniger als ein Tausendstel der Erdanziehungskraft. Bei solchen Bedingungen ist bislang kein vom Menschen gebautes Fahrzeug herumgefahren. „Ein Tennisspieler könnte auf Phobos einen Ball problemlos ins All schlagen“, sagt Stephan Ulamec, DLR-Forschungskoordinator für Idefix. Die erste Hürde wird also sein, dass der Rover nach dem Abwurf überhaupt auf Phobos zu liegen kommt und nicht einfach abprallt. Deshalb wurde er so leicht wie möglich konstruiert.
Nach seiner Landung soll der Rover vollautomatisch seine Räder ausfahren und sich aufrichten. Anschließend klappen seine Solarpaneele auf. Zwar hat Idefix eine Batterie an Bord, doch die wird bei Temperaturen bis minus 170 Grad schnell leer sein. Wenn alles klappt, geht es dann im Schneckentempo los. Idefix könnte zwar schneller fahren, soll er aber nicht – damit er bei der geringen Schwerkraft nicht aus Versehen ins All entschwindet. Seine Entwickler auf der Erde können dabei immer wieder nur hoffen, dass alles funktioniert, da die Datenübertragung 54 Stunden dauern wird. Markus Grebenstein, DLR-Projektleiter für Idefix, erklärt: „Der uns bekannte Zustand des Rovers ist immer alt.“
Zuversichtlich, dass alles klappen wird, ist man dennoch am DLR. Denn die Raumfahrtagenturen aus Japan, Deutschland und Frankreich haben schon bei der 2014 gestarteten Asteroidenmission Hayabusa 2 erfolgreich zusammengearbeitet. Proben vom Asteroiden Ryugu gelangten 2020 zur Erde. Und zunächst muss Idefix es ja auch nur heile nach Japan schaffen. Dazu sagt Stephane Mary, der französische Idefix-Projektleiter: „Wir wollen zum Mars, da ist die Reise nach Japan keine große Herausforderung für uns.“