AboAbonnieren

Altes Rhein-Energie-KraftwerkAls den Kölnern vor 125 Jahren ein Licht aufging

Lesezeit 3 Minuten

Eine Aufnahme von der „Centralstation“ aus dem Jahr 1911.

Innenstadt – Elektrischer Strom für den Hausgebrauch oder das produzierende Gewerbe – was heute eine Selbstverständlichkeit ist, galt kurz vor dem Ende des 19. Jahrhunderts noch als Sensation. Zu den Pionieren jener Zeit gehörte die heutige Rhein-Energie, damals Gas- und Elektrizitätswerke Köln.

Am 1. Oktober 1891, also vor fast genau 125 Jahren, nahm das Unternehmen am Standort Zugweg in der Südstadt offiziell das erste Kraftwerk Deutschlands in Betrieb, das mit Wechselstromtechnik arbeitete.

Eine erste Probe-Stromlieferung war bereits am 12. September geglückt: Im nahen Volksgarten hatte sie dafür gesorgt, dass die herrschaftlichen Besucher des 21. Deutschen Juristentages auch nach Anbruch der Dunkelheit ohne Gaslaternen auskamen.

1,85 Millionen Mark waren von der Stadtverordneten-Versammlung für den Bau bewilligt worden. Als geeigneten Ort für Kölns „Centralstation“ hatte man sich schnell auf das Areal des bereits existierenden Wasserwerkes „Severin“ geeinigt. Der markante backsteinerne Jugendstilbau steht noch heute und dient der Rhein-Energie inzwischen als Heizwerk.

Der Turm und das Maschinenwerk 2  fotografiert im 1901.

In den Jahren 1891 und 1892 zählte das neue Elektrizitätswerk insgesamt 155 Abnehmer, die in der Summe 50.000 Kilowattstunden bezogen. Zum Vergleich: Mit so viel Strom könnten aktuell zwölf durchschnittliche Vier-Personen-Haushalte versorgt werden. Die damaligen Stromabnehmer mussten sich auf ein teures Vergnügen einstellen. Anfangs wurden allein für den Hausanschluss rund 250 Mark im Jahr fällig– etwa ein Viertel des damaligen durchschnittlichen Jahreslohns eines Kölners. Die Kilowattstunde berechnete das Unternehmen beim Start zusätzlich mit 80 Pfennig. Heute sind es 24,69 Cent.

Die Leistung der Centralstation reichte schon bald nicht mehr aus. Neue Stadtteile waren zu versorgen. Elektromotoren im Handwerk und in der Industrie sowie zusätzliche Leuchten im öffentlichen und privaten Bereich benötigten Strom.

Im Oktober 1901 nahm zudem die erste elektrische Straßenbahn in Köln ihren Betrieb auf. Sie wurde rasch zum besten Kunden und verbrauchte schon zwei Jahre später rund 62 Prozent des in der Südstadt produzierten Stroms. Die 300 Straßenbahn-Pferde, die bis dahin die Bahnen gezogen hatten, wurden arbeitslos und zu Opfern des Fortschritts.

Nach zahlreichen Erweiterungen produzierte das Kraftwerk im Jahr 1909 für die damals 6078 Abnehmer rund 26.400 Megawatt Strom. Erstmals überschritt der private Stromverbrauch dabei den der Verkehrs-Betriebe. 1926 wurde die veraltete Wechselstrom-Erzeugungsanlage erneuert.

Was aus dem Kraftwerk wurde

Wie sich Leben ohne Strom anfühlt, erfuhren viele Kölner erst wieder während des Zweiten Weltkrieges. Nach dem letzten Bombardement vom 2. März 1945 blieb Köln elf Tage ohne Strom.

Der Turm und das Maschinenwerk 2 im Jahr 2005.

Am 30. März gelang es, ein Sechs-Kilovolt-Kabel vom Umspannwerk Pius in Ehrenfeld zum Zugweg durchzuschalten, um den Kessel VII zu versorgen, der über ein Dieselaggregat der Militärregierung in Betrieb gegangen war.

Erst im November aber konnte wieder ein Generator des Kraftwerks eingesetzt werden. Mangels Öl und Kohle musste der Betrieb jedoch bald wieder eingestellt werden.

Eine Impression vom Gebäude heutzutage.

Bis zur Wiederaufnahme der städtischen Versorgung wurde dezentral mit kleineren Generatoren gearbeitet und Strom von außerhalb der Stadt bezogen. Erst 1949 gingen beide Generatoren im Kraftwerk wieder ans Netz. Nach einem weiteren Umbau versorgte die Anlage von Oktober 1966 an die Kölner Innenstadt zusätzlich mit Fernwärme.