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Theater im öffentlichen RaumPerformance-Kunst verwandelt Kölner Kolumba-Viertel

Lesezeit 2 Minuten
Tänzerin und Choreografin Erika Winkler suggeriert Verbundenheit oder Fluchtgedanken mit dem städtischen Lebensraum.

Tänzerin und Choreografin Erika Winkler suggeriert Verbundenheit oder Fluchtgedanken mit dem städtischen Lebensraum.

Zehn Darstellerinnen und Darsteller hüllen das Veedel zwischen Kolpingplatz, Breite Straße und Minoritenstraße in neue Gewänder

Eine ältere Frau windet sich an einem Straßenmast. Ihre Jacke hat sich scheinbar im Metall verfangen und verhindert das Fortkommen. Passanten bleiben stehen, schauen irritiert, sind verunsichert, was zu tun ist. Handelt es sich um einen Notfall, wird Hilfe benötigt? Erste Smartphones werden gezückt und auf das Subjekt am Objekt gerichtet. Die Situation erscheint zu bizarr, um wahr zu sein. Manche Passanten lachen, andere schütteln den Kopf und offenbaren ihre Antipathie für den Akt. „Ist das Kunst oder Yoga?“, fragt ein junger Mann. Vielleicht beides und noch mehr.


Infos

Was „Dressing the City und mein Kopf ist ein Hemd #02“, Angie Hiesl + Roland Kaiser Produktion

Wann Termine: 15., 22. Juni 15 bis 16.30 Uhr

Wo Kolumba-Viertel/Innenstadt

Wer Andrea Berchtold, Ziv Frenkel, Ralf Harster, Susanne Helmes, Irmgard Himstedt, Felicitas Martin, Nicola Müllers, Katharine Sehnert, Ursula Teich, Erika Winkler

Eintritt frei, www.angiehiesl-rolandkaiser.de


Bei der Aktion handelt es sich um das neue Projekt aus der Produktion von Angie Hiesl und Roland Kaiser. „Dressing the City und mein Kopf ist ein Hemd #02“ beschreibt eine theatrale Performance mit zehn Darstellerinnen und Darstellern im öffentlichen Raum. Rund um das Kolumba-Viertel platzieren sich die Akteure an zuvor festgelegten Orten, etwa dem Kolpingplatz, der Minoritenstraße, der Schwertnergasse, der Brückenstraße oder dem Entrée zur Breite Straße.

Die rund 90-minütige parallel stattfindende Aufführung knüpft an die erste Auflage des Stücks aus dem Jahr 2011 an, in dem Schauspielerinnen und Schauspieler zwischen 27 sowie 49 Jahren auftraten. In diesen Tagen sind es ausnahmslos ältere Semester, deren Lebenserfahrung von 60 bis zu 87 Jahren umfasst.

Hemden wehen im Wind, Krawatten liegen auf einer Bank

Im Fokus des Konzepts steht laut Hiesl und Kaiser „das Verhältnis von Mensch, Kleidung und urbanem Raum“. Neben dem Ensemble fungieren dabei auch herren- oder damenlose Gewänder als Mitspielerinnen respektive Mitspieler. So wehen an Baum-Ästen angebrachte Hemden im Wind, liegen Krawatten ordentlich aneinandergereiht auf einer Parkbank aus oder besetzen ausgelegte Jeanshosen schweigend öffentliche Areale.

Die Umsetzung des Vorhabens mag in der Summe kontroverse Meinungen hervorrufen, Hiesl, Kaiser und ihr Team erschaffen jedoch zweierlei: Kommunikation und Zeit. In den hochfrequentierten, hektischen Straßen des Veedels kreieren die Produzentin und der Produzent unerwartete Sichtweisen auf ein vertrautes Stadtbild, das zum Verweilen und Wundern verführt. Mit den unorthodoxen künstlerischen Einschnitten wird dem Kwartier temporär ein alternatives Kleid zur Verfügung gestellt, das in den Modellen Poesie, Fantasie und in der limitierten Form Anarchie für alle Größen kostenlos erhältlich ist.