In der „Lotta“ werden die Spiele der Frauen-WM übertragen. Am Sonntagmittag war es rappelvoll. Und es waren viele Männer dabei.
Fußball-WM der FrauenVor der Kölner „Lotta“ treffen sich Fans des schönen Fußballs
„Die Männer hätten eine Riesenleinwand an Rheinufer. Wir kriegen einen Fernseher auf dem Bürgersteig“, meint eine Frau. Aber die Stimmung ist trotzdem weltmeisterlich. Pickepackevoll ist die „Lotta“ in der Südstadt, die als eine der wenigen Kneipen die Spiele der Frauen-Fußballweltmeisterschaft zeigt und dafür sogar früher öffnet. Am Sonntagmittag waren beim Spiel Deutschland gegen Kolumbien alle Plätze drinnen und draußen besetzt.
„Ich war gestern in einem Brauhaus und da wurde ein völlig uninteressantes St. Pauli-Spiel gezeigt. Ich habe den Köbes gefragt, warum nicht die viel wichtigere Frauen-WM läuft. Es kam keine Antwort“, sagt Ilka (38). Da sei wirklich noch viel zu tun im allgemeinen Bewusstsein. Ihre Freundin Jessica (44) erzählt: „Ich und meine zwei Schwestern haben von klein auf Fußball gespielt. Mein Vater war ein Feminist, der hat alle Spiel geguckt.“
Viele Männer in der Kölner „Lotta“ tragen Nationaltrikots
Luzie (24) und ihre Mutter Barbara (58) haben Ratschen dabei und tragen Blumenketten in Deutschlandfarben. Beim Frauenfußball herrsche einfach eine angenehme Atmosphäre, finden sie. „Das ist sehr schöner technischer Fußball, die Männer dagegen holzen oft so.“ Außerdem sei der Frauenfußball nicht so kommerziell. Es sei natürlich ein Skandal, dass Fußballerinnen wesentlich weniger Geld bekommen als die Männer. Aber: „Die Fußballspieler verdienen ohnehin zu viel. Das müsste mal überdacht werden.“
Unter den Zuschauern sind sehr viele Männer, einige davon im Nationaltrikot der Frauen. Juri und Jacob (beide 23) schauen seit der WM 2011 regelmäßig Frauenfußball. „Das ist eine eigene Sportart, nicht mit dem Männerfußball zu vergleichen“, sagt Juri. In Robustheit und Schnelligkeit kämen die Frauen nicht an die Männer heran, aber dafür sei die Taktik, die Technik, das Dribbling bei den Frauen viel besser. „Außerdem ist das Publikum diverser, nicht so testosterongeschwängert“, sagt Jacob.
Fußballfan ist egal, ob Männer oder Frauen spielen
Georg (56) lobt den „ehrlichen Fußball“ der Frauen. „Ich bin Fußballfan. Egal, ob Männer oder Frauen spielen. Die deutschen Frauen spielen gut, wenn auch nicht so körperbetont wie die Männer, aber dafür eleganter.“ Am Männerfußball gefällt ihm so einiges nicht mehr. „Da hat sich viel geändert und das macht immer weniger Spaß: Viel zu viel Kohle und immer weniger Mannschaften, die alles unter sich ausmachen.“
Kamel (50) spielt selbst Fußball auf den Poller Wiesen, erzählt er. „Und da sind immer auch zwei Frauen dabei.“ Am Frauenfußball fasziniert ihn, wie er sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat. „Das ist ein super Fortschritt.“ Auch, dass der Sport Auswirkungen auf Politik und Gleichberechtigung hat, sei toll. Er sei in einer Minderheitengruppe in Algerien aufgewachsen und wisse daher, was Ausgrenzung heißt.
Im Pulk vor der „Lotta“ schauen auch einige Kolumbianer zu, darunter die Studentin Tatjana (33) aus Bogota. „In Kolumbien steht der Frauenfußball noch sehr im Schatten der Männer. Aber durch die Star-Spielerin Linda Caicedo sind jetzt viele darauf aufmerksam geworden.“ Und sie selbst sei auch begeistert.
Auch Stunksitzung-Chefin Biggi Wanninger (68) verfolgt das Spiel. „Super, dass die Lotta die WM überträgt. Wir haben eine starke Mannschaft, die kann was.“ Das könne man bei solchen Events zeigen. „Bis sich diese Bilder im Kopf breit machen, dauert es einfach.“ Sie selbst schaue seit der WM 2011 Frauenfußball. „Und mein erster Freund war Fußballer“, lacht sie. Ihre Nachbarin Mascha (20) trägt das kolumbianische Trikot aus Solidarität. „Ich habe früher selbst Fußball gespielt und war vor kurzem in Südamerika, und das hat mich einfach begeistert.“
Auffällig: Die Zuschauerinnen und Zuschauer sind wesentlich leiser als jene bei Männer-Spielen. Da wird kaum gebrüllt und geschimpft. Nur als sich die Niederlage der Deutschen abzeichnet, da verschwindet der Unterschied. „Wenn ich mich aufrege, rege ich mich auf“, sagt Georg. Am lautesten jubeln am Ende natürlich die wenigen Kolumbianer, die vor der „Lotta“ dabei sind. Aber das Turnier geht ja noch weiter.