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AZ an der Luxemburger StraßeAutonome in Köln werben für ihr Zentrum

Lesezeit 4 Minuten

Das ehemalige Kanalbauamt ist bis Ende 2018 an linke Initiativen vermietet worden.

Köln – In einer Garage des ehemaligen Kanalbauamts der Stadt proben Bands hinter mit Graffiti besprühten Toren. Auf dem Hof stehen die Fahrräder, die auf Reparaturen in der „Bike-Kitchen“ warten. Ein Aktivist der Initiative „Lebensmittel retten“ schweißt einen Transportanhänger zusammen. „Wir würden den Hof gerne entsiegeln“, sagt ein junger Mann, der sein Geld in einer Unternehmensberatung verdient. Er berichtet vom Plan, eine „Urban-Gardening“-Werkstatt einzurichten, von Konzerten und Partys, die Tausende Besucher locken – und von der Notwendigkeit, sich gerade in diesen Zeiten gegen Rechtsextremismus zu engagieren.

Zwei Studenten renovieren in ihrer Freizeit einen Raum, in dem bald wieder in der „Volksküche“ gekocht werden soll und man sich in der „offenen Antifa-Kneipe“ treffen kann. Ein „Umsonst-Laden“ verschenkt Kleidung. Künstler nutzen Räume als Ateliers, politische Initiativen diskutieren in ehemaligen Büros im ersten Stock. Zum Ausgleich werden Yoga, Hula-Hoop, Selbstverteidigungskurse und „Park-Akrobatik“ als Sportaktivitäten angeboten.

Kalker Autonomes Zentrum spaltete die Stadt

Zwischen dem Hochhaus der Justizbehörden auf der einen Seite und der Großbaustelle des neuen Stadtarchivs auf der anderen wirkt das „Autonome Zentrum“ wie ein Relikt aus einer anderen Welt. „Die Stadt kann stolz auf ihr AZ sein“, sagt Kim Wolnosc selbstbewusst. Das „Plenum“, in das die rund 45 linke Gruppen, die das AZ nutzen, ihre Vertreter entsenden, hat Wolnosc mit der Öffentlichkeitsarbeit beauftragt. Dem Gebäude droht der Abriss, der Auszug des AZ ist mit der Stadt für Ende 2018 verabredet.

Im Vergleich klein – Mit dieser Visualisierung wirbt das AZ für den Verbleib im neugestalteten Areal, hinten ist das Parkhaus des Justizzentrums.

In den Planungen für die Verlängerung des Inneren Grüngürtels und die „Parkstadt Süd“ spielt das Gebäude und seine derzeitige Nutzung keine Rolle mehr. Während das große neue Archivgebäude am Eifelwall in den Grüngürtel-Plan integriert wurde und ein wenig schönes Parkhaus der Justizbehörden mit angrenzendem Parkplatz vorerst bleiben kann, soll das vergleichsweise kleine AZ verschwinden.

Es ist ruhig geworden um Kölns Autonomes Zentrum, aus Sicht der Verantwortlichen wohl ein bisschen zu ruhig: Das AZ ist aus den politischen Debatten der Stadt verschwunden. Bis 2013 hatte die Besetzung und die Eskalation kurz vor der freiwilligen Räumung der ehemaligen KHD-Kantine in Kalk die Stadt gespalten. Anwohnerproteste, Randale und Polizeieinsätze befeuerten die politische Debatte, ob Köln so etwas aushalten müsse. Um eine gewaltsame Räumung und befürchtete Proteste im Anschluss zu verhindern, ließ die Stadt das AZ ins Linksrheinische umziehen. Seitdem ist einst so laute Kritik an dem linken Projekt verstummt.

Arrangement mit Establishment - Zentrum wird älter und studentischer

An einer Neuauflage der Konfrontation hat keiner Interesse, auch das Autonome Zentrum nicht. „Alles ist nicht so wild, wie man mit dem Namen assoziiert“, sagt Arne Keller, der das Haus zusammen mit Wolnosc zeigt. Eigentlich sei man ja eher ein soziales Zentrum. Das AZ solle „in der gesellschaftlichen Mitte der Stadt verankert werden“, so Wolnosc. In einer professionell gemachten Selbstdarstellung zitieren die Linken gar Konrad Adenauer. Die Lindenthaler CDU-Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Freker ist zum Ortstermin eingeladen worden.

„Die Stadt braucht so ein Zentrum“

Das alles lässt auf eine gut durchdachte Strategie zur Öffentlichkeitsarbeit schließen. Vielleicht ist das Arrangement mit dem Establishment aber auch Ausdruck eines offensichtlichen Wandels der Strukturen: Durch die Uninähe ist das AZ studentischer geworden, Macher und Nutzer sind zudem älter als in Kalk, wo zahlreiche Jugendliche ein- und ausgingen. Damit haben sich auch die Interessen verschoben. Nicht verändert hat sich das Grundkonzept: Das Autonome Zentrum versteht sich als selbstverwalteter, nicht-kommerzieller Freiraum für vielfältigste Aktivitäten. „Das Geld, das wir mit Partys verdienen würden wir gerne in die Gebäude investieren“, sagt Wolnosc. „Aber warum sollten wir die Toiletten erneuern oder den Hof begrünen, wenn wir davon ausgehen müssen, nächstes Jahr nicht mehr hier zu sein.“

Szene im Hof des Autonomen Zentrums.

Die AZ-Verantwortlichen glauben, dass ihr Zentrum „super“ zu den Ideen der Stadt passen würde. Man wolle sich konzeptionell wie baulich öffnen, damit die Gebäude im Grüngürtel nicht als Fremdkörper wahrgenommen würden. „Doch leider kommen wir nicht dazu, unsere Ideen einzubringen“, klagt Wolnosc.

Die Bürgerbeteiligungsverfahren wie auch die Überlegungen der Architekten zum städtebaulichen Großprojekt zwischen Luxemburger Straße und Bayenthaler Rheinufer seien über ihre Köpfe hinweg gegangen. „Die Stadt braucht so ein Zentrum“, sind sich Keller und Wolnosc sicher. Die nächsten Monate sollen für Überzeugungsarbeit genutzt werden.