Bei einer Umfrage haben 85 Prozent der an der Deutzer Freiheit angesiedelten Geschäftsleute angegeben, dass ihre Läden für Kunden und Anlieferer nach der Verbannung der Autos von der Einkaufsmeile schlechter erreichbar seien.
Autos von Deutzer Freiheit verbanntKölner Händler nennen Versuch „komplett gescheitert“
Eine klare Absage erteilen die Geschäftsleute dem Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Interessengemeinschaft (IG) Deutz, die die Händler vertritt, und des Verbunds der Kölner Interessengemeinschaften „Veedellieben“. Die Bezirksvertretung Innenstadt hatte im Dezember 2021 gegen die Stimmen von CDU und FDP beschlossen, dass die Deutzer Freiheit für ein Jahr versuchsweise autofrei wird.
„Der Verkehrsversuch ist klar gescheitert, wenn die ansässigen Unternehmen in einer Einkaufsstraße nach mehreren Monaten Praxis eine derart schlechte Bilanz ziehen.“ So fasste Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK, die Erkenntnisse aus den Ergebnissen der Umfrage zusammen. 62 Unternehmen haben sich daran beteiligt. 85 Prozent davon haben angegeben, dass sich ihre Erreichbarkeit für die Kunden und die Anlieferer verschlechtert habe. Nur ein Händler habe eine Verbesserung festgestellt. 37 Geschäftsleute bewerten den Verkehrsversuch als „sehr negativ“, 16 als „negativ“ für den Stadtteil. Sieben positive Rückmeldungen wurden gezählt.
Seit Juni gilt die Sperrung für Autos. Zwei Drittel der befragten Händler haben nach ihren Angaben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich gesunkene Umsätze zu verzeichnen. 24 Prozent berichteten von gleichbleibenden Umsätzen, sieben Prozent von gestiegenen. 80 Prozent der Geschäftsleute meldete Rückgänge bei der Kundenfrequenz. „Sogar Ärzte haben uns gesagt, dass Stammkunden ausbleiben. Das gilt auch für Apotheken“, fuhr Vetterlein fort. Er betrachtet die Deutzer Freiheit als beispielgebend dafür, wie die Verkehrsführung auf Einkaufsstraßen von der Politik „eher aus Prinzip als mit Konzept“ verändert würden und nannte als weitere Beispiele die Einbahnstraßenpläne für die Kalker Hauptstraße, die Rodenkirchener Hauptstraße und die Venloer Straße.
Daniel Wolf von der IG Deutz sah das alles genauso: „Die Zahl der Besucher der Deutzer Freiheit hat sich verringert. Und die Aufenthaltsdauer hat sich auch nicht erhöht, bis auf ein paar Tage im Sommer.“ Viele Händler hätten pure Existenzängste. Wolf macht sich aber auch Sorgen um das Miteinander der Menschen im Veedel. Es gebe gegenseitige Beschimpfungen in den sozialen Medien und lautstarke Auseinandersetzungen bei persönlichen Begegnungen von Gegnern und Befürwortern des Versuchs. Wolf berichtete aber auch von Gesprächen mit Politik, Verwaltung und der Initiative „Deutz autofrei“ hinter den Kulissen, die dazu dienen sollen, einen Kompromiss zu finden.
„Wir sind ja offen für Veränderungen, man muss nur mit uns reden“, erklärte der Händlervertreter. Er schlug vor, Autos von Montag um 7 Uhr bis Freitag 19 Uhr zuzulassen. „Dann fahren wir Poller hoch und die Deutzer Freiheit ist am Wochenende autofrei.“ Unangetastet lassen will er die Außengastronomie, die zahlreiche ehemalige Parkplätze in Anspruch nimmt. Ansonsten plädiert er für Kurzzeitparkplätze. „Die Freiheit ist ja keine Flaniermeile. Die Leute halten nur an und kaufen schnell ein paar Sachen für den täglichen Bedarf.“
Nun ist es an der Politik zu entscheiden, ob der Versuch abgebrochen wird. In der Oktobersitzung scheiterte ein Bürgerantrag, in dem ein Anwohner die umgehende Wiederzulassung von Autos auf der Deutzer Freiheit forderte, an den Stimmen von Grünen, SPD, Die Linke und Die Partei. Die Abstimmung wurde auf die nächste Sitzung im Dezember vertagt. Bis dahin erhofft man sich belastbare Zahlen aus einer Auswertung des Verkehrsversuchs durch Wissenschaftler der Uni Bochum.