Tausende Wohnungen und ein Rheinbad: Der Deutzer Hafen soll ein schickes Viertel werden – doch für eine bestimmte Einrichtung ist kein Platz.
Umbau des HafensStadt Köln hält trotz höherer Verluste an günstigen Wohnungen in Deutz fest
Der Umbau des früher industriell geprägten Deutzer Hafen zu einem neuen Wohn- und Arbeitsviertel für tausende Menschen könnte der Stadt Köln im schlechtesten Fall bis zu 143,3 Millionen Euro Verlust bringen. Diese Summe ist das Ergebnis aller Einnahmen und Ausgaben, die Verwaltung hat sie am Mittwoch auf einer Pressekonferenz veröffentlicht. Die 143,3 Millionen Euro Verlust ist das schlechteste von drei Szenarien, durch Fördergelder kann die Summe laut Verwaltung noch auf 77,8 Millionen Euro Verlust sinken. Im vergangenen Jahr war sie noch von 58,1 Millionen Euro ausgegangen.
Unter anderem muss die Stadt Köln die Infrastruktur in dem neuen Quartier bezahlen, also Straßen, Parks und Plätze. Einnehmen kann sie Geld von den Grundstücksbesitzern, deren Flächen durch die Maßnahmen an Wert gewinnen. Dafür zahlen sie sogenannte Ausgleichbeiträge. Der Deutzer Hafen zählt zu den größten Stadtentwicklungsprojekten in Köln, rund um das rechtsrheinische Hafenbecken sind 6000 Arbeitsplätze und 3000 Wohnungen für 6900 Menschen geplant. Auch Kölns erstes Rheinbad ist vorgesehen, das Areal ist insgesamt so groß wie umgerechnet rund 52 Fußballfelder.
Günstige Miete geplant
Trotz der Verluste hält die Stadt an ihrem Plan fest, 50 Prozent der Wohnfläche mit vergleichsweise günstigen Mietwohnungen zu bebauen. Das bestätigten Baudezernent Markus Greitemann und Andreas Röhrig, Geschäftsführer der städtischen Tochtergesellschaft „Moderne Stadt“, die das Gelände entwickelt und später ihre Baufelder einzeln verkauft. Ihr gehören 80 Prozent der gesamten Flächen, 20 Prozent gehören privaten Eigentümern.
30 Prozent der Wohnfläche sind über das sogenannte Kooperative Baulandmodell für 25 oder 30 Jahre an eine Miete gebunden, in Köln sind das je nach Einkommen zwischen 7,10 und acht Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Weitere 20 Prozent sollen „preisgedämpft“ sein, in Köln ist aber noch nicht festgelegt, was das heißt.
Greitemann wirbt für Verständnis
Wie realistisch die Aussagen zu den Verlusten in 15 Jahren nach Abschluss des Großbauprojektes sind, bleibt allerdings abzuwarten. Baudezernent Markus Greitemann sagte angesichts des möglichen Millionen-Verlustes: „Wenn man diese Summe über 15 Jahre sieht, halte ich das für ein solch großartiges Projekt für eine absolut vertretbare Zahl.“ Die Qualität des Quartiers gehe vor.
Die Basisvariante der Kostenprognose geht von einem Minus von 107 Millionen Euro aus, inklusive Fördergeld wären es 50,7 Millionen Euro Verlust. Die risikoarme Variante ohne Fördergeld sieht 38,1 Millionen Euro Verlust vor. Die Unterschiede erklären sich durch unterschiedliche Annahmen, wie viele Risiken eintreten. Alle Summen beziehen sich auf den Stichtag 31. Dezember 2022, im Jahr zuvor war die Stadt noch von 58,1 Millionen Euro ausgegangen. Als Grund nannte die Verwaltung die gestiegen Preise im Bausektors. Laut einer Stadtsprecherin kann sich der Verlust aber noch reduzieren, wenn die „Moderne Stadt“ Gewinne mit dem Verkauf der Baufelder macht und an den städtischen Haushalt abführt.
Voriges Jahr im Geheimen, dieses Mal öffentlich
Die Verwaltung hat die möglichen höheren Verluste am Mittwoch auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert, sie agierte damit anders als voriges Jahr. Damals brachte sie den Kosten- und Finanzbericht in den nicht-öffentlichen Teil der politischen Gremien ein, die Bürgerinnen und Bürger haben darauf keinen Zugriff.
Doch das Thema wurde trotzdem öffentlich. Und es stand die Frage im Raum, warum die Stadt Köln mit der Entwicklung eines riesigen Immobilien-Projekts in bester Lage minus macht. In der Finanzanalyse der Stadtwerke, die als Treuhänder fungieren, hieß es: „Die Stadt Köln hat nur begrenzte Möglichkeiten, Einnahmen aus der Entwicklung zu generieren und von konjunkturellen Bodenwertsteigerungen zu profitieren. Die Vermarktung von Grundstücken erfolgt zum größten Teil durch die (...) Moderne Stadt.“
Momentan läuft der Abbruch der traditionsreichen Mühlengebäude auf der Ost-Seite des Hafenbeckens, die ersten Gebäude sollen auf der Südseite an den Bahngleisen entstehen. Aus Lärmschutzgründen sind dort Büros geplant, in denen nachts niemand schläft. Rewe hatte die Flächen als mögliche neue Zentrale geprüft, aber verworfen. Dass die Verwaltung nach Auslaufen der Mietverträge im Deutzer Stadthaus Ende der 20er-Jahre dorthin zieht, ist keine realistische Option. Das ließen sowohl Röhrig als auch Greitemann erkennen. Röhrig sagte: „Der Medienhafen in Düsseldorf oder die Hafencity in Hamburg: Da gibt es keine einzige öffentliche Verwaltung.“