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Serie

„Auf ein Kölsch“
Wenn die Kneipe zum Wohnzimmer wird – „Ein guter Wirt muss Zuhören können“

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann in schwarzem T-Shirt sitzt vor seiner Theke.

Bodo Richter hat die Kneipe Café Kram vor zwei Jahren übernommen.

In diesem Serienteil besuchen wir die Kneipe Café Kram in Deutz, deren Besitzer die Vernetzung in der Nachbarschaft seines Veedels besonders schätzt.

Der alte Helmut Pinkert wacht über alles. Seit seinem Tod vor sechs Jahren stand das Café Kram am Gotenring in Deutz leer, ehe Bodo Richter es 2022 wiedereröffnete. Den früheren Wirt würdigt er mit einem großen Porträt an der Wand. „Ich habe ihn nicht gekannt, aber er war früher da. Ohne ihn würde es die Kneipe nicht geben – ich finde, das gehört sich so“, sagt der Mann, der ein schwarzes T-Shirt mit dem Logo seiner Eckkneipe trägt.

Unter dem großen Fernsehbildschirm steht ein FC-Altar, auf dem der 46-Jährige bei jedem Spiel eine Kerze entzündet. Daneben hängt ein Konzertplakat von Wolfgang Niedecken. „Das stammt aus dem Jahr 1984 und hing lange in der Kneipe meines Vaters“, sagt Richter. „Damals, als der Niedecken noch für vier Mark gespielt hat.“

Wieso sind Sie Wirt geworden?

Zugegeben, unter einer Eckkneipe stellt man sich etwas anderes vor: Das Mobiliar anrüchig bis antik, hinterm Tresen der Staub, der Geschichten erzählt von längst vergangenen Tagen – sowas. Aber dafür, dass Richter die Kneipe erst vor gut zwei Jahren übernahm, kann er nichts.

Bei jungen und alten Gästen ist das Café Kram beliebt.

Bei jungen und alten Gästen ist das Café Kram beliebt.

Ursprünglich wollte er Lehrer werden, schmiss stattdessen die Bar im Studierendenwohnheim. „Das hat mir immer sehr viel Spaß gemacht“, sagt er. Zuletzt lebte er im Westerwald und arbeitete als pädagogische Fachkraft für Langzeitarbeitslose. „Dann kam ein Freund und hat mir von dem leerstehenden Lokal erzählt, das seit den 70er Jahren eine stolze Kneipe war. Da habe ich an meine Studienzeit zurückgedacht und es einfach probiert.“ Richter zog nach Köln und machte die Wiedereröffnung des Café Kram zu seinem Herzensprojekt.

Was lieben Sie an Ihrem Job?

Die Kneipe sei ein zentraler Ort im Veedel, sagt Richter. „Ich komme mit vielen Leuten ins Gespräch, man trifft viele interessante Menschen und erfährt, was die so im Leben gemacht haben. Wir haben eine gemischte Stammkundschaft, die das Café Kram als ihr Wohnzimmer empfindet.“

Mit vielen Gästen sei er inzwischen freundschaftlich verbunden. Die meisten seiner Gäste kämen direkt aus Deutz, manche aber auch über den Rhein oder aus der Stegerwaldsiedlung. „Wir haben den Vorteil, dass wir am spätesten schließen. Wobei ich gelernt habe, die Leute eine Stunde früher rauszuschmeißen, damit bei Feierabend auch wirklich alle draußen sind“, sagt Richter.

An welches Highlight erinnern Sie sich besonders?

Auf zwei Highlights blickt Richter in seiner kurzen Zeit als Wirt zurück: „Meinen 45. Geburtstag haben wir hier als geschlossene Gesellschaft gefeiert. Ich musste mich um nichts kümmern, das haben mir meine Gäste alles abgenommen. Ich kannte sie nur ein halbes Jahr, trotzdem herrscht eine freundschaftliche Atmosphäre“, sagt er.

Die Gäste seien es auch, die ihm und seinem Team nach Karneval ein großes Lob aussprachen. „Ganz viele haben gesagt: Das hier ist Karneval, wie er vor 20 Jahren war. Wir haben von 10 bis 3 Uhr gearbeitet, es war total anstrengend, wir haben für das Kölsch nur zwei Euro verlangt und die Leute haben uns mitgeteilt, wie toll es war“, schwärmt Richter.

Was mögen Sie an Ihrem Veedel?

„Ich mag die Vernetzung in der Nachbarschaft. Hier in Deutz gab es mal ein Straßenfest: Ich hatte die Kneipe erst seit Kurzem, aber wurde trotzdem gefragt, ob ich den Cocktailstand machen will. Die sagten, sie wollten lieber erst jemanden aus dem Veedel fragen als jemanden außerhalb – das schätze ich sehr“, erzählt Richter. Inzwischen könne er durch jede Straße laufen und ein bis zwei Menschen benennen, die dort lebten.

Was stört Sie am Veedel? Was könnte besser sein?

An Deutz generell störe Richter nichts. „Aber die Bürokratie ist mir zu unbeholfen. Was wir vor der Eröffnung der Kneipe alles beachten mussten, war sehr unschön“, sagt er. „Im Sommer wird es hier böse warm drin. Aber wir sind nur Mieter in dem Gebäude – für eine Klimaanlage müssten wir uns an den Vermieter wenden. Das wäre auch wieder mit Bürokratie verbunden.“

Über was reden die Menschen an der Theke?

„Die Leute reden über das, was grade aktuell ist – zuletzt war es die Europawahl. Man hört aber auch viele persönliche Probleme: Die eine ist alleinerziehend, der andere geschieden. Das hier ist ihr Wohnzimmer, da suchen sie jemanden zum Zuhören. Das ist, was ein guter Wirt können muss.“ Als Psychologe sehe sich Richter nicht. „Eher als Berater.“


Café Kram in Deutz

  1. Was kostet ein Kölsch? Im Reissdorf Fass stellt Bodo Richter Reissdorf auf den Deckel – es kostet 1,90 Euro. Doch seine Westerwälder Herkunft kann er nicht verbergen, deswegen gibt es auch Hachenburger Pils vom Fass und lokale Spirituosen.
  2. Wird der FC übertragen? Auch in der zweiten Liga zeigt das Café Kram alle FC-Spiele live und öffnet, wenn nötig, rechtzeitig vorher. Auf dem FC-Altar zündet Bodo Richter immer eine Kerze für den FC an.
  3. Wird Karneval gefeiert? An Karneval ist das Café Kram geöffnet und feiert mit Kölsch-Preisen von zwei Euro.
  4. Gibt es Sitzmöglichkeiten draußen? Vor dem Café Kram befindet sich ein enger Gehsteig, Sitzmöglichkeiten gibt es daher keine.
  5. Adresse: Café Kram, Gotenring 42 (direkt an der Haltestelle Suevenstraße). Geöffnet dienstags bis donnerstags von 17 bis 1 Uhr, freitags von 17 bis 2 Uhr, samstags von 15 bis 2 Uhr, sonntags von 16 bis 23 Uhr, montags geschlossen. Telefon: 0221/16933808

Serie „Auf ein Kölsch“

Wir gehen für unsere neue, in unregelmäßigen Abständen erscheinende Serie „Auf ein Kölsch“ in die Veedel und sprechen mit Wirten und Wirtinnen darüber, was sie an ihrem Job lieben, was ihnen im Veedel fehlt und was ganz hervorragend läuft. Und ob der FC übertragen wird.