Kölner Politiker beschäftigen sich mit der fehlenden Kaufoption für das Stadthaus. OB Reker hat das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet.
Fehlende KaufoptionKölner Politiker fordern Aufklärung über Mietvertrag für das Stadthaus Deutz
Die vom Stadtrat 1995 beschlossene, von der Stadtverwaltung aber trotzdem nicht umgesetzte Kaufoption für das Stadthaus in Deutz hat am Dienstag in der Ratssitzung hohe Wellen geschlagen. Politiker aller großen Fraktionen forderten die Stadtverwaltung in einer Aktuellen Stunde dazu auf, zu klären, warum die Kaufoption nicht wie beschlossen in das Grundbuch eingetragen wurde.
Aufgrund des fehlenden Eintrags in das Grundbuch ist der Stadt die Möglichkeit entgangen, das Stadthaus 2029 nach Ablauf des 30-jährigen Mietvertrags für vergleichsweise günstige 200 Millionen zu kaufen. Zur Einordnung: Der derzeitige Eigentümer hatte das Gebäudeensemble neben der Lanxess-Arena vor vier Jahren für 500 Millionen Euro gekauft.
Warum das Thema erst jetzt seinen Weg in die politische Diskussion gefunden hat, bleibt unklar. Der „Express“ hatte bereits im März 2014 berichtet, dass es die Kaufoption nicht gibt, obwohl die Politik schon damals davon ausging, dass sie wie 1995 beschlossen eindeutig im Grundbuch festgehalten sei.
„Jetzt müssen wir herausfinden, warum die Vereinbarung nicht getroffen wurde“, sagte der damalige SPD-Fraktionschef Martin Börschel der Zeitung. Doch dazu kam es in der Folge offenbar nicht. Niemand könne sich an den Vorgang genau erinnern, heißt es aus dem Rathaus. Vermutlich sei der Ansatz nicht weiter verfolgt worden, da gleichzeitig der Wahlkampf für die Kommunalwahl 2014 lief und andere Themen damals drängender gewesen seien.
Auch in Reihen der Stadtverwaltung war das Thema offensichtlich nicht mehr präsent – ob bewusst oder unbewusst, bleibt vorerst unklar. In einer Beschlussvorlage, in der sich die Stadtverwaltung vom Stadtrat absegnen lassen will, den Mietvertrag für den Ostteil des Stadthauses 2029 nicht mehr zu verlängern, wird die Kaufoption mit keinem Wort erwähnt. Das sorgte dafür, dass die FDP-Ratsfraktion eine Anfrage stellte, die nun den Stein ins Rollen brachte.
Die Stadt äußerte sich am Dienstag erstmals selbst zu dem Vorgang. Oberbürgermeisterin Henriette Reker war bei der Aktuellen Stunde nicht anwesend, weil sie parallel die Verleihung des NRW-Staatspreises an die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte. In einer schriftlichen Beantwortung auf die FDP-Anfrage äußerte Reker, dass sie das Rechnungsprüfungsamt beauftragt habe, den Vorgang zu prüfen, um eine unabhängige Bewertung des Sachverhalts sicherzustellen.
Kölner Politiker fordern Prüfung auf Haftung für entstandenen Schaden
„Der Mietvertrag wurde 1997 notariell beurkundet. Die Vorkaufsoption wurde weder vertraglich vereinbart, noch im Grundbuch eingetragen. Warum dies nicht erfolgte, ist noch zu prüfen“, heißt es in der Beantwortung, die Reker unterzeichnete.
FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite geht der Aufklärungswille der Stadt nicht weit genug. „Das erinnert mich an die Geschichte vom Hase und vom Igel – die Verwaltung ist der Hase, wir hier im Stadtrat müssen der Igel sein“, sagte er. Es gebe offenbar eine „verwaltungsinterne Amnesie.“
Gerd Brust (Grüne) und CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau forderten, dass unbedingt geprüft werden müsse, ob auch nach den vielen Jahren noch jemand für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden kann. Brust schlug zudem vor, dass die Verwaltung dem Stadtrat in Zukunft per Mitteilung darüber informieren solle, ob und wie ein Beschluss auch tatsächlich in die Tat umgesetzt wurde.
Die SPD, die lieber die Zukunft des Großmarkts in der Aktuellen Stunde behandeln wollte, forderte ebenfalls Aufklärung. „Interpretieren Sie es nicht falsch, dass wir den Großmarkt thematisieren wollten, wir wollen die Fehler der Vergangenheit nicht totschweigen“, sagte Ratsmitglied Pascal Pütz.
Lothar Ruschmeier (SPD) leitete 1995 die Kölner Stadtverwaltung
Wo genau die „Fehler der Vergangenheit“ liegen, ist bislang unklar. Bekannt ist, dass die Stadtverwaltung zum Zeitpunkt des Ratsbeschlusses 1995 vom damaligen Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD) geleitet wurde, der nach seiner Amtszeit unmittelbar zur Geschäftsleitung der Oppenheim-Esch-Holding wechselte. Ein Esch-Fonds finanzierte den Bau der Lanxess-Arena und des benachbarten Stadthauses und verkaufte das Technische Rathaus 2014 an ein koreanisches Unternehmen weiter. Ruschmeier starb 2012.
„Das nicht existierende Vorkaufsrecht war von Anfang an ein gezieltes Blendmanöver des damaligen Oberstadtdirektors Lothar Ruschmeier, um die Profitmöglichkeiten seines späteren Arbeitgebers, des Oppenheim-Esch-Fonds auf lange Sicht auszuweiten“, sagte Jörg Detjen (Linke) am Dienstag in der Aktuellen Stunde.
Baudezernent Markus Greitemann versicherte dem Stadtrat, dass eine Aufklärung erfolgen werde. „Der Auftrag ist verstanden“, sagte er. Es sei auch sehr in seinem Interesse, dass die Oberbürgermeisterin das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet hat.
Eine eigens von der Stadt gebildete festverzinsliche Rücklage für den Kauf des Stadthauses existiert im Gegensatz zu der dazugehörigen Kaufoption. Der Wert beträgt 87,5 Millionen Euro.