AboAbonnieren

Köln stellt sich quer50 Initiativen treten für die Schwächsten der Gesellschaft ein

Lesezeit 3 Minuten
Kundgebung "Köln stellt sich quer" - Motto: Solidarisch in der Energiekrise. Demonstration vor dem Deutzer Bahnhof.

Kundgebung 'Köln stellt sich quer' - Motto: Solidarisch in der Energiekrise. Demonstration vor dem Deutzer Bahnhof.

Bei der Kundgebung am Ottoplatz in Köln wurde hervorgehoben, dass viele verschiedene Teile der Gesellschaft Existenznöte haben. Gefordert werden Hilfen über das Entlastungspaket der Bundesregierung heraus.

Während in wenigen Kilometern Luftlinie Entfernung der Rat in einer Aktuellen Stunde über den Haushalt der Stadt Köln debattiert, versammeln sich am Donnerstag zum Sonnenuntergang mehrere hundert Menschen auf dem Ottoplatz in Deutz. 30 Jahre nach dem „Arsch huh“-Konzert am 9. November 1992 auf dem Chlodwigplatz lautet das Motto auch dieser Veranstaltung anlässlich der Energiekrise das Motto „Arsch huh – Zäng ussenander. Mit uns für ein solidarisches Köln!“

Insgesamt mehr als 50 Initiativen und Verbände haben sich dafür um die Gruppe „Köln stellt sich quer“ versammelt und gemeinsam zu der Kundgebung aufgerufen. Darunter der Deutsche Gewekschaftsbund (DGB), die Diakonie Köln sowie der Kölner Flüchtlingsrat, der Stadtsport- und der Mieterbund. „14 Millionen Menschen in Deutschland gelten als arm. Niemand darf im Winter zu Hause im Kalten oder Dunkeln sitzen“, sagt der Sprecher von „Köln stellt sich quer“ (KSSQ), Reiner Hammelrath.

Forderung nach mehr Unterstützung für die Schwächsten in der Gesellschaft

„Bei der Bewältigung der Krise und den Entlastungsmaßnahmen muss es gerecht zugehen, um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu erhalten und rechten Demagogen keine Chance zu lassen“, führt er aus. Der irrationale Energiemarkt und die Preisgestaltung dort müssten neu strukturiert werden, die Krise dürfe nicht für „ein demokratisches Rollback“ genutzt werden.

Wichtiger Bestandteil der Kampagne sei darüber hinaus, dass „wir uns gemeinsam quer stellen gegen alle rechten Populisten, die die Krise für ihre Zwecke nutzen“, unterstreicht Claus-Ulrich Prößl vom Kölner Flüchtlingsrat. Sozialer Zusammenhalt dürfe Migranten und Geflüchtete nicht vergessen.

Zwischen zahlreichen Redebeiträgen, die unisono mehr Unterstützung für die Schwächsten der Gesellschaft, Geld vom Bund für Städte und Kommunen sowie eine Übergewinnsteuer für Unternehmen und eine Reichensteuer fordern, um die Krise gerecht zu meistern, sorgen die Bands „Buntes Herz“ und „Hopstop Banda“ auf der Bühne für musikalische Untermalung der Veranstaltung.

Viele Teile der Gesellschaft in Existenznöten

„Schnelle und wirksame Programme“ wünscht sich in diesem Zusammenhang etwa auch Witich Roßmann, „damit sich die Bundesrepublik Deutschland auch in dieser Energiekrise als demokratischer und sozialer Rechtsstaat erweist und seine Verantwortung für ein würdiges und existenzgesichertes Leben aller Menschen wahrnimmt“, so der Kölner DGB-Vorsitzende gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die explodierenden Gas-, Strom- und Lebensmittelpreise brächten Angestellte im Niedriglohnbereich, prekär Beschäftigte ebenso wie Auszubildende und Studierende, Migranten, Rentnerinnen, Arbeits- und Wohnungslose in Existenznöte. „Selbst gut bezahlte Fachkräfte kommen in finanzielle Engpässe und suchen Hilfe bei der Schuldnerberatung“, sagt Roßmann. Den 650 Vereinen mit mehr als 300.000 Mitgliedern in Köln sowie Hunderten Kulturschaffenden in der Stadt müssten überdies Hilfen zukommen, den sie und ihre Arbeit bildeten „das Rückgrat und den Kitt der Stadtgesellschaft.“

Kritik am Entlastungspaket der Bundesregierung

Das Gesundheitswesen, die Unternehmen der Daseinsvorsorge sowie Träger der freien Wohlfahrtspflege kämpfen um ihr Überleben“, hieß es in einer moderierten Debatte vor Ort. Die Bundesregierung habe zwar mit Entlastungspaketen reagiert, doch viele Hilfen seien zu gering, griffen zu langsam oder sein noch völlig unklar. Benötigt würden ein kommunaler Energiekostenausgleich mit Unterstützung von Bund und Land sowie die Sicherung einer klimagerechten Mobilität für alle durch Umwandlung der Pendlerpauschale in ein Mobilitätsgeld und die schnelle Umsetzung eines bezahlbaren bundesweiten Nahverkehrstickets und der kontinuierliche Ausbau der erneuerbaren Energien.

Mit einsetzender Dunkelheit strömen weitere Menschen zum Ottoplatz in Deutz, um sich dem friedlichen Protest und den Forderungen der Gruppen anzuschließen. Es wird getanzt und mitgesungen. So wirkt die Veranstaltung vor dem Bahnhof Köln/Messe-Deutz neben aller ernsten Inhalte bis zum Ende kurz nach 19 Uhr auch wie ein fröhlichesFest.