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Flüchtlinge in KölnZur Miete bei Mariele Millowitsch

Lesezeit 3 Minuten

Mariele Millowitsch (r.) hat Twina und ihrem Sohn Stefan eine Wohnung vermietet.

Köln – Die Tamilin Twina, die auf Sri Lanka um ihr Leben fürchten musste, wohnt jetzt mit ihrem Sohn Stefan (5) in der Südstadt. Stefan ist im Kindergarten, Twina geht jeden Morgen zum Deutschunterricht. Ende Januar beginnt die 31-jährige Lehrerin ein Praktikum in einem Kindergarten. „Darauf freue ich mich“, sagt die Frau, die im Mai 2013 aus ihrer Heimat fliehen musste, als ihr Mann, politisch aktiver Tamile, inhaftiert wurde.

Auf Sri Lanka tobt seit Jahrzehnten ein Bürgerkrieg zwischen Singhalesen und der tamilischen Minderheit, von denen ein Teil einen eigenen Staat fordert.

„Ich würde in Köln gern als Kindergärtnerin arbeiten“, sagt Twina. Die ersten Monate ging es ihr und ihrem Sohn in Köln schlecht. „Wir kannten niemanden, konnten uns nicht zurechtfinden und hatten keine Perspektive. Wir haben viel geweint.“ Ihren Mann habe sie seit der Flucht nicht mehr gesprochen. „Er ist wohl tot.“ Sie sagt das leise, aber eher beiläufig: Morde an der tamilischen Minderheit sind in Sri Lanka an der Tagesordnung.

Inzwischen kann Twina wieder lachen. Das liegt auch an Mariele Millowitsch, die neben ihr am Küchentisch sitzt. Die Schauspielerin hat Twina die Wohnung in ruhiger Lage mit tollem Blick vermietet. „Ich habe im »Kölner Stadt-Anzeiger« gelesen, dass die Flüchtlinge hier in Turnhallen und Baumärkten untergebracht werden“, sagt Millowitsch. „Das hat mich fassungslos gemacht: Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, weil dort Krieg herrscht, so unterzubringen. Die Menschen müssen bei uns im Viertel leben, um hier heimisch werden zu können. Integration funktioniert nicht, wenn man die Menschen ausschließt.“ Millowitsch rief beim Auszugsmanagement der Stadt an und fragte, wie sie eine Wohnung an Flüchtlinge vermieten könne.

Schnell traf man sich zu einem Gespräch. Millowitsch wollte gern einer alleinstehenden Frau mit Kind helfen – zunächst hieß es, die 50-Quadratmeter-Wohnung könne aufgrund der Vorschriften nur von einer Person bezogen werden, doch die Behörde habe eingelenkt. Zwei Frauen stellten sich dann vor.

Sehr gute Erfahrungen

„Man bekommt nicht einfach jemanden zugeteilt, der Wohnungsbesitzer entscheidet“, sagt Millowitsch. Für Twina und ihren Sohn und gegen eine Frau aus Aserbaidschan entschied sich die 59-Jährige, weil Twina sonst keine Chance auf eine eigene Wohnung gehabt hätte: Sie verfügte nicht über einen Wohnberechtigungsschein.

„Dank der öffentlichen Diskussion über eine würdige Willkommenskultur fragen inzwischen mehr Privatleute, wie sie ihre Wohnung an Flüchtlinge vermieten können“, sagt Stefan Ferber, Leiter des Amts für Wohnungswesen. „Unsere Erfahrungen mit den Mietern sind sehr gut.“ Einziges Manko für Vermieter: Die von der Stadt übernommenen Kosten richten sich nach dem Mietspiegel und sind oft niedriger als die Preise, die in Köln gezahlt werden. „Das ist für viele Menschen, die Wohnungseigentum haben, sicher verkraftbar“, sagt Millowitsch, die auf viele Nachahmer hofft.

Das Leben von Twina und ihrem Sohn hat nicht nur mit Hilfe von Mariele Millowitsch, sondern vor allem auch dank der Kölner Freiwilligenagentur eine glückliche Wendung genommen. Zwei Frauen helfen Twina bei Behördengängen, Weihnachten hat Twina mit ihrem Sohn abwechselnd bei den Familien der beiden verbracht.

Als sie in Köln ankam, habe ihr das Ausländeramt die Adresse eines Kalker Hotels in die Hand gedrückt und zu verstehen gegeben: Hier werden Sie jetzt erstmal unterkommen. „Ich bin rausgelaufen und habe nur noch geheult.“ Ein Jahr hat sie in dem Hotel gelebt, vier Monate danach in einem Asylbewerberheim. Seit Mitte Dezember lebt sie dank ihrer prominenten Unterstützerin mitten in der Südstadt.

Twina und ihr Sohn sind in Köln angekommen.