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Gedenken in Kölner SüdstadtStolpersteine erinnern an jüdische Jecke

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Die neu verlegten Stolpersteine

Südstadt – Max Salomon, geboren 1886, seine Frau Christina und Tochter Erika – sie waren Kölner Juden, liebten das Leben, ihre Heimatstadt und den Karneval, bis sie vom NS-Terror vertrieben wurden. An sie erinnern jetzt drei Stolpersteine vor dem Haus Lothringer Straße 1. Gunter Demnig hat sie verlegt. Binnen zwei Tagen hinterließ der Aktionskünstler in Köln 72 neue Stolpersteine an 19 Orten. Allein sechs Stolpersteine kamen zum Beispiel in den Eingangsbereich der Königin-Luise-Schule, Schüler hatten im Projektunterricht die Schicksale von fünf ehemaligen Schülerinnen und einer Lehrerin erforscht.

Den Salomons aus der Lothringer Straße gelang 1939, kurz vor Ausbruch des Weltkriegs, die Flucht in die USA. Ihre Stolpersteine finanzierte der Karnevalsverein Kölsche Kippa Köpp, genauso wie die vier Stolpersteine, die Demnig tags zuvor an der Brüsseler Straße 88 verlegt hatte – zum Andenken an Wilhelm Salomon, den jüngeren Bruder von Max, seiner Ehefrau Emma, Tochter Lieselotte sowie Henriette Salomon, Mutter von Max und Wilhelm. Sie wurde 1943 im KZ Sobibor umgebracht. Wilhelm Salomon dagegen konnte wie Max mit Frau und Tochter 1935 nach Israel (damals noch Palästina) emigrieren.

Michael Polonskij (Synagogengemeinde), Volker Scholz-Goldenberg und Aaron Knappstein (Kölsche Kippa Köpp, v. l.) in der Lothringer Straße vor den drei Stolpersteinen für Max, Christina und Erika Salomon. 

Die Brüder Salomon sind für die Kölschen Kippa Köpp von zentraler Bedeutung: Max und Wilhelm, von Beruf Textilkaufleute, privat begeisterte Jecke, gründeten den ersten jüdischen Kölner Karnevalsverein – genannt „Kleiner Kölner Klub“, der 1922 aus einem Kegelverein hervorging. Der KKK veranstaltete Sitzungen unter anderem in der Wolkenburg. Max Salomon stieg als Präsident selbst in die Bütt. Der KKK ist das historische Vorbild für die Kölsche Kippa Köpp, die sich ebenfalls dezidiert als jüdischer Karnevalsverein verstehen. Den Anstoß zur ersten Gründung eines jüdischen Karnevalsvereins nach dem Zweiten Weltkrieg gab Aaron Knappstein vor zwei Jahren. Mit der Idee trug er sich schon seit 2012, als es im NS-Dokumentationszentrum eine Ausstellung zum Judentum im Karneval „Kölle Alaaf unterm Hakenkreuz“ gab. Knappstein, der ehrenamtlich beim Dokumentationszentrum arbeitet, sagte: „Seitdem beschäftige ich mich mit dem Thema, es gibt noch viel herauszufinden.“

Das jecke Gen der Salomon-Brüder war so stark ausgeprägt, dass sie selbst in New York und Israel Karnevalssitzungen veranstalteten. Die Stolpersteine im öffentlichen Raum würden mittlerweile so häufig verlegt, dass die Synagogengemeinde gar nicht von allen Terminen erfahre, sagte Michael Polonskij, der ebenfalls vor Ort war. Eine Liste aller Stolpersteine in Köln habe die Synagogengemeinde daher nicht. „Ein Mangel“, fand Knappstein und regte an: „Es müsste einen engeren Austausch zwischen dem NS-Dok und der Synagogengemeinde geben.“