Köln-DeutzEin Modell, das den archäologischen Forschungsstand von heute abbildet
Innenstadt/Deutz – Wo heute nahe des Rheinufers in Deutz das Caritas-Altenzentrum St. Heribert steht, ragten ab dem Jahr 310 auf einer Länge und Breite von je 142 Metern die Türme und Mauern des Deutzer Kastells in die Höhe. Von der rechtsrheinischen Befestigungsanlage der Römer ist heute oberirdisch allerdings nichts mehr zu sehen. Nur die eingefärbten Pflastersteine auf den Straßen und Gehwegen zwischen Mindener Straße und Rheinboulevard lassen noch die Grundrisse des Kastells, seiner Baracken und die anderen Einrichtungen erahnen.
Um das Andenken an diese auf der rechtsrheinischen Seite einzigartige Militäranlage zu bewahren hat der „Förderverein Historischer Park Deutz“ (FHPD) ein Bronzemodell in Auftrag gegeben, das die archäologisch fundierte Rekonstruktion des ehemaligen Legionärslagers wiedergibt. Bisher existierte nur eine Idealrekonstruktion des Künstlers Ernst Moißl von 1950, die dem aktuellen Forschungsstand nicht mehr genügt.
„Daher hat unser Förderverein beschlossen, mit Unterstützung des Römisch-Germanischen Museums ein Modell zu entwickeln, das den archäologischen Forschungsstand von heute abbildet“, erklärt der Vorsitzende des FHPD, Thomas-Georg Tremblau. „Das ist von größter Relevanz für das rechtsrheinische Köln, denn die Forschung ist sicher, dass das »Kastell Divitia« die Wiege von Deutz ist – was sich auch am Namen des zweitältesten Stadtteils Kölns zu erahnen ist.“
Mit dem Modell will der Verein die 1700-jährige Geschichte von Deutz ganz nach seinem Motto „erlebbar und begreifbar“ machen. Dazu hat der FHPD gemeinsam mit Künstlerin Gisela Weinert ein Bronzemodell entworfen, das im Maßstab 1:100 die Militäranlage aus dem vierten Jahrhundert detailgetreu mit ihren einst 18-Meter aufragenden Türmen, den acht Meter hohen Wällen und den Baracken nachbildet.
Den aktuellen Zwischenstand präsentierte Tremblau gemeinsam mit Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke und Künstlerin Weinert in deren Atelier interessierten Bürgern.
Niedergermanischer Limes
Bis im Frühjahr 2020 soll das Gussmodell fertiggestellt und auf einer Aussichtsplattform auf dem Rheinboulevard in Deutz errichtet werden. So wird das Modell rechtzeitig vor der Aufnahme des Kastells als wichtigem Bestandteil des Unesco-Welterbes „Niedergermanischer Limes“ im Jahr 2022 fertig sein.
Die Kosten in Höhe von insgesamt 60000 Euro hat der Verein bereits im Vorfeld knapp zur Hälfte selbst gedeckt, der Bezirk bezuschusst die Maßnahme zudem voraussichtlich mit 10000 Euro. „Den Rest finanzieren wir durch die Mitgliedsbeiträge unseres 130-köpfigen Vereins – wir freuen uns aber auch über die Unterstützung der Bürgerschaft“, so Tremblau.
Ab dem Frühsommer 2020 wird die 1700-jährige Keimzelle von Deutz für alle Flaneure auf dem Rheinboulevard im Miniaturformat nicht nur sichtbar, sondern auch tastbar sein. „Wir wollen bei den Menschen so das Interesse für die reiche Geschichte dieses Stadtteils wecken. Viele wissen gar nicht, an welchem geschichtsreichen Ort sie hier vorbeispazieren“, so Sascha Ringling, Schatzmeister vom FHPD.
Führungen unter St. Heribert
Dazu bieten Tremblau, Ringling und andere Mitglieder des Fördervereins auch Führungen in den unterirdischen Gewölben des heutigen Caritas-Altenzentrum St. Heribert an. Dort können sich Interessierte die Mauergewölbe aus den verschiedenen Epochen – angefangen bei der Römerzeit, über das Mittelalter bis in die Jahre des Barock – nicht nur anschauen, sondern auch anfassen.
„Besonders für unsere kleinen Besucher wird Geschichte dadurch zum Erlebnis“, erklärt Tremblau. Daneben gibt es auch Tonscherben aus römischer Zeit und die Überreste des Eingangs in einen der römischen Wehrtürme zu bestaunen. An der Oberfläche zurück können die Besucher dann auch die Ausmaße des Kastells anhand der Pflastermarkierungen nachempfinden. „Dazu müssen sie sich nur bei uns melden. Wir arrangieren dann eine kostenlose Führung – unter und über der Oberfläche.“