AboAbonnieren

Interview mit Fernseh-Trödel-Experten Corradino„Man darf nie zu interessiert tun“

Lesezeit 4 Minuten

Trödel- und Antiquitäten-Experte Mauro Corradino

Innenstadt – Der Antiquitätenhändler Mauro Corradino hat sich in seinem Geschäft am Marsilstein 6 über eine Kommode gebeugt und reibt mit einer Flüssigkeit und einem Tuch darüber, als das Interview beginnt.

Herr Corradino, was machen Sie da gerade?

Ich poliere mit Schellack. Die Kommode habe ich restauriert, ihr einen Ölschliff verpasst und jetzt reibe ich sie mit Schellack ab. Sieht doch toll aus, oder? Das wird aber nicht die letzte Politur.

Wie viele folgen noch?

Bis zu sieben. Mal sehen.

Klingt, als brauche man reichlich Geduld, um Antiquitäten zu restaurieren. Was reizt Sie daran?

Mein Beruf ist großartig. Der wird nie langweilig, alles ist immer wieder neu. Ich lerne dauernd Menschen kennen, entdecke neue Möbel. Ich bin ein Ästhet. Ich liebe es, wenn ich auf einem Flohmarkt uralte Möbel sehe, die noch nicht hergerichtet sind. Dann sehe ich gleich die Herausforderung in ihnen.

Können Sie denn überhaupt noch auf Flohmärkte gehen? Vermutlich werden Sie doch durch Ihre Rolle als Experte im RTL-II-Trödeltrupp sofort erkannt.

Das stimmt, einfach so kann ich nicht mehr hingehen. Aber ich verkleide mich: Ich ziehe mir eine Sonnenbrille an und eine Mütze. Ich habe mir dafür inzwischen eine richtige Sammlung zugelegt.

Vom Flohmarkt?

Nicht nur. Ich kaufe schon auch gerne in Geschäften ein. Das ist ja einer der Vorteile, wenn man im Mauritiusviertel lebt: Man ist sofort in der Innenstadt. Na ja, und wenn ich dann so verkleidet bin, dann klappt’s für mich auf dem Flohmarkt. Außer meine Stimme verrät mich.

Dann ist der Preis kaputt.

Nö, das nun nicht. Da gibt’s ja Tricks.

Oh, welche denn?

Zum Beispiel darf man nie auf Anhieb zu erkennen geben, für welches Teil man sich wirklich interessiert. Wenn ich an einem Stand etwas sehe, frage ich immer erst den Preis von etwas anderem nach, dann noch was, und dann frühestens das Teil, das mich eigentlich interessiert. Meist beim zweiten, sicher beim dritten Nachfragen werden die Preise günstiger.

Klasse. Was hilft noch?

Man darf nie zu interessiert tun. Man muss sich Zeit lassen auf dem Flohmarkt. Erstmal alles in Ruhe anschauen, später zum Stand zurückkehren, wo etwas Interessantes war.

Und wenn’s dann weg ist?

Pech. Dann klappt’s beim nächsten Mal. Man darf das nie zu wichtig nehmen, wir reden hier schließlich von Dingen und nicht von Menschen. Und es gibt so viel Trödel, klappt’s einmal nicht, klappt’s beim nächsten Mal. Selbst im Sperrmüll am Straßenrand habe ich mal Louis-Seize-Stühle und eine Biedermeier-Kommode gesehen. Manchmal wundert man sich darüber, was die Leute alles wegwerfen.

Über welches Stück haben Sie sich mal geärgert, als Sie es weggegeben hatten?

Eine Madonna von 1720. Die hatte ich vom Trödelmarkt, habe sie restauriert und verkauft. Dann hat es mir leidgetan. Also habe ich sie zurück gekauft und meiner Schwester geschenkt. Die ist noch glücklich damit.

Und wenn Sie einmal wieder etwas zum richtig Glücklichmachen suchen: Auf welchem Kölner Flohmarkt stöbern Sie dann ganz besonders gern?

Am Uni-Center findet man schöne Ware, nicht nur neue Sachen. Und richtig gut finde ich den Flohmarkt am Schokoladenmuseum: Da sind die Preise zwar höher, aber dafür findet man manchmal richtig ausgefallene Ware. Neulich habe ich da eine barocke Kommode gesehen; allerdings habe ich sie nicht gekauft, weil sie mir zu teuer war.

Na ja, Sie haben ja eh noch ein paar Lackierungen an der Kommode in Ihrem Geschäft vor sich.

Ganz genau!

Das Gespräch führte Verena Koll

Zur Person

Mauro Corradino (46) ist gelernter Kinderpfleger, hat sich fortgebildet zum IT-Kaufmann und sich dann selbstständig gemacht als Antiquitätenhändler. Bekannt ist er als Experte aus der RTL-II-Dokureihe „Der Trödeltrupp“, zu sehen sonntags, 16 Uhr, sowie am Montag, 10. April, ab 20.15 Uhr in der großen Trödeltrupp-Auktionsnacht. Mauro Corradino stammt aus Schwerte und zog 1993 der Liebe wegen nach Köln. „Die Beziehung hat nicht gehalten“, verrät er, „die Liebe zur Stadt schon“. (vek)

Mauro Corradino verrät seine Lieblingsplätze im Veedel

Was mir im Mauritiusviertel gut gefällt:

Wo hast du schon ein Viertel, in dem du über die Straße gehst und jeden kennst? Hier ist das so. Wie im Dorf.

Mein liebster Platz:

Mit meinem Chihuahua Harry spaziere ich gern den Rinkenpfuhl hinunter zum Mauritiuskirchplatz. Im Vorbeigehen bewundere ich die Wolkenburg, die finde ich wirklich schön, das ist mein liebster Platz im Veedel. Tja, und dann geht’s zurück über den Mauritiussteinweg zum Marsilstein. Auch den Markt an der Apostelnkirche mag ich gern.

Mein Lieblingslokal:

Wenn ich im Sommer bei Riphahn am Apostelnkloster draußen sitzen und einen Weißwein trinken kann, das ist herrlich. Und bei Gianni in La Piazzetta an der Schaafenstraße, da schmeckt’s immer wunderbar!

Was im Veedel verbesserungswürdig ist:

Ich wünschte mir, dass vor dem Zebrastreifen am Marsilstein Bodenwellen in die Straße gebaut würden. Wer da als Fußgänger auf die andere Seite will, muss echt aufpassen, es halten bei weitem nicht alle Fahrer an.