Nach einer Unterhaltung über den russischen Angriffskrieg kam es in Köln zu einer schweren Messerattacke.
Tatort Zülpicher Straße in KölnUkrainer wegen Messerattacke angeklagt – Opfer war „pro-russisch“

Blick auf das Landgericht in Köln.
Copyright: Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild
Ein aus der Ukraine stammender Mediziner muss sich seit Montag wegen versuchten Totschlags vor dem Kölner Landgericht verantworten. Der Angeklagte war auf der Zülpicher Straße einem offenbar russischstämmigen Mann begegnet. Nach einer kurzen Unterhaltung kam es offenbar wegen gegensätzlicher Ansichten zum tobenden Krieg in der Ukraine in Streit. Kurz darauf kam ein Messer zum Einsatz.
Köln: Opfer „auf russischer Seite“
In der Tatnacht im August vergangenen Jahres habe der in Erftstadt lebende Angeklagte den Box-Sieg des ukrainischen Weltmeisters Oleksandr Usyk gegen den Briten Anthony Joshua feiern wollen. „Dieser Kampf war wichtig für mich, ein Zeichen gegen den Krieg und für die Ukraine“, erklärte der Beschuldigte über seine Verteidigerin Lena Retschkemann und seinen Verteidiger Martin Bücher.
Mit einem Bekannten sei er nach Köln gefahren, habe auf den Ringen Alkohol getrunken und Marihuana geraucht. Auf dem Rückweg zum Bahnhof Süd habe man zwei Brüder kennen gelernt, die russisch sprachen. „Wir sind dann auch auf das Thema Krieg gekommen, das ging aber in die falsche Richtung.“ Die Brüder seien diesbezüglich auf russischer Seite gewesen. Hierüber kam es zum Streit.
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Kölner Polizisten hatten Parteien bereits getrennt
Nachdem Polizisten die beiden Lager bereits einmal getrennt hatten, trafen sich der Angeklagte und einer der Brüder wieder. „Ich scheiß’ Ukrainer solle endlich gehen“, erklärte der Angeklagte, warum er vollends ausgerastet und sein Messer gezogen habe. Ein Stich traf den Bauch des Opfers, Darm trat der Wunde aus. Kurz darauf wurde der 45-Jährige festgenommen, sitzt seitdem in U-Haft.
„Ich schäme mich abgrundtief dafür“, sagte der Angeklagte, „ich bin Arzt und möchte den Menschen helfen, sie nicht verletzen.“ Mehrere Jahre hatte der Mann in Westafrika als Chirurg gearbeitet, seine Familie wurde inzwischen in Deutschland eingebürgert. Die Eltern des Mannes verfolgten den Prozessauftakt im Gericht, wollen 3000 Euro als erstes Schmerzensgeld für das Opfer beisteuern.
Anwalt sieht lediglich gefährliche Körperverletzung
Das Messer habe er lediglich „zur Abschreckung“ dabei gehabt, sagte der Beschuldigte, nachdem er an seinem Wohnort einmal überfallen worden sei. „Das war eine unfassbar dumme Entscheidung“, kommentierte der 45-Jährige. Nach ähnlichen Vorfällen in der Vergangenheit hatte die Polizei bekanntlich Waffenverbotszonen im Bereich des Zülpicher Viertels und der Ringe eingerichtet.
Verteidiger Bücher erklärte, sein Mandant habe in dem dynamischen Streitgeschehen die Möglichkeit gehabt, nochmal Mal zuzustechen. Es müsse daher von einem Rücktritt eines Tötungsversuchs und lediglich von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen werden. Aufgrund der Alkoholisierung läge auch eine verminderte Schuldfähigkeit vor. Der Prozess wird fortgesetzt.