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Brandschutz im Kölner DomDachstuhl aus Eisen schließt Katastrophe nicht aus

Lesezeit 5 Minuten

Der Kölner Dom 

Köln – In Köln ist die Betroffenheit nach dem verheerenden Feuer in der Pariser Kathedrale besonders groß. „Notre-Dame de Paris steht genauso symbolisch für Frankreich wie der Kölner Dom für Deutschland“, erklärte Domprobst Gerd Bachner. Deshalb schmerze die Kölner das Bild der brennenden Kathedrale ganz besonders. Dombaumeister Peter Füssenich, der bis tief in die Nacht mit Dombaumeistern aus Europa im Austausch stand, äußerte sich zutiefst entsetzt. Als Zeichen der Solidarität läuteten um 12 Uhr die Glocken des Kölner Doms. Gleichzeitig steht die Frage im Raum, ob ein solches Feuer auch im Kölner Dom ausbrechen könnte und wie sich Feuerwehr und Dombauhütte auf einen solchen Katastrophenfall vorbereiten.

Könnte eine solche Brandkatastrophe auch am Kölner Dom passieren?

Für Dombaumeister Peter Füssenich ist klar, dass sich ein solches Feuer-Inferno wie in Paris zumindest nicht so schnell entwickeln könnte und auch deutlich weniger wahrscheinlich ist. Grund ist der eiserne Dachstuhl des Kölner Doms. Notre Dame in Paris wurde aus Holz gebaut und die 1300 verbauten Eichen boten dem Feuer reichlich Nahrung.

Der Dachstuhl aus Eisenträgern

Der Dom-Dachstuhl wurde dagegen im 19. Jahrhundert als seinerzeit größtes und modernstes Eisenbauwerk Europas aus Stahl gebaut. Dies bedeutet einen deutlich besseren Schutz. Mit einem hölzernen Dach hätte der Dom schon im Zweiten Weltkrieg noch viel gravierendere Schäden davongetragen. Wirklich auszuschließen ist eine solche Katastrophe laut Füssenich in Köln allerdings nicht.

Wo liegen im Kölner Dom die neuralgischen Punkte?

Auch im Kölner Dom gibt es hölzerne Elemente. Selbst bei einer Tragekonstruktion aus Stahl sind nach wie vor Holzschalungen und Balken notwendig. Im Brandfall verformt sich der Stahl relativ schnell und wird genauso zum Problem wie eine reine Holzkonstruktion. Hinzu kommen hölzerne Bänke und Türen. Weitere Gefahrenquellen sind wie in Paris Restaurierungsarbeiten, bei denen auch mit Gasbrennern gearbeitet wird.

Welche Schäden könnte ein Brand im Dachstuhl des Doms anrichten?

Die Frage lässt sich nur schwierig beantworten. Die tragenden Elemente des Dom-Dachstuhls bestehen aus Stahl. Die Temperatur würde bei einem Brand nach Auskunft der Feuerwehr nicht so sehr steigen, dass die Stahlkonstruktion schmelzen könnte. Die nur drei Millimeter dicken Bleiplatten, mit denen das Dach gedeckt ist, könnten allerdings zumindest teilweise flüssig werden, nach unten tropfen und sich dort wieder verfestigen. Die unter den Bleiplatten befindliche Holzkonstruktion würde zwar verbrennen, die Menge ist aber so gering, dass es sich um ein lokal begrenztes Feuer handeln würde. Die im Dom verbauten Steine sind nicht brennbar.

Wie steht es um den Brandschutz in Köln?

Alle Mitarbeiter der Dombauhütte werden laufend geschult. Arbeiten am Dom – vor allem Löt- und Schweißarbeiten – würden nur unter Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt, erläuterte Füssenich. Zudem werde das Brandschutzkonzept ständig überarbeitet und erweitert. So wird beispielsweise regelmäßig geübt, wie im Brandfall die einzigartigen Kunstwerke mit speziellen Löschdecken gesichert werden können.

Wie bereiten sich Feuerwehr und Dombauhütte auf den Ernstfall vor?

Es gibt regelmäßig Begehungen und Übungen mit der Feuerwehr, bei denen sich auf Katastrophenszenarien vorbereitet wird. Die Mitarbeiter der Feuerwachen üben jedes Jahr das Anlegen der Drehleitern und begehen den Dom, um sicherzustellen, dass sie im Notfall ortskundig sind.

Die Einsatzkräfte der Feuerwehr üben jedes Jahr das Anlegen der Drehleitern.

Außen am Dom sind Löschwasserleitungen bis hoch zum Dach installiert, um schnell oben am Dach Wasser zu haben. Außerdem gibt es vier Punkte um den Dom, die für Drehleitern immer frei gehalten werden.

Wie reagiert die Feuerwehr, wenn im Dom ein Feuer ausbricht?

Die Einsatzkräfte der für den Dom zuständigen Feuerwache Innenstadt an der Agrippastraße befinden sich zur Kathedrale in einer Entfernung von nur einem Kilometer. Sie sind innerhalb weniger Minuten vor Ort. Die Feuerwehr verfügt über einen eigenen „Feuerwehreinsatzplan Dom“. Dieser enthält Informationen über die Lage der Einspeisestellen für das Löschwasser und der Anlegestellen für die Drehleitern. Rein vom taktischen Vorgehen unterscheidet sich die Brandbekämpfung im Dom allerdings nicht von Bränden in anderen großen Gebäuden.

Wie viele Einsatzkräfte fahren zum Dom, wenn ein Feuer gemeldet wird?

Geht ein Feueralarm im Kölner Dom ein, rücken sofort vier Löschzüge aus, eine weitere Unterstützung wird angefordert. Das heißt konkret, dass fünf Löschfahrzeuge, vier Drehleitern, vier Tanklöschfahrzeuge, der Rettungsdienst und der Führungsdienst zum Dom fahren, um das Feuer zu bekämpfen.

Wie sinnvoll wäre es, einen Brand auf dem Dach des Doms aus der Luft zu löschen?

Die Kölner Feuerwehr verfügt nicht über Hubschrauber, die Löschwasserbehälter transportieren können. Bei einem so großen Wasserabwurf besteht aber ohnehin die Gefahr, tragende Bauteile des Doms zu zerstören, die vom Feuer nicht gefährdet sind.

Zusätzlich würde die Feuerwehr ihre eigenen Einsatzkräfte, die sich zur Bekämpfung des Brandes innerhalb des Dom befinden, erheblich gefährden, weil die Hubschrauber so große Mengen an Löschwasser nicht zielgenau abwerfen können.

Wird die Kölner Feuerwehr den Notre-Dame-Brand zum Anlass nehmen, den Einsatzplan für ein Feuer im Dom jetzt noch einmal zu überprüfen?

Die Feuerwehr steht im ständigen Kontakt mit dem Dombaumeister und aktualisiert die Einsatzpläne. „Das Feuer in der Kirche Notre Dame ist kein Anlass, den Einsatzplan der Kölner Feuerwehr zu überdenken – zumindest nicht, solange nicht nähere Erkenntnisse zur Brandentstehung und dem Brandverlauf vorliegen“, sagte ein Feuerwehr-Sprecher. Dombaumeister Füssenich plädiert dagegen dafür, sich nach Auswertung der Erfahrungen der Notre-Dame-Katastrophe zusammenzusetzen und die Erfahrungen in Köln einfließen zu lassen.

Warum geht der Brand einer Kirche vielen Menschen in Köln trotz Säkularisierung und stark sinkender Kirchenbindung so nah?

Nach Ansicht von Dombaumeister Füssenich spüren die Menschen – egal ob sie religiös sind oder nicht –, dass das Werk und der Geist von Generationen vernichtet wurden. Sie nähmen wahr, dass Gebäuden wie Notre Dame oder der Dom als Generationenprojekte Symbol sind für eine Aufgabe, die über einen selbst hinausweist und nie an ein Ende kommt. Sie sind eine „fortwährende Ermutigung dafür, was man nie alleine, aber wohl als Gemeinschaft schaffen kann“.