Kölner Fahrradhändler im Corona-Hoch„Eigentlich sind alle Räder schon ausverkauft“
Köln – Ralf Portz hat eigentlich keine Zeit, zu erzählen. Draußen vor dem Schaufenster des Traditionsgeschäfts „Portz am Ring“ an der Lindenstraße stehen schon drei Kunden. Eine junge Frau hat einen lockeren Gepäckträger, eine andere will ihr vorbestelltes Rad abholen, ein Kunde gibt eines zur Reparatur ab.
Corona-Hoch beim Fahrradverkauf und jetzt auch noch das tolle Wetter, bei dem alle ihre Zweiräder in Bestform haben wollen: Portz und seine Mitarbeiter haben jede Menge zu tun – Termine sind sorgfältig im Computer getaktet. Manchmal muss Portz Kunden auch vertrösten, wenn er Wünsche nicht erfüllen kann. Denn Tatsache ist: „Für dieses Jahr ist eigentlich alles ausverkauft.“
Seit Pandemie-Beginn ist die Nachfrage nach Fahrrädern ungebrochen und die meisten Kunden haben die Räder für dieses Jahr schon im Oktober/November 2020 vorbestellt. Wer jetzt noch etwas Spezielles haben will, geht häufig leer aus.
E-Bikes sind knapp
Zum Beispiel zwei Frauen unter 1,60 Meter, die Trekkingräder kaufen wollten. „Da musste ich passen.“ Weil er als kleiner Einzelhändler an bestimmte Marken gebunden ist, konnte er für die Frauen auch nicht einfach bei einer anderen Firma bestellen. In normalen Zeiten gebe es noch die Chance, dass die Kollegen der Einkaufsgenossenschaft, zu der Portz gehört, untereinander tauschen. „Aber die haben auch nichts mehr.“
Knapp sind auch E-Bikes, der große Corona-Renner. Da sind zum Beispiel zwei Rahmen-Fabrikate komplett ausverkauft. Und Bosch als Hauptlieferant für die Motoren kommt mit der Produktion nicht hinterher. „Es gibt Lieferzeiten bis ins nächste Jahr.“ Die Hersteller erhöhen die Preise und begründen das vor allem mit den teureren Transportkosten. Die Kosten für Container etwa haben sich vervielfacht.
Ersatzteile aus Asien fehlen
Um die vielen Reparaturen zu schaffen, hat Portz zu seinen bisher vier „Schraubern“ noch einen weiteren angestellt. Doch in der kleinen Werkstatt gleich hinter dem Laden können sie wegen der Hygienevorschriften nicht gleichzeitig arbeiten. Noch schaffen sie die Reparaturen. Aber: „Die Ersatzteilbeschaffung macht mir etwas Angst.“
Ersatzteile kommen vor allem aus Asien, und auch dort waren Werke wegen Corona zeitweise geschlossen. Der japanische Weltmarktführer Shimano braucht laut Branchenexperten etwa ein Jahr, um seine Produktion spürbar hochzufahren. „Einige Reparaturen können wird zurzeit nicht ausführen.“ So musste Portz einen Rennradfahrer wegschicken, weil es das benötigte Ritzel einfach nicht mehr gab. „Auch nicht bei den 16 Grossisten, die ich angerufen habe.“
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Insgesamt, und das findet Portz positiv, seien die Kunden aber nun bereit, für professionelle Reparaturen auch entsprechend zu bezahlen und in ihr Rad zu investieren. „Bei 120 Euro Reparaturkosten haben die uns früher groß angeschaut, jetzt wird das ohne mit der Schulter zu zucken bezahlt.“
Rose Bikes eröffnet Laden am Ring
Einer der größten deutschen Fahrrad-Onlinehändler und Hersteller, Rose Bikes mit Sitz in Bocholt, eröffnet einen Store am Kaiser-Wilhelm-Ring 26. Losgehen soll es im Mai/Juni. Köln habe man als idealen Standort ausgewählt, um flächendeckend auch stationär in Deutschland vertreten zu sein, so eine Sprecherin. Stores hat die Firma bisher in Bocholt, München, Berlin, Posthausen, Mannheim sowie am Zürichsee in der Schweiz.
Seine Vorbestellung bei den Herstellern für das Jahr 2022 hat Portz schon gemacht, denn der Boom werde erst einmal nicht aufhören, glaubt er. Er erwartet für 2022 allerdings auch eine Schwemme von gebrauchten E-Bikes. Denn viele Kunden hätten einfach aus dem Wunsch heraus, sich in der Natur zu bewegen und einen Hauch von Urlaub zu erleben, ein vermeintlich bequemes E-Bike gekauft.
„Was willst du mit einem Fahrrad?“
„Obwohl viele gar keine Radfahrer sind. Bei manchen Kunden habe ich wirklich gedacht: Was willst du eigentlich mit einem Fahrrad?“ Doch die Nicht-Versierten und Untrainierten merken dann auch irgendwann, dass Drei-Stunden-Touren auch auf dem E-Bike sehr anstrengend sind.
Derweil steht die nächste Kundin vor der Tür. Sie bekommt von ihrem Arbeitgeber ein Jobrad finanziert. Das hat nichts mit Corona zu tun. „Das ist einfach die beste Art, sich in der Stadt zu bewegen, vor allem, seit es jetzt die Radstreifen am Ring gibt.“ Ralf Portz schaut in seinem Computer nach, was er da noch anbieten kann.