Seit Ende der 1990er ist Kölns Fernsehturm für Besucher nicht mehr zugänglich. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sich auf den Weg nach oben gemacht und zeigt ungewöhnliche und historische Bilder.
Kölns höchster „Lost Place“So sieht es im Colonius aus – Betreiber nennt Bedingungen für Wiedereröffnung
Ein paar Mal schlucken, um den Druck auszugleichen, muss man im Aufzug schon. 174 Meter hoch geht es bis in die Kanzel des Colonius, Kölns Fernsehturm. Christian Peters tritt als erster aus dem Lift. „Dann mal los.“ Mit einem Kollegen ist er einer der wenigen, der den Colonius regelmäßig von innen sieht, beide sind für die Instandhaltung zuständig. Denn der Weg nach oben ist einer, der den meisten Kölnerinnen und Kölnern seit rund 25 Jahren verwehrt ist.
Seit 1994 ist die Gastronomie geschlossen, 1999 war dann endgültig auch mit den legendären Technopartys und privaten Veranstaltungen Schluss. Wie sieht es jetzt auf dem Colonius aus? Und wie stehen die Chancen, dass er bald wieder belebt ist? Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sich auf den Weg nach oben gemacht.
Sanierung des Innenbereiches würde 44 Millionen Euro kosten
Ehemaliges Restaurantgeschoss, 1. Stock der Kanzel. Aus dem Aufzug ausgestiegen, geht es hinein in das ehemalige Restaurant. 784 Quadratmeter ist das Geschoss groß. „Der Ausblick ist schon was, oder?“, sagt Peters, mit schwerem rheinischem Dialekt. Köln lässt sich hier in fast jedem Detail betrachten, nicht nur Dom und Stadion sind zu entdecken, sondern auch der Spielplatz im Grüngürtel, das 4711-Haus, der Weiher im Mediapark.
Peters deutet auf den äußeren Rand des Restaurantgeschosses. Hier gab es ein drehbares Rondell, auf dem Tische angeordnet waren. „In einer Stunde haben die Gäste dann eine Runde gedreht“, sagt er. Heute erinnert nicht mehr viel daran. Teppichreste, deren Stil 70er-Jahre schreit, liegen auf dem Boden. Ansonsten ist das Geschoss leer, die Decken sind freigelegt. „Das ist eine Brandschutzvorschrift“, erklärt Benedikt Albers, Pressesprecher der Deutsche Funkturm GmbH (DFMG), der der Colonius gehört.
„Und der Brandschutz würde auch eine große Rolle spielen, wenn es darum geht, hier wieder eine Gastronomie anzusiedeln.“ Eine erste Machbarkeitsstudie sieht rund 44 Millionen Euro für die Sanierung des Innenbereiches vor, offiziell kommuniziert wurde diese Zahl nie.
Seitdem der Stadtkonservator den Colonius voriges Jahr zum Denkmal erklärte, sind die Chancen gestiegen, dass diese Sanierung in Angriff genommen werden kann.
Stadt prüft eine Förderung für den Colonius
Stadt und Land könnten sich die eine Hälfte der Kosten teilen und beim Bund die Finanzierung der anderen Hälfte beantragen. Passiert ist allerdings noch nichts. „Die Verwaltung befindet sich hierzu in einem konstruktiven Austausch mit der Eigentümerin“, heißt auf Anfrage von der Stadt. „Ob für die Deutsche Funkturm GmbH eine Förderkulisse durch Bund, Land und Stadt zur Verfügung gestellt werden kann, wird derzeit in rechtlicher und finanzieller Hinsicht geprüft. Die Verwaltung wird dem Rat der Stadt Köln nach Abschluss dieser Prüfung einen Beschlussvorschlag zur Entscheidung über eine anteilige finanzielle Förderung vorlegen.“
Interessenten für die Gastronomie habe es zwar immer mal wieder gegeben, sagt Albers. „Da war aber niemand dabei, der ein wirtschaftlich tragbares Konzept hatte. Der Colonius ist nach dem Europaturm in Frankfurt der, was die Fläche angeht, zweitgrößte Fernsehturm Deutschlands. Hier müsste etwas mit Eventcharakter entstehen. Kaffee und Kuchen verkaufen, das reicht nicht mehr.“
Kölner Bordellbetreiber wollte Außenstelle im Colonius eröffnen
Ehemaliges Aussichtsgeschoss, 2. Stock der Kanzel. Peters führt über das Treppenhaus in die zweite Etage der Kanzel. 652 Quadratmeter Aussichtsfläche befinden sich hier. Die Aussicht auch hier – blendend. „Ein bisschen dreckig vielleicht“, sagt er mit einem Blick durch eines der hohen Fenster. Je nachdem, wie die Sonne fällt, zeichnet sich der Schmutz ab. Geputzt wurden die Fenster schon lange nicht mehr. Früher musste sich ein Industriekletterer vom Dach der Kanzel abseilen, um die Fenster zu wischen. Nun, wo keiner den Ausblick genießen kann, ist das nicht nötig.
Dabei gab es durchaus den ein oder anderen Vorschlag für eine Nutzung des Colonius abseits der Gastronomie. „Ein großer Bordellbetreiber aus Köln hat vor ein paar Jahren mal angefragt, ob er hier eine Außenstelle eröffnen könnte“, erzählt Albers schmunzelnd. „Für die ‚ganz besonderen Höhepunkte‘. Das haben wir dann abgelehnt.“ Stattdessen versuche man, ein bis zweimal im Jahr Besuchern über Sonderaktionen einen Blick in den Colonius zu verschaffen, zum Beispiel bei der „Nacht der Technik“.
Fakten zum ColoniusBauzeit: 1978 - 1981Kosten: 45 Millionen D-MarkHöhe: 266 Meter (mit Spitze)Aufzüge: 3 (1 in Betrieb)Treppenstufen: 1325
Techniketage des Kölner Funkturms ist weiter in Betrieb
Techniketage, 3. Stock der Kanzel. Nochmal über die Treppe geht es in den dritten Stock, in dem der Colonius regulär in Betrieb ist. Ein „Lost Place“, ein verlassener Ort, mitten in der Stadt, sei der Funkturm daher nicht. „Der Colonius erfüllt nach wie vor seinen technischen Zweck – Telefon-, Funk- und Fernsehsignale zu versenden“, sagt Albers. Geändert hat sich in den vergangenen Jahrzehnten aber trotzdem einiges.
Die Elektronik nimmt mittlerweile nur noch die Hälfte des Platzes in der Funk-Etage in Anspruch, die wie Bienenschwärme surrenden Server sind im Laufe der Zeit immer kleiner geworden. „Früher haben Mitarbeitende hier tatsächlich noch Kabel gesteckt, wenn sich beispielsweise der Haustelefonanschluss eines Kölners geändert hat“, erklärt Albers. Heute ist das nicht mehr notwendig.
Ausblick vom Dach der Kanzel des Colonius
Auf der Kanzel. Ein letztes Mal geht es über die Stufen hoch, zum höchsten Punkt, den Christian Peters dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zugänglich machen kann. Manuell hebelt er die Tür zum Dach der Kanzel auf. Windig ist es. Und der 360-Grad-Ausblick ziemlich unvergleichlich.
„Das beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich hier oben stehe“, sagt Christian Peters. „Dann denke ich: Ich hab‘ mir schon den richtigen Arbeitsplatz ausgesucht. Hier oben könnte ich mich stundenlang hinsetzen und einfach nur gucken.“