Kultkneipe in KölnWeißer Holunder hat geschlossen
Innenstadt – Der „Singende Holunder“ hat seine Heimat verloren. Die Veranstaltungsreihe, die jeden Sonntag Kölsches, Bündisches und Weltmusikalisches mit Live-Musik und Kneipenchorgesang verbindet, ist ins Nippeser Exil gegangen. Die Sänger wissen genau wie unzählige Stammtische und Stammgäste nicht, wie es mit Kölns Kultkneipe „Weißer Holunder“ an der Gladbacher Straße weitergeht.
An der Tür hängt ein Schild, dass bis zum 2. September wegen Umbauarbeiten geschlossen sei. Der ist vorbei, die Kneipe ist verrammelt, der Wirt schien zeitweise verschwunden. Nun taucht das ganze Haus im Internet als Verkaufsangebot auf – für über 1,3 Millionen Euro. Der Hausbesitzer lockt mit angeblichen monatlichen Mieteinnahmen von 7200 Euro. Die hängen jedoch zum Großteil von der Vermietung der Kneipe ab.
Abschreckende Mietpreise
Vom neuen Holunder-Pächter soll nach dessen Angaben der Hausbesitzer über 5000 Euro für Kneipe und Wohnung verlangt haben. Wie man diese Summe Monat für Monat in so einer kleinen Kneipe erwirtschaften kann, hatten viele schon vor der Schließung gefragt. Rene Pluciennick, bis zur Holunder-Übernahme Chef der Gastronomie im Bürgerhaus Stollwerck, soll bei der Suche nach den Nachfolgern für das ehemalige Wirtepaar Karl und Margot Schiesberg als Einziger übrig geblieben sein.
Andere sollen angesichts der Mietvorstellungen des Hausbesitzers abgewunken haben. Doch nicht nur die hohe Miete hat Pluciennick den Start erschwert. Nach Angaben des Ordnungsamts der Stadt hat er monatelang ohne eine Konzession die Kneipe betrieben. Nicht Reparaturarbeiten seien der Grund für die Schließung, sondern die Intervention der Ordnungsbehörden, die ihm das Lokal dichtgemacht hätten. Pluciennick sagt, Stadt und Vermieter hätten ihm das Leben schwergemacht, als es darum ging, geforderte Unterlagen zur Konzessionsübernahme vorzulegen. Er ist zuversichtlich, das Problem in Kürze lösen zu können. Aufgeben will er noch nicht. Auch die kaputte Kühlung werde in den nächsten Tagen repariert. „Nächste Woche mache ich wieder auf.“
Bei den Stammgästen und den Verantwortlichen des „Singenden Holunders“ sorgt die Ankündigung für Überraschung und Skepsis. Dort hatte man die alte Heimat und damit ein Stück kölsche Kneipenkultur schon fast aufgegeben. Pluciennick sei wochenlang überhaupt nicht mehr erreichbar gewesen, heißt es. Er habe sich übernommen, könne oder wolle weder Steuern noch Mieten bezahlen, so die Spekulation. Der Wirt, der nach eigenen Angaben auch einen Getränkevertrieb und eine Kneipe in Dormagen betreibt, dementiert. Er wolle weitermachen, schließlich habe er bei der Übernahme viel Geld investiert.