Unsere Reporterin hatte nie viel mit Karneval am Hut. Am 11.11. hat sie sich das erste Mal auf den Kölner Kneipenkarneval eingelassen.
11.11.Das erste Mal im Kneipenkarneval in der Kölner Südstadt – ein Erfahrungsbericht
„Habt ihr noch was für mich?“ Diese WhatsApp geht am Samstagabend an meine Kölner Freundinnen raus. Es ist spät, um zu merken: Wenn ich am 11.11. über Karneval berichten will, brauche ich auch ein Kostüm. Sonntagmorgen fällt die Wahl dann auf mein altes Halloween-Outfit: das grüne Monster aus dem Disney-Film „Die Monster-AG“.
Am Montagmorgen um 10 Uhr mache ich mich in die Südstadt auf, noch unauffällig gekleidet. Auf dem Weg zur Bahn versteckt sich das grüne Shirt unter der schwarzen Daunenjacke. Die Hörner sind noch in die Tasche gestopft.
Den Kölner Karneval kenne ich bisher nur aus dem Fernsehen bei meiner Oma an Rosenmontag. Den Begriff „Veedel“ habe ich bis vor kurzem noch für einen Fluss gehalten – auch das passende Lied dazu sagte mir nichts. Ich komme aus Dortmund – jeck ist da niemand.
Die letzte Karnevalserfahrung liegt fast zehn Jahre zurück, und das auch noch in Düsseldorf. Aber ich bin lernfähig. Heute will ich herausfinden, was die Kölner so an ihrem Karneval lieben. Der Kneipenkarneval in der Südstadt scheint dafür eine gute Anlaufstelle.
Alle kommen zurück
An der Haltestelle warten schon zwei Katzen und eine Piratin. Es sind doch schon andere Menschen im Kostüm unterwegs! Zwei Haltestellen später setze auch ich endlich meinen Haarreif mit den grünen Hörnern auf. Es strömen immer mehr Adler, FBI-Mitarbeiter, Pizzabäckerinnen und Eistüten in die Bahn.
Die erste Station auf der Liste ist das Chlodwig-Eck. Davor hat sich bereits eine lange Schlange gebildet, drinnen ist es stickig und eng. Ein wenig verloren stehe ich am Eingang, als eine Elfe auf mich zukommt: „Cooles Kostüm! Bist du Shrek?“ Fast richtig. Ich frage sie, was Karneval für sie bedeutet. „Meine Freunde kommen alle zurück in die Heimat“, ruft sie noch, bevor sie wieder in der Menge verschwindet.
Ich folge einem großen Typen im Leuchtturm-Kostüm, der unbewusst den Weg zu den Wertmarken freiräumt. Er stellt sich als Tobi vor und scheint alle Karnevalslieder auswendig zu kennen, wirkt „kölsch“ bis ins Mark. Gemeinsam zählen wir auf 11.11 Uhr runter, dann stoßen wir mit Kölsch an.
Hinter der Theke steht Luca. Sechs Jahre arbeitet er schon hier – immer hinter der Theke. „Kannst du bei der Arbeit auch ein Kölsch mittrinken?“, frage ich ihn. Seine Antwort ist kurz und deutlich: „Ja!“ Und schon reicht er mir das nächste Glas.
Alles gleichzeitig: Zapfen und Spaß haben
Robert Hilbers, der Wirt des Chlodwig-Ecks, hat in seiner 34. Session alles im Griff. „Die beste Art, Karneval zu feiern, ist eigentlich hinter der Theke“, erklärt er. „Man muss arbeiten können“ – dabei macht er eine Zapfbewegung – „und gleichzeitig Spaß haben. Karneval ist der leichteste Job in der Gastro.“ Ich nehme mir seinen Rat zu Herzen und versuche mich im Bierzapfen. Nach ein paar Kölsch geht das Zapfen schon besser.
„Immer mit den Menschen in der Schlange schunkeln, dann hast du drinnen auch mehr Spaß.“ Ich folge diesem heißen Tipp zur Ubierschänke. Drei Pfauen fallen auf Anhieb auf. Sarah, Corinna und Sabine sind auch zugezogen, feiern aber seit Jahren Karneval in Köln. „Eine gute Vorbereitung ist alles!“ Das Kostüm sollte früh feststehen, und die Liedtexte müssen sitzen.
Als Hausaufgabe fürs nächste Jahr bekomme ich von ihnen den Song „Et letzte Mol“ von Miljö mit. Das ist ihr Lied dieses Jahr, denn Sabine zieht bald nach Australien: „Das Lied passt perfekt. Das Emotionale gehört auch zu den Karnevalsliedern dazu. Ganz viele Lieder sprechen einem aus der Seele!“
Kölsche Cowboys
Letzte Station für heute ist die „Lotta“. Über dem Eingang hängt ein Schild: „Loss mer fiere, nit diskriminiere“. Eine Botschaft, die ich unterschreiben kann. Drinnen nehmen mich Anja, Maike und Katja – drei kölsche Cowboys – sofort in ihre Mitte.
Seit zwanzig Jahren feiern sie hier Karneval und schunkeln fröhlich mit mir von links nach rechts. „Nie mehr Fastelovend“, singe ich jetzt fast textsicher mit.
Zum Abschluss schaffe ich es noch auf eine der Bänke – laut Robert der beste Platz zum Feiern, weil man hier am meisten Luft hat. Wieder unten angekommen, verstehe ich nun endlich, was es mit diesem Veedels-Gefühl auf sich hat.
Denn zum Ende ertönt noch „En unserem Veedel“ aus den Boxen. Noch einmal schunkle ich zwischen Kapitän und pinkem Cowgirl mit. Kapitän Felix wird ein wenig sentimental. „Das ist halt Heimat“, sagt er.