Vor 111 Jahren eröffnet, heute betrieben in der fünften Generation. Das Café Wahlen in Köln punktet mit traditionellem Interieur und selbstgebackenem Gebäck. Inhaber Jonas Wahlen möchte seiner Stammkundschaft treu bleiben.
In der Zeit stehen gebliebenKölner Café Wahlen wird 111 Jahre alt
Wer vom lauten Hohenstaufenring das in warmes Licht getauchte Café Wahlen betritt, begibt sich auf eine Reise hin zur guten alte Schule der Café-Kultur. Das Etablissement mit seiner Geräuschkulisse zwischen klirrendem Porzellangeschirr und lachenden Seniorinnen-Gruppen scheint in der Zeit stehengeblieben zu sein.
1950er-Jahre-Stil harmoniert mit Interieur, das typisch ist für die Kaiserzeit. Die Stühle mit Rattan-Lehne sind die gleichen wie vor 111 Jahren, als das Kölner Café eröffnet wurde und damit eine Familien-Dynastie ihren Anfang fand. Die weißen Schirmlampen an den Wänden, die nun zur Weihnachtszeit mit Tannengrün, goldenen Schleifen und Sternen geschmückt sind, sowie die von der Decke baumelnden barocken Kronleuchter sollen ebenfalls an die Original-Ausstattung des Gründungsjahres 1911 erinnern.
Café Wahlen in Köln – uriger Flair in fünfter Generation
„Die Tapeten müssen auf jeden Fall bleiben, das gehört zum Flair dazu“, erklärt Jonas Wahlen, während er auf die beigen Wände mit bronze-blauem Blumenmuster zeigt. Der erst 26-Jährige ist nun Geschäftsführer des Familienunternehmens . Am 1. Juli dieses Jahres hat Jonas Wahlen die Geschäftsführung zusammen mit seiner Mutter übernommen. Mit ihm geht das Café bereits in die fünfte Generation.
Wenn es nach ihm ginge, soll es noch mindestens bis in die sechste Generation gehen: „Ich würde das Geschäft gerne meinen Kindern übergeben, wenn ich welche habe.“ Noch muss er sich in seiner neuen Rolle als Geschäftsführer zurechtfinden. Der Jungunternehmer pendelt zwischen Management, Küche und Service.
Im Büro greift ihm derzeit sein Großvater unter die Arme, seine Großmutter bietet an der Theke im Eingang das selbst gemachte Weihnachtsgebäck an. Sein Bruder studiert und hilft ab und zu im Café aus. Jonas Wahlen will ihm aber die Entscheidung überlassen, ob er fest ins Familienunternehmen einsteigt.
Grundkonzept und Kölner Zielgruppe bleiben gleich
Mit dem gelernten Kameramann werden die Geschäfte der Wahlen-Dynastie nun zwar von einem Vertreter der „Generation Z“ geleitet, das soll aber nichts am Konzept ändern. Jonas Wahlen will aber schon die Präsenz des Traditionscafés in den sozialen Netzwerken ausweiten, in seinen Worten: „Mit der Zeit gehen.“
Das Grundkonzept, Kaffee und Torte und Mittagstisch samt 1950er-Jahre-Atmosphäre sollen aber weiterhin an die Anfangszeit des Cafés erinnern. Er wolle sich dabei gar nicht an seine Generation richten. „Die 20-Jährigen haben kein Geld und keinen Anstand“, stellt der Café-Inhaber halb im Scherz, halb ernst klar. Die gewohnte Kundschaft soll weiterhin angesprochen werden.
Man wolle weder „Hipster-Café, noch Hotspot“ werden. Das ältere Stammpublikum soll weiterhin in Ruhe Kaffee und Kuchen genießen können. Auch Prominente kommen gerne ins Café Wahlen, weil sie dort ihre Ruhe haben. „Hier werden sie wie normale Menschen behandelt“, betont Wahlen.
Der Fachkräftemangel ist auch in seiner Branche zu spüren. Derzeit habe man aber keine Probleme, dank einer neuen, jungen Serviererin. So macht Jonas Wahlen sich auch erstmal keine Gedanken über Personalbeschaffung. Trotz der 21 Beschäftigten in dem gemütlichen Café, wird der Geschäftsführer nun in der Küche gebraucht. „Qualität und Atmosphäre machen das Café so besonders“, stellt er in Bezug auf sein Engagement auch in der Küche heraus, „und das am liebsten noch weitere 111 Jahre, mindestens“.