In der umgestalteten Tagesstätte des Sozialpsychiatrischen Zentrums sollen sich chronisch-psychisch Erkrankte, die nicht mehr arbeiten können, wie zu Hause fühlen.
„Der einzige Ort, an dem ich sein darf, wie ich bin“Caritas eröffnet neue Räume für Tagesstätte in der Kölner Südstadt
Im Wohnzimmer stehen Sofas, gegenüber ein Fernseher. Im Raum am Ende des Flurs steht eine alte Werkbank, die auch in eine hippe Wohnung in Ehrenfeld passen würde. Die Tagesstätte der Caritas im Sozialpsychiatrischen Zentrum in der Innenstadt hat nicht nur neue Leitungen und Böden bekommen, sondern auch eine neue Einrichtung.
Seit dem Jahr 2000 gibt es die Tagesstätte in der Loreleystraße. Nun sind die Räumlichkeiten auf einer gesamten Etage untergebracht und seit September in Betrieb. Zuvor waren sie im Haus verteilt. Am Dienstag, 5. November, wurden sie offiziell eröffnet. Noch am Morgen wurden die letzten Bilder aufgehängt.
Arbeiten ohne Druck
Das Sozialpsychiatrische Zentrum richtet sich an Menschen mit chronisch-psychischen Erkrankungen, die nicht mehr arbeiten können. Die Tagesstätte soll ihnen eine Tagesstruktur geben. Die Angebote reichen von Kochen über Gartenarbeit bis hin zu kreativen Tätigkeiten.
Für Robert Schlappal steht weniger das Ergebnis als der Prozess im Vordergrund, wie er anhand des Kochens erläutert: „Natürlich darf es gut schmecken – und das tut es auch. Aber noch wichtiger ist, dass alle beim Kochen eine gute Zeit haben und keinen Stress erleben.“ Schlappal leitet das Sozialpsychiatrische Zentrum der Caritas in der Kölner Innenstadt.
Ein sicherer Raum für die Nutzer
Heidi Schmitz besucht seit mehr als 20 Jahren die Tagesstätte. Besonders die Gartengruppe liegt ihr am Herzen. Sie schätzt die Tagesstätte als Rückzugsort: „Für mich ist das eigentlich der einzige Ort, an dem ich wirklich so sein darf, wie ich bin.“ Hier darf es ihr auch mal schlecht gehen. Ihre Sorgen und Ängste werden ernst genommen.
Die neuen Räume gefallen ihr sehr gut. „Jetzt fühlt es sich sogar noch mehr wie ein Zuhause an. Ich habe mich immer wohlgefühlt, aber jetzt ist es noch einmal anders. Es sieht aus wie eine gut eingerichtete Wohnung!“
WG-Charakter als Ziel
Andrea Funk und ihre Kolleginnen hatten sich zum Ziel gesetzt, den neuen Räumlichkeiten den Charakter einer Wohngemeinschaft zu verleihen. Die Mitarbeiterinnen haben die Tagesstätte gemeinsam mit den Nutzern eingerichtet. „Wichtig war für uns, dass die Klienten sich hier sicher fühlen. Sie sollen sich auch außerhalb der Gruppen gerne hier sein“, erklärt Funk.
Skepsis gab es anfangs dennoch, denn Veränderungen sind für viele der Nutzer eine Herausforderung. Doch inzwischen sind alle überzeugt und sehen die neuen Räume als Bereicherung.
Die Tagesstätte bietet nun verschiedene Räume: einen Werkraum mit PCs, einen Ruheraum, ein Wohnzimmer mit Fernseher und Esstisch sowie eine Küche mit Teeküche. Früher mussten sich die Angebote oft auf den Nachmittag beschränken, da es Überschneidungen mit anderen Angeboten im Zentrum gab. Dank der neuen Räumlichkeiten können jetzt auch vormittags Aktivitäten stattfinden.
Die Pralinen-Gruppe
Eine weitere Neuerung ist die „Pralinen-Gruppe“, ein neues Angebot unter der Leitung von Andrea Funk. Der Name ist inspiriert durch das Zitat aus dem Film Forrest Gump: „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man bekommt.“ Hier geht es um das Ausprobieren und die Freude am Unvorhersehbaren.
„Unsere Klienten haben häufig Schwierigkeiten, sich auf Überraschungen, auf etwas Neues einzulassen, mal etwas auszuprobieren, was so aus dem täglichen Rahme fällt“, so Funk zur Idee hinter dem Angebot. Letzte Wochen waren sie auf der Kirmes, im Dezember geht es zum Verkehrsübungsplatz. Ab und zu darf es auch ruhiger sein: zum Beispiel mit einer Traumreise im neuen Wohnzimmer.