Kölner Südstadt-KneipeDie Party beginnt beim Schlangestehen –„Backes“ vereint die Generationen

Lesezeit 4 Minuten
Kostümierte Menschen feiern in einer Kneipe.

Mittags ist es im „Backes“ voll, die Stimmung ausgelassen.

Stammgäste schätzen das Backes in der Südstadt für seine urkölsche Art, Karneval zu feiern. Doch auch Immis werden herzlich integriert. 

Vor dem „Backes“ stehen die Gäste an Weiberfastnacht traditionell schon frühmorgens an. Yara und Lina haben den weitesten Weg und sind die Ersten in der Schlange: Seit 8 Uhr stehen die beiden Schwestern aus Berlin am Eingang der Südstadt-Kneipe. Von hier aus ist das Ende der Schlange um halb 11 nur zu erahnen. Die Wartenden trotzen dem Regen gut gelaunt mit Schirmen, Gesang und Kölsch.

Zwei junge Frauen, die als Hippies verkleidet sind, schauen in die Kamera.

Lina (links) und Yara sind die Ersten in der Schlange vor dem Backes

In Berlin gibt es keinen richtigen Karneval, praktischerweise aber Winterferien – und die verbringen die Schülerinnen im Rheinland, bei einer Freundin ihrer Mutter. „Es hieß, man muss früh hier sein, um reinzukommen“, sagt Yara. Einen Vorverkauf gibt es nicht. „Bei uns geht es demokratisch zu. Wer rein will, muss anstehen, egal bei welchem Wetter“, sagt Wirtin Barbara Petry, die seit 41 Jahren das Backes führt. Kurz bevor es losgeht, trinkt sie mit ihrer Belegschaft ein Kölsch: „Gutes Gelingen“, ruft Petry und hebt das Glas.

Eine als Seepferdchen verkleidete Frau steht hinter einer Theke.

Katrin Mattila kellnert seit vielen Jahren über Karneval im Backes.

In diesem Jahr lautet das Backes-Motto „Unter Wasser“. Hinter der Theke stehen Seepferdchen, Qualle und Nixe und warten auf den großen Ansturm. „Es macht riesigen Spaß, hier an Karneval zu arbeiten“, sagt Katrin Mattila. Die Sozialarbeiterin zapft seit zehn Jahren an den jecken Tagen Kölsch im Backes. „Ich habe es noch nie erlebt, dass hier jemand rumpöbelt oder Stress macht. Aber wir verkaufen auch keinen Schnaps, vielleicht liegt es daran.“

Blick auf eine geöffnete Tür, vor der Menschen stehen.

Ruhe vor dem Ansturm: Um 11 wurde die Tür vom Backes geöffnet

Laut ratternd werden um kurz vor 11 die Rollläden hoch gezogen. Die Wartenden jubeln und applaudieren. Direkt hinter den Berliner Schülerinnen steht eine Truppe bunt kostümierter Frauen. Die Wartezeit haben sie sich mit Kölsch, Kaffee, Muzen und Würstchen vertrieben. „Wir kommen bestimmt seit 15 Jahren zu Weiberfastnacht ins Backes“, sagt Cordula Rüschhoff. Neun Frauen sind sie, „alle um die 50“, und dieses Jahr als Farbpalette verkleidet. Kerstin Schmitz-Mohr hat sich für Gold entschieden. Das Backes schätzt sie auch wegen der liebevollen Deko und der tollen Musik. „Es ist so schön hier, weil es noch eine richtig kölsche Kneipe ist“, findet Rüschhoff.

Kölner Südstadt: Im „Backes“ ist mittags schon Einlassstopp

Endlich geht die Tür auf. Yara und Lina sind die Ersten in der noch leeren Kneipe, die sich allerdings minütlich füllt. Nina Odenwälder kauft den ersten Kölsch-Kranz und verteilt die Gläser an die Farbpaletten-Frauen, die inzwischen auch herein geströmt sind. Sie haben sich vor dem Eingang kennen gelernt: „Das ist ja der Sinn des Schlangestehens, dass man Kontakte knüpft“, sagt Odenwälder.

Neun bunt verkleidete Frauen blicken in die Kamera.

Neun Frauen, nach eigenen Angaben „um die 50“ , feiern seit über 15 Jahren im Backes. Sie gehen als Farbpalette.

Die 49-Jährige ist mit Yara und Lina hier, den Schülerinnen aus Berlin, mit deren Mutter sie befreundet ist. „Leider ist sie krank geworden und konnte nicht mitkommen.“ Als deren Aufpasserin sieht sie sich aber nicht: „Das ist nicht nötig. Hier wird man nicht angegrapscht und es gibt auch keine Schnapsleichen. Und eigentlich passen die beiden auf mich auf. Ohne sie wäre ich heute gar nicht losgezogen.“ Der Altersunterschied störe nicht. „Die Musik im Karneval verbindet und funktioniert generationsübergreifend.“

Um kurz nach 12 heißt es „Einlasstopp“ im Backes. Draußen stehen noch rund 20 Leute in der Schlange im Regen. Drinnen ist es brechend voll. Die Stimmung ist ausgelassen. Die Gäste tanzen, schunkeln, singen lauthals mit. Kölschkränze wandern über die Köpfe hinweg. Wirtin Barbara Petry hält hier und da ein Schwätzchen mit ihren Stammgästen. „Bis 5 oder 6 Uhr geht es hier meistens. Um 16 Uhr geht es dann am nächsten Tag weiter.“ Es stehen schlafarme Tage an.

„Es ist besser als alles, was ich mir vorgestellt habe“, schwärmt Yara. „Die Stimmung ist super, alle sind gut drauf.“ Die Schwestern sind textsicher, singen Zeile für Zeile mit. „Wir haben geübt“, sagt Lina. Michel aus Schwäbisch Hall fällt da sprachlich mehr auf: „Meine Kumpels und ich feiern gern Fasching und mögen die Kölner. Daher kommen wir immer extra für Weiberfastnacht. Morgen fahren wir wieder. Aber vorher trinken wir hier noch ein paar Bierle.“ Sagt’s und schunkelt weiter.

KStA abonnieren