Köln – Die Sanierung der alten römischen Stadtmauer ist ein Projekt mit „ungeheuer vielen Fragezeichen“, sagt Alfred Schäfer. Denn wie marode das 1900 Jahre alte Mauerwerk, wie hoch der Sanierungsaufwand ist, wie hoch schließlich die Kosten einer nachhaltigen Sanierung und Konservierung werden – für den Archäologen vom Römisch-Germanischen Museum ist das eine Rechnung mit lauter Unbekannten. Fest steht nur: Bis Freitag muss das Gestrüpp oben von der Mauer, denn ab 1. März gilt das Sommerrodungsverbot.
Ein einzigartiges, aber vernachlässigtes Denkmal
Als schwierig, unkalkulierbar und große Aufgabe qualifizierten am Montag alle vor Ort versammelten städtischen Akteure den unansehnlichen, Graffiti besprühten Mauerstreifen zwischen Mühlenbach Nummer 19 und Nummer 49: Fast 80 Meter Mauer, 6,50 Meter hoch – ein einzigartiges Denkmal der Colonia Agripina, aber in einem beschämend verwahrlosten Zustand. Der schmale Grünstreifen unter drei hohen Platanen wird vornehmlich als Hundeklo und Stellplatz für Müllboxen genutzt. Wenn es nach Barbara Schock-Werner und dem „Förderverein römische Stadtmauer“ geht, soll hier einmal der gelungene Abschluss der Via Culturalis sein, mit einem teilweise rekonstruierten Römerturm und einem römischen Garten.
Über die Römermauer
Die römische Stadtmauer, einst fast vier Kilometer lang, acht Meter hoch, wurde Ende des 1. Jahrhunderts erbaut. Fast 700 Meter sind erhalten, etwa 400 Meter sind in städtischem Besitz. Außerdem gibt es Abschnitte in privaten Kellern und Tiefgaragen. Der Fundamentsockel misst drei Meter und ist bis zu 4,5 Meter tief. Sie ist mit Grauwackequadern verblendet und im Kern aus Gussmauerwerk.
Der „Förderverein Römische Stadtmauer Köln e.V.“ setzt sich für den dauerhaften Erhalt und die denkmalgerechte Sanierung des antiken Baudenkmals ein. Dafür sammelt der Verein unter Vorsitz von Barbara Schock-Werner private Spenden und Fördergelder.
Das ist das Fernziel. Die Archäologen aber fahren erst mal auf Sicht. „Wir wissen nicht, was uns erwartet“, erklärt Alfred Schäfer. „Erst wenn wir den Zustand der Mauer kennen, entscheiden wir über das weitere Vorgehen“, sagt auch Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner, die treibende Kraft dieser Expedition ins Ungewisse. Zunächst wird die Mauer eingerüstet, dann die 2,40 Meter mächtige Mauerkrone sukzessive vom Erdreich befreit. „Wir wissen nur, die Mauer ist sehr nass“, so Schäfer. „Wir werden oben eine Drainage legen, einen Meter breit, etwa 1,50 tief.“
Nicht komplett auf Rom getrimmt
In den nächsten zwei Jahren – das ist der bisherige zeitliche Förderrahmen – soll die Mauer in einen präsentablen Zustand versetzt werden. „Wir werden sie in Teilen ergänzen, vornehmlich aber mit dem arbeiten, was da ist“, erklärt Schock-Werner. Da sind: antike Originalmauer und viel Flickwerk; hier Mittelalter, da Reste der Vorkriegsbebauung, dort Nachkriegsergänzungen, Betonplomben. „Sie wird nicht komplett auf Rom getrimmt“, so Schock-Werner, sie erhalte an einigen Stellen eine attraktivere Oberfläche, ohne ihre Geschichte zu verblenden. Die Kontur der einstigen Zinnen werde vielleicht durch ein Metallband angedeutet.
Im Keller liegen noch die Briketts
Unten vor der Mauer standen früher Häuser, deren Keller in die Mauer hinein erweitert waren. Davon zeugt heute auch ein mit Holz verrammeltes Loch. „Ganze Stücke der Mauer sind ohne Fundament“, erklärt Schock-Werner. „Wir haben ein Kellerloch geöffnet. Da liegen noch Briketts und eine verrostete Nähmaschine drin.“ Es sei nicht daran gedacht, die ganze Mauer freizulegen, so Schäfer. Man werde in jedem Falle nach den Fundamenten des Rundturms suchen, der hier einmal gestanden hat. Barbara Schock-Werner setzt sich für eine Teilrekonstruktion als Halbschalen-Turm ein: „Auch aus statischen Gründen. Der Turm soll die Mauer stützen.“
Kosten schwer kalkulierbar – Sponsoren gesucht
Nein, so schön wie der einzig verbliebene Römerturm in der Zeughausstraße werde er nicht, schon aus finanziellen Gründen. Schäfer spricht von „Herantasten“, denn ob die Sanierung tatsächlich bei den bislang kalkulierten 1,4 Millionen Euro liegen werde, „darüber können wir zum jetzigen Zeitpunkt seriös keine Aussagen machen“. Rund 400.000 Euro stelle der Bund bereit, 200.000 das Land. „Jetzt brauchen wir noch das Geld von der Stadt und Zuwendungen privater Sponsoren“, sagt Schock-Werner.
Das Ziel des Vereins ist die Sanierung der gesamten verbliebenen Kölner Römermauer – in Zusammenarbeit mit den anderen Grundeigentümern. Da ist noch viel zu tun und zu koordinieren: In beklagenswertem Zustand ist auch das rund 100 Meter lange Mauerstück am Mauritiussteinweg. Auch er von Efeu überwachsen, von Wurzeln unterminiert.
Römerturm soll Vorzeigeprojekt sein
Erneuert sind bereits die 87 Meter Römermauer am Zeughaus, mit den Spendengeldern des Fördervereins. Noch in diesem Jahr geht es an den Römerturm in der Zeughausstraße. Die Stadt werde das Geld für die Sanierung zur Verfügung stellen, so Schock-Werner. Eine Summe wird auch her nicht genannt. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz werde aber die äußere Restaurierung als Vorzeigeprojekt fördern, so Schock-Werner. „Der wird unglaublich schön, wenn er erst mal von dem Dreck und Gummiabrieb des Straßenverkehrs befreit ist.“