Serie Köln früher und heuteAls im Kino Orchester spielten
- Köln war in den 1920-Jahren eine Kino-Hochburg
- Das Capitol wurde 1929 mit dem heutigen Klassiker „Die Büchse der Pandora" eröffnet
- Vor der Kinoleinwand spielte anfangs ein Orchester zu den Filmen auf
Köln-Innenstadt – Warum an jenem Tag Dutzende Motorräder vor dem Capitol-Kino geparkt wurden, ist nicht überliefert. Vielleicht feierte ein Motorrad-Film Premiere, vielleicht stand auch eine große Ausfahrt an. „Köln war damals eine Motorrad-Hochburg“, sagt Zweirad-Historiker Horst Nordmann. Ende der 1920er Jahre, Anfang der 1930er Jahre, als das Foto wahrscheinlich entstand, war Köln aber auch längst eine Kino-Hochburg geworden.
Mehr als 40 Lichtspieltheater verteilten sich im Stadtgebiet und das „Capitol“ am Hohenzollernring 79-81 gehörte ohne Frage zu den größten. Nicht weniger als 2000 Menschen passten in den Saal, der am 21. Februar 1929 mit dem Film „Die Büchse der Pandora“ eröffnet wurde.
Der bescheidene Eingang am Hohenzollernring täuschte darüber hinweg, welch riesiges Gebäude sich dahinter anschloss. An der Bismarckstraße hatte das Capitol-Kino eine massige, aber nüchterne Fassade. Während die Besucher das Kino am Hohenzollernring betraten, verließen sie an der Bismarckstraße das Gebäude. „Die Besucherströme konnten dadurch gelenkt werden“, sagt Marion Kranen, Mitarbeiterin des Vereins „Köln im Film“ und Mitautorin des Buchs „Kino in Köln“.
Architekt des „Capitol“ war Jakob Koerfer, der einige Jahre zuvor auch das Hansa-Hochhaus entworfen hatte. Das Kino am Ring setzte sich mit seiner sachlichen Fassade von den verspielten benachbarten Jugendstil-Gebäuden ab. Ähnlich funktional ging es im Inneren zu. „Die Gesamtarchitektur des Innenraums wird durch die durchlaufenden horizontalen Lichtbänder und ihre Reflexe in der Holztäfelung bestimmt.
Irgendein anderer ornamentaler Schmuck ist nicht vorhanden“, hieß es damals in der Fach-Literatur: „Ohne besondere dekorative Ansprüche zeigt das Theater das typische Bild einer guten modernen Lösung.“ Der „Film-Kurier“ lobte einen bestimmten „Kundendienst“ als vorbildlich. So verfüge der Empfangsraum über eine Schreibecke, um eilige Briefe und Postsachen zu erledigen.
Der Kinosaal war mit einem Orchestergraben und großer Theater-Orgel ausgestattet, denn konzipiert war das „Capitol“ ursprünglich als Stummfilm-Kino. Doch schon 1929 stellte es sich auf den neuen Tonfilm um. „Die Orchestermusiker wurden entlassen, dafür wurde eine Tonanlage eingebaut“, so Marion Kranen. „Dreyfus“ mit Fritz Kortner und Heinrich George war im Oktober 1930 der erste Film mit der neuen Technik.
Auch äußerlich fügte sich das Capitol in die fortschrittlichen 1920er Jahre. Die Fassade am Hohenzollernring war bei Dunkelheit beleuchtet – genauso wie die anderen großen Kinos am Ring. Die „Lichtspiele des Westens“ etwa, der „Ufa-Palast“ oder das „Emelka-Theater“ im Hansa-Hochhaus. Im Krieg wurde das Gebäude zerstört, aber an der gleichen Stelle wieder aufgebaut. Allerdings „nur“ noch mit 1100 Plätzen.
Die Serie
Wir zeigen, wie Köln früher ausgesehen hat – und den Vergleich zu heute. Besitzen Sie alte Fotos mit markanten Gebäuden aus Köln, die es nicht mehr gibt? Wir freuen uns über Zusendungen.
ksta-koeln@dumont.de
Nach nur neunwöchiger Bauzeit feierte es 1954 Wiedereröffnung, es war damals das 75. Kino in der Stadt. Nach den 1920er Jahren seien die 1950er Jahre die zweite große Hochzeit des Kinos in Köln gewesen, so Kranen. 84 Kinos habe es 1956 in der Stadt gegeben. 1995 war die Ära des Capitols beendet. Zumindest in seiner Funktion als Kino. Die Besucherzahlen waren zurückgegangen, fortan diente das „Capitol“ der „Late Night Show“ von Harald Schmidt als Kulisse.
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Im Jahr 2004 erwarb Investor und Immobilienentwickler Proximus das Gebäude. Aus dem Capitol entsteht derzeit das „Carré Belge“ – ein Innenstadt-Quartier mit Einzelhandels- und Büroflächen. Im Innenhof, wo noch bis vor kurzem der ehemalige Kinosaal stand, ist zudem ein Hotel mit rund 200 Betten nach dem Entwurf des international renommierten Architekten Christoph Ingenhoven geplant. Auch die Fassaden der Gebäude am Hohenzollernring werden sich wieder einmal wandeln. Ob der alte „Capitol“-Schriftzug erhalten bleibt, ist derzeit noch ungewiss.