Innenstadt – „Das war etwas Besonderes“, erinnert sich Franziska Olm an Besuche in ihrer Kindheit. Besuche, die sie und ihre Schwester Claudia aus Buchheim auf die andere Rheinseite führten – ins Eis- und Schwimmstadion in Riehl. Meist waren zwei Brüder aus der Nachbarschaft mit von der Partie. Eine der Mütter fuhr die Kinder im Auto hin.
Franziska Olm, heute 54 Jahre alt, erinnert sich an den leisen Neid der Nachbarsjungen: Während sie und ihre Schwester eigene Schlittschuhe hatten, nahmen die Jungen in der Regel mit Kufen vorlieb, die man an den Straßenschuhen befestigen konnte. Nur gelegentlich liehen sie sich Schlittschuhe im Stadion aus.
„Am schönsten war es draußen, nur leider oft ziemlich voll.“ So voll, dass Olm, die alle zwei Wochen Eislaufunterricht bekam, kaum Gelegenheit hatte, ihre Fertigkeiten auf dem Eis zu zeigen. Zu jener Zeit war das Stadion schon knapp 40 Jahre alt.
Seit 1909 war in Köln im Gespräch gewesen, eine „künstliche Eisbahn“ zu schaffen, die unabhängig von den Jahreszeiten nutzbar sein sollte. In den 1930er Jahren trat die Blockeis-Firma Linde AG auf den Plan. Sie wollte eine Anlage bauen, mit der sie ihre Wärme- und Kältetechnik demonstrieren konnte, und witterte zugleich ein gutes Geschäft.
Warum das Eis- und Schwimmstadion eine Sensation war
Im Juli 1936 erwarb die Blockeis-Firma Linde AG von der Stadt ein Grundstück an der Lentstraße und schuf etwas, das als Sensation galt: eine Anlage für den kombinierten Betrieb von Eis- und Schwimmsport. Die Verknüpfung von beidem ermöglichte Öffnungszeiten fast das ganze Jahr über.
Ein weiterer wirtschaftlicher Vorteil war, dass das Wasser des Schwimmbads im Winter für die Eiserzeugung genutzt werden konnte. Am 12. Dezember 1936 wurde das Stadion feierlich mit Olympiasiegern und anderen Eislaufstars eröffnet. Zwei Eislaufflächen unter freiem Himmel standen zur Verfügung, eines davon umgeben von Tribünen für rund 7200 Zuschauer, die sich in einem Restaurant stärken konnten.
Hohe Eintrittspreise, anspruchsvolle Gäste
Ein halbes Jahr dauerte es, bis auch die Teile der Anlage fertiggestellt waren, die für die wärmere Zeit des Jahres geeignet waren: ein Freibad mit Schwimmer-, Nichtschwimmer- und Planschbecken, Liegewiesen und terrassenförmig angelegten Bereichen, in denen sich die Gäste sonnen konnten. Dazu kamen Tennisplätze, eine Radsportbahn und eine Sauna.
Das gemeinschaftliche Baden der Geschlechter war in den 1930er Jahren nicht selbstverständlich. Noch 1925 hatten die deutschen Bischöfe gefordert, „dass endlich wieder bei jeder Art von öffentlichem Baden die Trennung der Geschlechter durchgeführt“ und „allenthalben anständige Badebekleidung getragen“ werde.
Im Sommer 1934 aber entschied Richard Schaller, Bürgermeister des Bezirks Köln Stadt und stellvertretender Gauleiter, das Müngersdorfer Stadionbad für die ganze Familie zu öffnen. Mit diesem Präzedenzfall war die Geschlechtertrennung in Kölner Bädern überholt.
Im Vergleich zu den städtischen Anstalten war der Eintrittspreis im privat betriebenen Schwimmstadion in Riehl ziemlich hoch. Zielpublikum waren ausdrücklich „ruhebedürftige und anspruchsvolle Gäste“.
In den 50er Jahren wurde mit der „hochmodernen Filteranlage“ geworben, die das Becken mit „reinem, kristallklarem Wasser“ versorge. Mutete das Freibad in seiner Gediegenheit anfangs elitär an, so sollte dies nicht für das Eisstadion gelten. Die Linde AG musste sich der Stadt gegenüber – die erst 1954 Eigentümerin wurde – dazu verpflichten, „allen Volksgenossen den Eissport zu ermöglichen“ und „für Minderbemittelte und Kinder“ an bestimmten Tagen oder Stunden Ermäßigungen anzubieten.
Meisterschaften im Eisstadion
Im Eröffnungsjahr wurde der Kölner Eisklub gegründet, der zum wichtigsten Nutzer des Stadions werden sollte. Mitglieder seiner Abteilungen Eishockey, Eiskunst- und Eisschnelllauf trainierten hier.
1955 fanden im Eisstadion an der Lentstraße, wie es genannt wurde, die Spiele der Eishockey-Weltmeisterschaft statt. 1956 und 1978 kämpften Eiskunstläufer um die deutsche Meisterschaft.
Deswegen wurde das alte Stadion abgerissen
Mehrfach wurde das Stadion um- und ausgebaut; 1964 wurde eine der Eislaufflächen, die ein langgestrecktes Gebäude voneinander trennte, mit einem Gewölbe überspannt. „Wenn wir dieses Dach vom Auto aus sahen, wussten wir, das wir endlich aufs Eis konnten“, erzählt Franziska Olm.
1972 spaltete sich das Bundesliga-Eishockeyteam der Kölner Haie vom Kölner Eisklub ab, trug seine Heimspiele im Stadion an der Lentstraße aus und errang hier sieben Meisterschaften, bevor die Mannschaft 1998 in die neu eröffnete Kölnarena (heute Lanxess-Arena) als Heimspiel-Stätte wechselte. Allerdings trainierten die Haie noch zwei Jahre in Riehl; dann war in Deutz auch die neue Trainingshalle, die Kölnarena 2, fertiggestellt.
Helmut Frangenberg, Jahrgang 1966 und Redakteur dieser Zeitung, hat als Schüler viele Eishockeyspiele am Lentpark gesehen. „Spottbillig“ seien die Tribünen-Stehplätze an den Schmalseiten der Halle gewesen – mit dem großen Nachteil, dass man das entsprechende Tor nicht sehen konnte: „Man musste darauf achten, ob die Leute unten jubelten, dann konnte man sich sich mitfreuen, wenn die Haie ein Tor gemacht hatten.“
Bauaufsicht schreitet ein
Das Stadion mit seinem flachen Eingangsbau kam merklich in die Jahre. Im März 2007 ließ das Bauaufsichtsamt die Eislaufhalle „wegen gravierender Mängel der Dachkonstruktion“ schließen. Ein Gutachter hatte Ähnlichkeiten mit der Eishalle in Bad Reichenhall festgestellt, die im Januar 2006 unter der großen Schneelast zusammengebrochen war; 15 Menschen waren ums Leben gekommen.
Für das Dach in Köln waren wie in dem bayrischen Kurort geleimtes Holz und der gleiche Kleber verwendet worden. Zum Zeitpunkt der Schließung stand längst fest, dass das alte Eis- und Schwimmstadion abgerissen würde. Im Agnesviertel hatte sich großer Widerstand dagegen formiert, das Stadion, das auch dem Schulsport diente, ersatzlos abzutragen und an seiner Stelle ein Hotel zu errichten.
Der Protest hatte Erfolg, die Politik entschied sich für einen Neubau. Im Juni 2008 begannen die Abbrucharbeiten, die 22.000 Tonnen Schutt hinterließen.
Bleibende Erinnerungen
Was bleibt? In Franziska Olms Erinnerung die Sonnenuhr an einer Wand des Gebäudes, das die Außen-Eisfläche an einer Längsseite begrenzte.
Für andere ist es die legendäre Eisdisco: Besonders in den 1950er und 60er Jahren bot sie eine gute Gelegenheit, dem anderen Geschlecht näherzukommen. Frangenberg: „Meine Schwiegermutter redet heute noch davon.“
Im Lentpark erinnern historische Bilder im Gang zu den Umkleiden an die alten Zeiten. Von der Vorgängeranlage sind nur ungefähre Maße und Ausrichtung des Außenschwimmbeckens erhalten geblieben. Der alte, große Schriftzug „Eis- und Schwimmstadion“ wird laut Achim Fischer, Marketingleiter bei den Köln-Bädern, zurzeit an verschiedenen Stellen in der Stadt restauriert.
Ein Neubau an alter Stelle
Das neue Eis- und Schwimmstadion, das den Namen Lentpark trägt, ist am 1. Oktober 2011 an derselben Stelle wie die vorhergehende Anlage eröffnet worden.
Entworfen hat sie das Braunschweiger Architektenbüro Schulitz + Partner. Betreiber ist die Stadtwerke-Tochtergesellschaft Köln Bäder GmbH.
Die Eissporthalle mit einer Fläche von 1800 Quadratmetern steht der Öffentlichkeit nur teilweise zur Verfügung. Auf der 260 Meter langen und acht Meter breiten Eis-Hochbahn, die sowohl durch die Eishalle als auch durch das auf der anderen Seite gelegene Hallenbad führt, kann jedermann Schlittschuh laufen. Mit der Wärme, die bei der Kühlung der Eishalle entsteht, wird das Hallenbad beheizt.
Das Freibad mit einem 50-Meter-Schwimmbecken, einer Wasserrutsche und einem Kinderbecken wurde erst im Mai 2012 eröffnet. Das Wasser des Hauptbassins wird biologisch aufbereitet.
Als letzter Teil des Lentparks ist im Herbst 2012 der Saunabereich geöffnet worden. An die Tradition der „Eisdisco“ anknüpfend, finden auch in der neuen Eisarena Partys statt.