Ursulinen-RealschuleJungen erobern die Mädchenschule

Viel Glas, viel Licht, viel Platz: der behindertengerechte Neubau der Ursulinen-Realschule an der Machabäerstraße.
Copyright: stefan worring Lizenz
„Das ist ganz in Ordnung mit den Jungs“, sagt Leonie (13). „Wir machen schon was mit denen zusammen.“ Fußballspielen zum Beispiel, oder Basketball. Die zehnjährige Anouk ist etwas skeptischer: „Die kasperln da manchmal auf dem Flur herum, das hören wir natürlich.“ Zwei ganz subjektive Eindrücke nach den ersten beiden Wochen des Schuljahres, das für die Ursulinen-Realschule gleich zwei einschneidende Neuerungen brachte: Erstmals in ihrer Geschichte hat die traditionsreiche katholische Schule Jungen aufgenommen, gleichzeitig hat sie einen für 5,2 Millionen Euro errichteten Neubau auf dem Schulgelände an der Machabäerstraße bezogen, den der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner am Donnerstag einweihte.
30 Jungen betreten jetzt jeden Morgen durch die schmale ehemalige Klosterpforte die Schule – sie werden allerdings nicht mit den Mädchen zusammen unterrichtet, sondern in einer eigenen Klasse. Mit diesem Modell der sogenannten Bi-Edukation schließe das Erzbistum „eine Lücke in der katholischen Schullandschaft Kölns“, betonte der Erzbischöfliche Schulrat Norbert Keßler. Denn erstmals gebe es jetzt in der Sekundarstufe I ein Angebot speziell für Jungen.
„Wir hoffen, die Vorteile beider Systeme kombinieren zu können“, erläutert Keßler. Erfahrungsgemäß hätten viele Jungen ihre Stärken eher in Mathematik und den Naturwissenschaften, die Mädchen zum Beispiel in Deutsch – da sei getrennter Unterricht sinnvoll. In den Chören, in Instrumentalkursen und anderen Arbeitsgemeinschaften und natürlich in den Pausen und den Gottesdiensten kommen Jungen und Mädchen dagegen zusammen – damit sie sich „nicht wie Wesen von einem anderen Stern betrachten“. Man habe sich für diesen Weg entschieden, um „auch Jungen die ihnen gemäße individuelle Förderung zukommen zu lassen“, betonte Schulleiterin Angelika Ockel in ihrer Ansprache.
Die Ursulinenschule ist die älteste katholische Schule in Köln. Sie wurde 1639 vom Ursulinenorden gegründet, seit 1988 ist sie in der Trägerschaft des Erzbistums. 1971 wurde die Realschule als Zweig neben dem Gymnasium gegründet, sie hat derzeit etwas mehr als 400 Schüler. Seit diesem Schuljahr ist die Realschule dreizügig, mit zwei Mädchen- und einer Jungenklasse. Das Gymnasium ist nach wie vor eine reine Mädchenschule. (map)
Die Mädchen hätten „sehr schnell und unkompliziert“ Kontakt zu den neuen Mitschülern aufgenommen, hat Ockels Stellvertreterin Dorothee Wenzler festgestellt – besonders übers Fußballspielen. Schon die Mädchen hätten die Aufstellung von Fußballtoren gefordert – „und die kommen jetzt auch“.
Das Lehrerkollegium habe sich in einem „langen, intensiven Prozess“ auf die neue pädagogische Herausforderung vorbereitet, schildert Dorothee Wenzler. Natürlich habe es auch Skepsis und kritische Stimmen gegeben, „aber unterm Strich gab es sehr positive Zustimmung, und wir sind gemeinsam sehr konstruktiv auf dem Weg.“
Sie alle, Schüler wie Lehrer, kommen in den Genuss eines neuen Schulgebäudes: 18 Klassenräume sind dort untergebracht, Verwaltung, Konferenz- und Besprechungsräume, Musik-Übungsräume, ein Mehrzweckraum, der gemeinsam mit dem benachbarten Gymnasium genutzt wird. Es ist ein großzügiger, heller und offener Bau mit viel Glas, großen Fluren und dazu behindertengerecht: „Schön, funktional, ein Wohlfühlgebäude“, so charakterisiert Keßler den Neubau.
Schon jetzt hätte die Schule mehr Jungen aufnehmen können als Plätze vorhanden sind – Wenzler schätzt, dass „der Andrang im nächsten Jahr noch deutlich größer wird“.