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Kölner JVA-Beamter berichtetSo ist der Alltag eines Missbrauchstäters im Knast

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Der Blick aus einer Zelle in der JVA Köln-Ossendorf

  1. Seit fast sechs Monaten sitzt Marcus R. (44) aus Wermelskirchen wegen sexuellen Missbrauchs von mindestens zwölf Kindern in Untersuchungshaft.
  2. Wie es ihm dort ergeht, ist nicht bekannt. Allgemein stehen Missbrauchstäter in der Knasthierarchie ganz unten.
  3. Ein Kölner JVA-Beamter berichtet, wie pädosexuelle Täter mitunter von Mitgefangenen drangsaliert werden – und welche Regeln hinter Gittern für sie gelten.

Köln – Ich war schon häufig alleine oder mit Kollegen zuständig für die Bewachung von „Kinderschändern“ – so nenne ich jetzt mal Männer, die Kinder sexuell missbraucht haben. Korrekt müsste ich sagen: „missbraucht haben sollen“. Denn zumindest wer in Untersuchungshaft sitzt, gilt ja juristisch gesehen bis zu seiner Verurteilung als unschuldig.

Kinderschänder haben im Gefängnis einen besonderen Status, ich beschreibe den mal so: „alles einzeln“. Das heißt: Sie haben eine Einzelzelle und sobald sie die verlassen, stehen sie unter unserer Beobachtung – zu ihrem eigenen Schutz. Wir begleiten sie überall hin, mit anderen Gefangenen treffen sie möglichst nicht alleine zusammen. Sie haben Einzelfreistunde, Einzelvorführung zur Polizei, Rechtsanwälten, in den Besuchsraum oder zum Sanitäter, und duschen auch alleine.

Sie dürfen nicht arbeiten, nicht zum Gottesdienst in die Kirche und in keiner Sportgruppe mitmachen. Umschluss, also das tägliche Zusammenschließen von Gefangenen in einem Haftraum, gibt es für sie auch nicht. Es sei denn, im selben Hafthaus sitzt ein anderer Gefangener mit dem gleichen Delikt – wenn die beiden sich verstehen, dann dürfen sie zusammen Umschluss machen. Aber auch nur dann.

JVA Köln: Gefangener beschoss Missbrauchstäter mit Zwille

Nicht jeder Missbrauchstäter erfährt in der JVA Bedrohungen oder sogar Gewalt, aber ich habe selbst vor Jahren mal erlebt, wie einer in seiner Einzelfreistunde gerade den Hof betreten hatte, da beschoss ihn ein Gefangener aus dem Fenster seiner Zelle mit einer selbstgebauten Zwille. Das Geschoss hat den Mann verfehlt, es schlug in einem Baum ein. Aber der hatte genug, der wollte sofort wieder zurück in seine Zelle.

Ein anderes Mal – auch das ist schon sehr viele Jahre her – hatten Kollegen versäumt, eine Gemeinschaftszelle im Zugangshaus 1 zu verriegeln. Da saßen drei oder vier Russen drin. Als ein Missbrauchstäter im selben Hafthaus alleine die Dusche betrat, wurde er von den Männern überfallen und brutal zusammengeschlagen.

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Der Blick aus einer Zelle in der JVA Köln-Ossendorf

Woher die Gefangenen wissen, dass jemand ein Missbrauchstäter ist? Die spüren das, die fühlen das. Und das spricht sich dann auch sofort rum – obwohl ich jedem bei der Aufnahme immer rate, seinen Haftbefehl, wo dann zum Beispiel „sexueller Missbrauch von Kindern“ draufsteht, nicht mit auf die Zelle zu nehmen, damit der nicht in falsche Hände gerät, sondern das Papier zusammen mit seiner anderen Habe, wie Personalausweis, Schlüssel oder Handy, von uns wegschließen zu lassen. Fast alle machen das auch.

Aber trotzdem, es ist natürlich schon auffällig, wenn jemand immer nur alleine in die Freistunde geht. Dann gibt es die Hausarbeiter, also als zuverlässig geltende Gefangene, die dreimal am Tag das Essen in den Hafträumen austeilen. Die sehen ja, wer so alles in den Zellen sitzt. Und Missbrauchstäter sind tatsächlich oft ganz ruhige Zeitgenossen, wenig selbstbewusst. Die bleiben auf ihrem Bett sitzen, wenn die Zellentür aufgeht. Viele wirken schüchtern, oder besser: eingeschüchtert.

Pädosexuelle Täter werden im Knast oft besonders streng bewacht

Ich habe es auch selten erlebt, dass diese Gefangenen Besuch von außen bekommen. Manche stellen viele Anträge, wollen zum Beispiel mit Seelsorgern oder Psychologen sprechen. Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, dass sie doch auf Mitgefangene treffen, zum Beispiel wenn wir sie von einer Ausführung zurück in ihren Haftraum bringen und dann begegnet man unterwegs einer Sportgruppe. Dann wird schon mal herumgepöbelt und gedroht, da wird so etwas gerufen wie: „Wir wissen, was du gemacht hast“ oder „Wir kriegen dich“. Gilt ein Gefangener als besonders gefährdet, kann auch angeordnet werden, dass er zum Beispiel immer von mindestens zwei männlichen Bediensteten begleitet werden muss. Das nennt sich „besondere Sicherungsmaßnahme“.

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Mich lässt das auch nicht kalt, wenn ich erfahre, was diese Menschen getan haben sollen. Ich bin selbst Vater. Aber ich gehe professionell damit um. Ich schalte meine Gefühle ab und sage mir: „Ich habe jetzt den Auftrag, den sicher von A nach B zu bringen und fertig.“ Und wenn der unterwegs angegriffen wird, dann greife ich ein. Das ist vielleicht manchmal nicht einfach. Aber das ist mein Job.

Hinweis der Redaktion: Der Bedienstete ist der Redaktion bekannt, er möchte aber nicht mit seinem Namen genannt werden.