Der Angeklagte in Köln wird aufgrund von Stalking und Betrug möglicherweise dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.
„Krankhafte seelische Störung“50-Jähriger soll junge Frau über Jahre gestalkt haben
Wenn man sich am Dienstag in Saal 23 des Kölner Landgerichts die lange Liste der Vorwürfe anhörte, die der Staatsanwalt vor der 24. Großen Strafkammer vortrug, konnte man sich fragen, warum der 50-jährige Beschuldigte nicht früher davon abgehalten wurde, weitere Taten zu begehen. Der Hauptvorwurf lautet auf Nachstellung. Da der Mann die Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen haben soll – der Staatsanwalt sprach von einer „krankhaften seelischen Störung“ –, wird ihm der Prozess im Rahmen eines sogenannten Sicherungsverfahrens gemacht. Es geht also um die Frage, ob er dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird.
Beschuldigter passte junge Frau bei Vorlesungen ab
Die Geschichte der Nachstellungen lässt sich der Antragsschrift folgend so resümieren: 2008 verguckte sich Stefan T. (Name geändert), der damals an der Uni Bonn beschäftigt war, in eine Medizinstudentin, die dort als studentische Hilfskraft arbeitete. In Kontakt waren sie noch nicht. Nach seiner Entlassung schrieb T. ihr die erste von unzähligen E-Mails: Er sei verliebt in sie. Obwohl sie deutlich machte, dass sie kein Interesse hatte, und der Dekan Ende 2008 ein Hausverbot aussprach, ließ Stefan T. nicht locker, schrieb ihr weiter und passte sie zum Beispiel bei Vorlesungsbesuchen ab.
Sie erwirkte eine einstweilige Verfügung, später zog sie um. Doch in den Jahren, die folgten, setzte T. das Stalking fort und behelligte die Frau immer wieder, auf unterschiedliche Art. So schloss er auf ihren Namen einen Vertrag über einen E-Mail-Account ab und buchte darüber Flüge, suchte ihre – mehrfach gewechselte – Wohnanschrift auf, stand an der Haustür, klingelte. Sie erstattete Strafanzeige. Und sie ging dazu über, sich von ihrem Mann zur Arbeit bringen und von ihm abholen zu lassen.
Liebesbeteuerungen oder Androhung eines Zivilprozesses
„Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich“, so der Staatsanwalt. Unbeirrt stellte Stefan T. ihr weiter nach, nahm Kontakt auf oder versuchte dies, ob mit Kurznachrichten, E-Mails oder Telefonanrufen. Meist waren es schwärmerische Liebesbeteuerungen, aber es kam auch vor, dass er ihr mit einem Zivilprozess drohte. Nachdem sie 2021 nach München umgezogen war, schickte er ihr zudem Pakete mit Geschenken sowie Briefe. Die Flut der E-Mails versiegte trotzdem nicht. Soweit das Resümee dieses Teils der Antragsschrift.
Überdies wirft die Staatsanwaltschaft dem 50-Jährigen vor, einen Bekannten der Frau und auch seine Eltern gestalkt zu haben. Beispielsweise habe er den Bekannten zu Unrecht der Nachstellung bezichtigt, ihn bei dessen Arbeitgeber angeschwärzt und per E-Mail beschimpft und bedroht. Auch Urkundenfälschung wird Stefan T. zur Last gelegt: Bei der Uni Bonn habe er zweimal eine eigenmächtig veränderte Immatrikulationsbescheinigung einer anderen Hochschule vorgelegt und im Rahmen der Haftprüfung im vorigen Jahr einen gefälschten Mietvertrag präsentiert.
Weiterer Vorwurf: Betrug in 22 Fällen
Hinzu kommt der Vorwurf, von Mitte 2022 bis Ende 2023, als T. meist ohne festen Wohnsitz war, in 22 Fällen Hotelzimmer gebucht und nicht bezahlt zu haben; zweimal sei es beim Versuch des Betrugs geblieben. Mal gab er seinen eigenen Namen an, mal einen Alias-Namen. Der Staatsanwalt sprach von einem sich gleichbleibenden „Modus Operandi“. Dazu habe gehört, dass T. bei der Ankunft an der Rezeption behauptet habe, der Magnetstreifen seiner Bankkarte sei bei der Sicherheitskontrolle im Flughafen beschädigt worden. Deshalb habe man ihn ohne Hinterlegung einer Sicherheitsleistung eingecheckt.
Nicht nur, dass T. in den Zimmern ohne zu zahlen gewohnt habe: Er habe mutwillig Toiletten verstopft, Badezimmer unter Wasser gesetzt und sich an der Minibar schadlos gehalten. Alles in allem ergibt sich laut Staatsanwaltschaft ein Gesamtschaden von annähernd 14.600 Euro. Die meisten der in der Antragsschrift aufgeführten Hotels liegen in Köln. Den größten Schaden aber soll T. im November 2022 im Grandhotel Schloss Bensberg verursacht haben; die Rede ist von rund 3600 Euro.
„Zum jetzigen Zeitpunkt“ wolle sein Mandant keine Angaben zur Sache machen, auch nicht zur Person, sagte der Verteidiger. Der Prozess, für den sieben Verhandlungstage vorgesehen sind, wird am kommenden Montag fortsetzt.