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Prozess am Kölner LandgerichtHarald Schmidt schildert Begegnung mit Stalker

Lesezeit 3 Minuten
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Harald Schmidt im Gerichtsgebäude

Köln – „Ich werde gestalkt, von Herrn W.“ Mit diesem schlichten Satz brachte TV-Entertainer und Schauspieler Harald Schmidt am Montag in Saal 27 des Kölner Landgerichts auf den Punkt, worum es in dem Prozess geht, in dem er am vierten Verhandlungstag als Zeuge aussagen musste.

Oliver W., der seit zehn Monaten in einer psychiatrischen Klinik untergebracht ist, soll von Oktober 2016 bis April 2017 Schmidt, seine Familie und seine Managerin massiv belästigt haben. Neben Nachstellung wird dem 39-Jährigen räuberische Erpressung zur Last gelegt: In einer von etlichen Sprachnachrichten, in denen er gedroht habe, Schmidt und seine Kinder umzubringen, habe er als „Entschädigung“ 200 000 Euro gefordert.

Nachrichten von Managerin abgewehrt

An dritten Verhandlungstag hatte die Managerin ausgesagt, ihr Chef habe zunächst keine Kenntnis von der immer aggressiveren Belästigung gehabt, weil sie sämtliche Nachrichten von Oliver W., zum Beispiel E-Mails und SMS, abgewehrt habe. „Sie hat es von mir ferngehalten“, sagte Schmidt am Montag, bevor er seine erste Begegnung mit dem Beschuldigten schilderte.

Oliver W. habe ihm vor dem Haus aufgelauert, sei auf ihn zugekommen, dann parallel am Gehweg entlanggegangen und habe „sinngemäß gesagt, wenn ich nicht reagiere, könnte er andere Saiten aufziehen“. Er, Schmidt, sei auf das übernächste Nachbargrundstück ausgewichen und habe gewartet.

„Ich habe versucht, die Sache ruhig zu halten.“ Später habe er seine Tochter vom Ballettunterricht abgeholt. Als Schmidt weiterreden wollte, ging sein Anwalt dazwischen und beantragte, wie erwartet, zum Schutz der Privatsphäre die Öffentlichkeit auszuschließen. So geschah es.

„Ich habe keine Waffe“

Nach der Zeugenaussage betonte Oliver W. an Schmidt gewandt, dass von ihm keine Gefahr ausgehe. „Ich will Sie beruhigen, ich habe keine Waffe“, sagte er. „Ich bin ganz friedlich. Ich will auch nichts von Ihrer Familie.“

In den Monaten, um die es geht, soll der 39-Jährige wiederholt E-Mails an Schmidts Lebensgefährtin und die Managerin geschickt, das Grundstück aufgesucht, einmal einen Koffer mit persönlichen Habseligkeiten dort hinterlassen sowie Gegenstände wie etwa Münzen, Flaschen und Brot in den Briefkasten geworfen haben.

Im Januar dieses Jahres erließ das Amtsgericht eine einstweilige Verfügung, die es Oliver W. untersagte, weiterhin Kontakt zu suchen. Er habe sich nicht daran gehalten, ist der Antragsschrift zu entnehmen; sie hält auch fest, mit welchen drastischen Ausdrücken Oliver W. die Managerin beleidigt haben soll.

Psychologen angehört

Zuerst aber wurde am Montag ein Psychologe von der Klinik gehört, in der Oliver W. untergebracht ist. Der Patient, der an einer „anhaltenden wahnhaften Störung“, einer paranoiden Schizophrenie leide, sei „zurückhaltend und ein bisschen einzelgängerisch“, sagte der Zeuge.

Sobald die Sprache auf sein „isoliertes Wahnthema“, auf Harald Schmidt komme, reagiere Oliver W. mit „affektiver Aufladung“. Und hartnäckig weigere er sich, verschriebene Medikamente in der „ärztlich indizierten Dosis“ zu nehmen. Oliver W. klagte über die Behandlung in der Klinik: „Das ganze System ist krank. Man wird eher kränker als gesünder.“ Und schon viel länger sei er Opfer: „Seit 20 Jahren findet Gewaltanwendung statt.“

Fixierung auf Showmaster

Nach den bisherigen Ermittlungen hat seine Fixierung auf Schmidt ihren Ursprung in den 1990er Jahren. Bei der Rateshow „Schmidteinander“ habe er ein T-Shirt gewonnen, das er nie erhalten haben will. Daraus habe sich der Wahn entwickelt, dass Schmidt ihn heimlich verfolge, ihn abhöre und ihm die Gags für seine TV-Shows stehle.

Zum Lebenslauf sagte der Psychologe, Oliver W. habe mit 1,6 Abitur gemacht, Wirtschaftsinformatik und Psychologie ohne Abschluss studiert und sich dann auf Malta, in Rumänien und Irland aufgehalten. Zurück in Deutschland, sei er zunächst obdachlos gewesen. Die Staatsanwaltschaft will ihn dauerhaft in der Psychiatrie unterbringen.